Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. GdB-Herabsetzung. GdB-Neufeststellung nach Heilungsbewährung. Brustkrebs. Geltendmachung weiterer Gesundheitsstörungen. psychische Erkrankung. Wirbelsäulenleiden. Brustteilverlust. Ohrgeräusche. Störung der Verdauungsorgane. keine Hinweise auf geänderten medizinischen Erkenntnisstand im Hinblick auf Regelzeitraum einer fünfjährigen Heilungsbewährung nach Tumorentfernung. Versorgungsmedizinische Grundsätze. sozialgerichtliches Verfahren. Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs 5 SGG. erneute Anhörung des Sachverständigen nach § 109 SGG
Orientierungssatz
1. Zur Übertragung der Berufung auf den Berichterstatter gemäß § 153 Abs 5 SGG.
2. Um eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 handelt es sich auch bei dem erfolgreichen Ablauf der Heilungsbewährung.
3. Zur einzelfallbezogenen Herabsetzung des GdB bei Brustkrebs nach fünfjähriger Heilungsbewährung (Teil B Nr 14.1 der Versorgungsmedizinischen Grundsätze - VMG) unter Prüfung weiterer geltend gemachter Beeinträchtigungen (psychische Erkrankung, Wirbelsäulenleiden, Brustteilverlust, Ohrgeräusche, Störung der Verdauungsorgane).
4. Eine abweichende Bewertung durch einen anderen Mediziner begründet nicht generell das Erfordernis einer erneuten Anhörung des Sachverständigen nach § 109 SGG. Dies wäre nur dann der Fall, wenn sich entscheidende neue Aspekte ergäben hätten, zu denen der Sachverständige sich noch nicht hatte äußern können; es gibt grundsätzlich keinen Anspruch, dem Sachverständigen nach § 109 SGG "das letzte Wort" zu erteilen.
5. Hinweise auf einen geänderten medizinischen Erkenntnisstand im Hinblick auf den in Teil B Nr 14.1 VMG vorgegebenen Regelzeitraum einer fünfjährigen Heilungsbewährung nach Entfernung eines malignen Brustdrüsentumors finden sich auf der Grundlage des Beratungsergebnisses des Ärztlichen Sachverständigenbeirates in den letzten Jahren nicht.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juni 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung (SGB IX).
Bei der 1960 geborenen Klägerin stellte das beklagte Land mit bestandskräftigem Bescheid vom 2. April 2009 einen GdB von 50 fest wegen einer „Brusterkrankung im Stadium der Heilungsbewährung“.
Im Rahmen einer im März 2014 eingeleiteten Nachprüfung von Amts wurden Befundberichte des HNO-Arztes Dr. C. vom 3. April 2014, der Allgemeinmedizinerin Dr. D. vom 15. Mai 2014 mit Berichten des Markus Krankenhauses Frankfurt am Main vom 30. September 2012 und vom 7. Dezember 2012 sowie des Gynäkologen Dr. E. vom Mai 2014 und des Orthopäden Dr. F. vom 11. August 2014 eingeholt. Nach versorgungsärztlicher Auswertung dieser medizinischen Unterlagen wurde die Klägerin mit Schreiben vom 27. August 2014 zu einer wegen Ablaufs der Heilungsbewährung geplanten Herabstufung des GdB auf 40 angehört. Ein entsprechender Bescheid mit Feststellung eines GdB von 40 erging am 23. Oktober 2014. Hierbei wurden die Auswirkungen folgender Funktionsbeeinträchtigungen berücksichtigt:
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1. Ohrgeräusche, psychische Störungen, |
2. Brustteilverlust (rechts), |
3. Funktionsstörungen der Wirbelsäule und der Gliedmaßen, |
4. Störungen der Verdauungsorgane. |
Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin vom 24. November 2014 wies das beklagte Land mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2014 zurück.
Hiergegen hat die Klägerin am 29. Dezember 2014 Klage bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (Sozialgericht) erhoben.
Das Sozialgericht hat Befundberichte des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. G. vom 13. Juni 2016, des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 4. Juli 2016 und der Psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. J. vom 24. Januar 2017 eingeholt.
Mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, soweit die Klägerin die Berechtigung einer fünfjährigen Heilungsbewährung nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) anzweifle, sei darauf zu verweisen, dass die VMG antizipierte Sachverständigengutachten seien, die hinsichtlich der Heilungsbewährung nach Mammakarzinom zu eben genau diesem Zeitraum von 5 Jahren gelangt seien. Die Behinderung seitens der Psyche sei bereits in den Behinderungen Nr. 1 und 2 mitberücksichtigt. Bei der durchgeführten brusterhaltenden Therapie entspreche der Brustteilverlust einem GdB von 10. Die durch die Psychologische Psychotherapeutin, Frau J., diagnostizierte „generalisierte Angststörung“ und „depressive Episode, leicht- bis mittelgradig“ sei nach den mitgeteilten Befunden als stärker behindernde Störung anzusehen, die unter Einb...