Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Abgrenzung: arbeitnehmerähnliche Tätigkeit von unternehmerähnlicher Tätigkeit. Schweißhundeführer. Nachsuche. Eigenverantwortlichkeit. Handlungstendenz. persönliches Interesse

 

Orientierungssatz

Nimmt ein vom Jagdaufseher angeforderter Schweißhundeführer an der Nachsuche nach angeschossenem Wild in eigener Verantwortung teil, so wird er unternehmerähnlich tätig und steht nicht gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass ihr Ehemann bei einem Arbeitsunfall verstorben ist.

1. Die Klägerin ist die Witwe von Herrn C. A., der am xx. xxx 2012 im Alter von 45 Jahren starb.

a. C. A. war Jäger und hielt einen Hund, der für die Suche nach angeschossenem Wild ausgebildet war. Dieser Hund ließ, hatte er das gesuchte Tier gefunden, nur auf Befehl von C. A. oder der Klägerin von diesem Tier ab. C. A. übernahm auf Anfrage von ihm bekannten Jägern einige Male mit seinem Hund die Nachsuche nach angeschossenen Tieren. Auch die Polizei bat ihn manchmal, ein angefahrenes Tier mit seinem Hund zu suchen. Außerdem nahm er mit dem Hund während der Jagdsaison an Treibjagden teil.

Am 3. Mai 2012 fand in einem benachbarten Revier eine Jagd statt. Jagdpächter des betroffenen Gebietes war Herr D., der mit dem Jagdgast Herrn E. jagte. C. A. war an dieser Jagd zunächst nicht beteiligt. Am Abend schoss der Jagdgast ein Reh an. Der Jagdpächter wandte sich daraufhin an den Jagdaufseher, um eine Nachsuche durchführen. Der Jagdaufseher war ein Bruder von C. A. Weil der Jagdaufseher keinen eigenen Hund zur Verfügung hatte, bat er C. A. mit dessen Hund hinzu. Im Verlauf der Nachsuche verstarb C. A. Der Notarzt vermutete einen tödlichen Genickbruch in Folge eines Sturzes als Todesursache.

b. Der Jagdaufseher (und Bruder des Verstorbenen) schilderte am Unfalltag den Ablauf gegenüber der Polizei. Er sei vom Jagdgast angerufen worden, weil dieser ein Stück Wild angeschossen habe, das im Wald verschwunden sei. Er habe dann seinen Bruder C. A. angerufen und ihn gebeten, die Suche mit seinem Jagdhund zu unterstützen. Jagdaufseher, Jagdgast und C. A. hätten sich dort getroffen, wo der Jagdgast das Tier angeschossen hatte. Anschließend wollten alle drei Personen einen Bachlauf überqueren, was an dieser Stelle kaum möglich gewesen sei. Da der Hund den kürzesten Weg habe nehmen wollen, hätten sich die drei Personen getrennt. Jagdgast und Jagdaufseher hätten den Hund auf der anderen Seite des Bachlaufs übernehmen wollen, damit der Hund die Fährte weiter verfolgen konnte. C. A. habe dann den Bach an einer für ihn geeigneten Stelle überqueren wollen. Nachdem die beiden den Hund übernommen hatten und die Fährte zu verfolgen begannen, hätten sie zeitnah das Fehlen von C. A. bemerkt und ihn am Bachlauf liegend gefunden.

Der Jagdgast schilderte der Polizei am Unfalltag folgenden Ablauf: Er habe sich mit den Brüdern A. auf einer Nachsuche nach einem angeschossenen Reh befunden. Der Hund des C. A. habe die Fährte des Tieres bis zu einem Bachlauf verfolgt und den Bach an einer unzugänglichen Stelle überqueren wollen. Er selbst und der Jagdaufseher hätten sich entschlossen, den Bach etwa 10 m entfernt zu überqueren und von dort den von C. A. geführten Hund zu übernehmen. C. A. habe den Bach dann, nach Übergabe des Hundes, ebenfalls 10 m weiter überqueren wollen. Da der Hund die Fährte weiter verfolgt habe, sei er mit dem Jagdaufseher einige Meter vorgegangen, in der Annahme, dass C. A. folgen würde. Nach einigen Metern habe man sein Fehlen bemerkt.

Die Polizei hielt es für wahrscheinlich, dass C. A. an der steilen Uferböschung ausgerutscht und so unglücklich gestürzt sei, dass er sich das Genick gebrochen habe. Es sei nicht auszuschließen, dass ein Herz-Kreislaufversagen zuvor den Sturz verursacht haben könnte. C. A. sei sehr stark übergewichtig gewesen (ca. 180 kg Körpergewicht bei einer Größe von 185 cm). Eine Obduktion wurde nicht durchgeführt.

2. Der Jagdpächter zeigte der Beklagten am 7. Mai 2012 das Ereignis als Arbeitsunfall an.

In seiner Unfallanzeige an die Beklagte vom 7. Mai 2012 beschreibt der Jagdpächter: „C. A. wurde vom Jagdaufseher zur Wildverfolgung (Nachsuche) angefordert. Her gingen der Jagdgast, der Jagdaufseher und C. A. vom Anschuss des Wildes aus über einen Bach. Als der Jagdgast und der Jagdgast bemerkten, dass C. A. ihnen nicht gefolgt war, gingen sie zurück und fanden ihn leblos am Boden.“ Am 8. Mai 2012 ergänzte er: „Der Jagdgast [...] hatte [...] ein Reh angeschossen. Um das Reh nachzusuchen, hatte er meinen Jagdaufseher F. A. angerufen. F. A. beauftragte dann C. A. mit seinem Hund zur Nachsuche.“

Mit Bescheid vom 17. Juli 2012 lehnte die Beklagte es gegenüber der Klägerin ab, Leistungen nach dem Recht der gesetzlichen Unfallver...

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