Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Vergütung von Krankentransportleistungen auch bei vergeblichem Rettungseinsatz. Anspruch auf Prozesszinsen
Orientierungssatz
1. Die §§ 60 und 133 SGB 5 sind nach Sinn und Zweck dahingehend zu verstehen, dass sie auch notärztliche Fahrten zum Versicherten erfassen, die erforderlich sind, um ohne Verzug zu klären, ob und welche sofortigen Rettungsmaßnahmen geboten sind, und diese dann gegebenenfalls vorzunehmen - unabhängig davon, ob anschließend ein Transport des Versicherten geboten ist.
2. Dem hessischen Rettungsdienst stehen im Verhältnis zu den Krankenkassen in analoger Anwendung von § 291 BGB Prozesszinsen zu.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist ein geltend gemachter Vergütungsanspruch wegen des Einsatzes eines Rettungshubschraubers mit Notarzt in Höhe von 362,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 8. August 2006.
Der Kläger ist gem. § 4 Abs. 4 Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG) Träger der Luftrettung. Innerhalb des Klägers ist das Regierungspräsidium Gießen die für die Luftrettung zuständige Behörde.
Für die Luftrettung u.a. zugunsten Versicherter der Beklagten im Jahre 2005 haben der Kläger sowie weitere Leistungserbringer einerseits und die Beklagte sowie weitere Kostenträger andererseits die “Vereinbarung über Benutzungsentgelte für Leistungen der Rettungshubschrauber Christoph 2 und 7 im Jahre 2005" geschlossen. Auszugsweise lautet diese Vereinbarung folgendermaßen:
Ҥ 1 Allgemeines
Die Kosten der Notfallversorgung nach § 2 HRDG, die dem Leistungserbringer im Rahmen der bedarfsgerechten Aufgabenerfüllung bei sparsamer Wirtschaftsführung entstehen, werden vom Regierungspräsidenten GF. Benutzungsentgelte für die Rettungshubschrauber Christoph 2 und 7 erhoben.. . .
§ 3 Benutzungsentgelte
(1) Für die Zeit vom 1.1.2005 bis 30.6.2005 gelten die Regelungen aus § 3 Abs. 3 der Benutzungsentgeltvereinbarung 2004 vom 18.1.2005 (ab 1.1.2005 je Flugminute 31,00 €) weiter.. .
§ 6 Einsatzauftrag
(1) Einsätze zu Lasten der Kostenträger dürfen nur ausgeführt werden, wenn der Einsatzauftrag von einer Zentralen Leitstelle erteilt wurde. Maßgeblich für die Erteilung des Einsatzauftrages ist das bei der Zentralen Leitstelle eingehende Meldebild.
(2) Eine Einsatzabrechnung erfolgt nur dann zu Lasten der Kostenträger, wenn eine ärztliche Bescheinigung über die Notwendigkeit des Einsatzes auf dem vereinbarten Vordruck der Abrechnungssoftware vorliegt. .... . .
§ 7 Rechnungsstellung und Zahlung. . .
(2) Sofern die gesetzlichen Leistungsverpflichtungen und die Voraussetzungen nach § 6 gegeben sind, werden die Rechnungen über vereinbarungsgemäß durchgeführte Einsätze von den Leistungsträgern innerhalb von 28 Tagen zur Zahlung angewiesen.. . .
(4) Wird von den Leistungsträgern die Begleichung von Rechnungsbeträgen oder von Teilen hiervon abgelehnt, sind diese direkt mit dem Patienten abzurechnen, soweit nicht ohne weiteres erkennbar ist, dass ein anderer Leistungsträger eintreten muss.„
Regelungen über Verzugszinsen oder den Ersatz von Verzugsschaden enthält der Vertrag nicht.
Am 25. Juni 2005 gab es einen durch die Zentrale Leitstelle des Landkreises C. veranlassten Einsatz zur Rettung einer Versicherten der Beklagten, Frau B. Die Leitstelle war aufgrund einer Meldung durch Nachbarn von Frau B. zur Lageeinschätzung “Person ohne Bewusstsein” gekommen und hatte kurz vor 9 Uhr dementsprechend gemäß den dafür geltenden Einsatzgrundsätzen einen Notarzteinsatz mit Hubschrauber veranlasst. Der mit dem Hubschrauber mitgeflogene Notarzt konnte aber nur noch den Tod von Frau B. feststellen und kam folglich zu der Einschätzung, dass Reanimationsmaßnahmen nicht mehr angezeigt seien. Nach den Feststellungen des Notarztes war um 9 Uhr die Totenstarre schon eingetreten.
Das Regierungspräsidium D. verlangte mit Rechnung vom 2. November 2005 und unter Beifügung des vom Notarzt unterzeichneten Formulars zur Begründung des Einsatzes des Rettungshubschraubers den Betrag von 362,35 € als Summe aus dem Entgelt für den Flug und die Leitstellenpauschale. Als “Zahlungsziel” wurde der 30. November 2005 angegeben.
Die Beklagte verweigerte die Begleichung mit der Begründung, die Verstorbene, sei schon vor Beginn des ganzen Einsatzes - wie sich später herausgestellt habe, auch schon vor der Meldung durch die Nachbarn - tot und darum nach § 190 Abs. 1 SGB V ab dem Todeszeitpunkt nicht mehr Mitglied der Beklagten gewesen. Darum habe es nach § 19 Abs. 1 SGB V ab diesem Zeitpunkt auch keinen Leistungsanspruch mehr gegeben. Ein nachgehender Versicherungsschutz nach § 19 Abs. 2 SGB V komme bei Beendigung der Mitgliedschaft durch Tod nicht in Betracht, wie aus § 19 Abs. 3 SGB V zu schließen sei. Wo es keinen Leistungsanspruch Versicherter auf Rettungsmaßnahmen gebe, könne die Beklagte auch nicht kostenpflichtiger Leistungsträger sein.
Nach e...