Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz. Jagdaufseher. Beschäftigter des Jagdausübungsberechtigten. vom Jagdaufseher angeforderter Jagdhelfer für Nachsuche: Wie-Beschäftigter gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 1 SGB 7. keine familiäre Gefälligkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Jagdaufseher ist Beschäftigter des Jagdausübungsberechtigten und steht bei Ausübung seiner Tätigkeit unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt unabhängig davon, ob er behördlich bestätigt ist oder nicht. Ein vom Jagdaufseher für die Durchführung einer Nachsuche angeforderter Jagdhelfer wird wie ein Beschäftigter für den Jagdausübungsberechtigten tätig und ist gemäß § 2 Abs 2 S 1 SGB VII gesetzlich versichert. Die Teilnahme an einer Nachsuche stellt aufgrund der Dauer und Gefährlichkeit der Unternehmung grundsätzlich keinen selbstverständlichen Hilfsdienst unter Verwandten dar, der zum Ausschluss vom Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung führt.

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 18. Mai 2016 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 17. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Dezember 2012 verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenleistungen aufgrund des Versicherungsfalles ihres Ehemannes C. A. (geboren 1967, gestorben 2012) vom 3. Mai 2012 zu gewähren.

II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin in beiden Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen aus dem Versicherungsfall des C. A. (im folgenden: Versicherter) nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) streitig.

Die Klägerin ist die Witwe des 1967 geborenen Versicherten. Der Versicherte verfügte über einen Jagdschein und besaß einen Jagdhund, der für die Nachsuche von Wild ausgebildet war (ein so genannter Schweißhund). Er hatte in der Vergangenheit für verschiedene Jäger und Revierpächter sowie bei Wildunfällen für die Polizei mit seinem Hund Nachsuchen durchgeführt.

Der Zeuge D. ist der Pächter eines Jagdreviers in D-Stadt, wo er am 3. Mai 2012 u. a. mit dem Zeugen E. als Jagdgast eine Jagd durchführte. Bei dieser schoss der Zeuge E. gegen 20:15 Uhr ein Stück Rehwild krank, welches in den Wald flüchtete. Hierüber setzte der Zeuge D. seinen Jagdaufseher, den Zeugen A., in Kenntnis, der der Bruder des Versicherten ist. Der Zeuge A. fragte daraufhin für die erforderliche Nachsuche den Versicherten, ob er mit seinem Hund kommen könne. Dieser willigte ein und traf kurze Zeit später mit seinem Hund an der Anschussstelle ein.

Der Anschuss des Wildes war unmittelbar an einem Bachlauf erfolgt, dessen Böschung steil und unwegsam war. Nachdem auch der Zeuge A. eingetroffen war, wurde die Nachsuche begonnen, wobei der Hund des Versicherten nach Aufnahme der Fährte direkt über den Bach setzte bzw. setzen wollte. Um den Bach überqueren zu können, gingen zunächst die Zeugen E. und A. ca. 20 Meter flussaufwärts, wo das Gewässer an einer flacheren Stelle besser passierbar war. Der Versicherte blieb mit dem Hund zurück, da dieser die Fährte nicht verlieren sollte. Nachdem die Zeugen auf der anderen Seite des Baches wieder in Höhe des Anschusses erschienen waren, übernahmen sie von dem Versicherten den an einer langen Leine befindlichen Hund, wobei der Zeuge A. die Leine aufnahm. Die Männer vereinbarten sodann, dass der Versicherte ebenfalls flussaufwärts den Bach passieren und die beiden Zeugen mit dem Hund die Nachsuche bereits fortsetzen sollten. Der Versicherte wollte folgen.

Nachdem der Versicherte kurze Zeit später noch nicht zu den Zeugen aufgeschlossen hatte, riefen diese nach ihm. Als der Versicherte nicht antwortete, kehrten die Zeugen um und fanden ihn leblos am bzw. im Bach liegend. Die spätere Obduktion ergab, dass der Versicherte sich bei einem Sturz das Genick gebrochen hatte. Die hinzugerufene Polizei hörte vor Ort die Zeugen A. und E. zum Geschehensablauf an. Wegen des Inhalts der Aussage wird auf die Berichte des Kriminalhauptkommissars (KHK) F. sowie des Polizeikommissars (PK) G. vom 4. Mai 2012 verwiesen. KHK F. gab darüber hinaus in seinem Bericht an, dass die Waffe des Versicherten sich in seinem Fahrzeug befunden habe.

Der Zeuge D. zeigte als Jagdpächter der Beklagten am 7. Mai 2012 das Ereignis als Arbeitsunfall an und gab in einem Schreiben vom 8. Mai 2012 u. a. an, dass der Zeuge A. den Versicherten beauftragt habe, mit seinem Hund die Nachsuche durchzuführen. Die Beklagte zog daraufhin die polizeiliche Ermittlungsakte bei.

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 lehnte die Beklagte gegenüber der Klägerin eine Entschädigung des Unfalls des Versicherten vom 3. Mai 2012 nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Bei dem Unfall habe es sich nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt. Der Versicherte habe zum Unfallzeitpunkt keine bei der Beklagten versicherte Tätigkeit ausgeübt. Er unterfalle nicht der U...

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