Entscheidungsstichwort (Thema)

Neuer Bescheid nach Berufungseinlegung. Berufungsrücknahme. Ende des Verfahrens. neue Klageerhebung in Berufungsinstanz. Rechtshängigkeit. Klagesperre. Prozeßhindernis

 

Leitsatz (amtlich)

Legt die Beklagte gegen ein Bescheidungsurteil Berufung ein und erteilt einen neuen Bescheid, so wird dieser nach § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens.

Durch Berufungsrücknahme wird das Verfahren beendet.

Erhebt der Kläger anschließend in der Berufungsinstanz Klage gegen den neuen Bescheid, so ist diese Klage mangels eines noch laufenden Verfahrens unzulässig.

Hat der Kläger zuvor auch noch Klage bei dem Sozialgericht erhoben, so steht der Klage vor dem LSG auch das von Amts wegen zu berücksichtigende Prozeßhindernis der anderweitigen Rechtshängigkeit – § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO – entgegen.

 

Normenkette

SGG §§ 96, 156; ZPO § 261 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.03.1995; Aktenzeichen S-27/5/28/Ka-950/94)

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 29.01.1997; Aktenzeichen 6 BKa 36/96)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kläger haben die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Honorarbescheide der Kläger für die Quartale I/93 und II/93 hinsichtlich der Vergütung durch die Ersatzkassen für ambulantes Operieren.

Die Kläger sind als Ärzte für Anästhesie in Bensheim (früher in Zwingenberg) in Gemeinschaftspraxis niedergelassen und als Vertragsärzte (früher Kassenärzte) zugelassen.

Gegen die Honorarbescheide der Beklagten vom 2. September 1993 (I/93) und vom 6. Dezember 1993 (II/93) haben die Kläger am 16. September 1993 bzw. am 30. Dezember 1993 Widerspruch erhoben und im wesentlichen vorgetragen, die Regelung des § 85 Abs. 3 a Satz 6 SGB V (i.d.F. des Gesundheitsstrukturgesetzes) habe zu einer höheren Vergütung der ambulanten Operationsleistungen und Anästhesieleistungen führen sollen. Dies sei im Bereich der Ersatzkassen jedoch nicht eingetreten. Sonderhonorartöpfe für das ambulante Operieren habe der Gesetzgeber nicht vorgeschrieben. Gedeckelte Honorartöpfe seien kontraproduktiv. Durch die Deckelung würden die auf das ambulante Operieren spezialisierten Einrichtungen innerhalb weniger Monate in den Ruin getrieben.

Mit Widerspruchsbescheid vom 1. März 1994 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, mit der Bildung eines eigenen Honorartopfes für das ambulante Operieren seien die Forderungen des Gesetzgebers erfüllt worden.

Hiergegen haben die Kläger am 22. März 1994 Klage erhoben mit dem Ziel der Änderung der angefochtenen Honorarbescheide und Verurteilung der Beklagten zum Erlaß neuer Honorarbescheide für die Quartale I/93 und II/93 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Mit Urteil vom 22. März 1995 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die angefochtenen Bescheide geändert und die Beklagte verurteilt, über den Honoraranspruch der Kläger betreffend die Quartale I/93 und II/93 im Ersatzkassenbereich unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erlassen. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, daß die angefochtenen Bescheide hinsichtlich des Ersatzkassenbereichs ohne hinreichende Grundlage ergangen seien, da ein Honorarverteilungsmaßstab der Beklagten für den Ersatzkassenbereich bisher nicht vorliege. Die Beklagte werde daher zunächst einen Honorarverteilungsmaßstab zu erlassen haben, auf dessen Grundlage die Neubescheidung zu erfolgen habe. Dabei sei die Beklagte nicht gehindert, die Verteilung für die streitbefangenen Quartale so vorzunehmen, wie sie es bisher nach ihrem Vortrag bereits getan habe. Die Aufteilung in Teilbudgets sei grundsätzlich möglich, auch wenn dadurch die Leistungen abweichend vom einheitlichen Bewertungsmaßstab im Ergebnis unterschiedlich vergütet würden. Für die Beklagte seien die Quartale I/93 und II/93 als Experimentierphase anzusehen. Wenn auch bei den Klägern der überwiegende Leistungsanteil im Bereich des ambulanten Operierens erzielt worden sei, so sei doch bei den streitbefangenen Quartalen im Vergleich zum Vorjahr eine Umsatzsteigerung aufgrund höherer Fallzahlen und einer höheren durchschnittlichen Vergütung festzustellen.

Gegen das ihr am 24. Mai 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. Juni 1995 Berufung eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 1995 hat die Beklagte die Widersprüche der Kläger erneut beschieden und sodann am 19. Oktober 1995 die Berufung zurückgenommen.

Mit Schreiben vom 3. November 1995 an das Sozialgericht Frankfurt am Main (Zugang 6. November 1995) haben die Kläger Klage erhoben bezüglich der Honorarbescheide der Beklagten, die Quartale I/93 und II/93 betreffend. Mit Schreiben vom selben Tage an das Hessische Landessozialgericht (Zugang 8. November 1995) haben die Kläger ebenfalls Klage erhoben bezüglich des identischen Streitstoffes. Sie sind der Auffassung, der neue Widerspruchsbescheid vom 29. Septembe...

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