Entscheidungsstichwort (Thema)

Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle. Erstattungsanspruch des Arbeitgebers. Rückforderung der Erstattung ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Der Anspruch des Arbeitgebers gegen die Ausgleichskasse gemäß § 10 LFZG auf Erstattung des an den Arbeiter im Krankheitsfalle nach § 1 Abs. 1 LFZG gezahlten Arbeitsentgelts hängt nicht davon ab, daß die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers durch eine ärztliche Bescheinigung gemäß § 3 Abs. 1 LFZG nachgewiesen ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung nach § 3 LFZG hat keine anspruchsbegründende Wirkung für den Anspruch aus § 1 Abs 1 LFZG, sondern betrifft allein die Durchsetzung dieses Anspruchs.

 

Normenkette

LFZG § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 1, §§ 5, 10, 11 Abs. 2; RVO § 182 Abs. 3

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.06.1979; Aktenzeichen S-9/Kr - 17/79)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.09.1981; Aktenzeichen 3 RK 51/80)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 1. Juni 1979 sowie die Bescheide der Beklagten vom 9. Januar 1979 und 25. Januar 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 1979 aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger den bereits vereinnahmten Betrag von 3.571,16 DM wieder auszuzahlen und ab 1. Juli 1979 in Höhe von 1.785,58 DM und ab 1. August 1979 in Höhe von 3.571,16 DM mit 4 v.H. zu verzinsen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte vom Kläger nach dem Gesetz über die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes im Krankheitsfalle (LFZG) geleistete Erstattungsbeträge, in Höhe von 3.571,16 DM zurückfordern kann.

Der Kläger ist Inhaber eines Unternehmens für Kanalreinigung und Grubenentleerung. Seit 16. Februar 1977 ist sein Sohn, P. S. (S.) bei ihm als Kraftfahrer beschäftigt. Der Kläger meldete ihn mit Schreiben vom 18. Februar 1977 als einzigen Arbeitnehmer bei der Beklagten an. Mit Bescheid vom 7. April 1977 und weiteren Bescheiden zu Beginn der folgenden Kalenderjahre stellte die Beklagte fest, daß der Kläger am Lohnausgleichsverfahren nach § 1 Abs. 2 LFZG teilnehme. Der Kläger beantragte für S. Erstattung nach § 10 Abs. 1 LFZG für nachfolgende Zeiten:

25.03.

-

01.04.

1977

14.03.

1978

18.07.

-

20.07.

1977

31.03.

1978

01.12.

-

02.12.

1977

16.05.

-

31.05.

1978

08.12.

-

09.12.

1977

07.07.

-

14.07.

1978

12.12.

-

13.12.

1977

19.09.

-

22.09.

1978

22.12.

-

30.12.

1977

04.10.

-

05.10.

1978

07.02.

-

09.02.

1978

10.10.

1978

02.03.

-

1978

16.10.

-

20.10.

1978

08.03.

1978

26.10.

-

27.10.

1978.

Gegen die Forderungen wurde mit den vom Kläger zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagebeträgen nach § 14 LFZG aufgerechnet. Nur für die Zeit vom 25. März bis 1. April 1977 und 16. Oktober bis 21. Oktober 1978 lagen der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Wegen des Fehlens weiterer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der häufig nur für einzelne Tage beantragten Erstattung führte die Beklagte am 1. Dezember 1978 und 9. Januar 1979 beim Kläger Betriebsprüfungen durch. Nachdem weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht vorgelegt werden konnten, belastete sie das Beitragskonto des Klägers durch Beitragsrechnung vom 9. Januar 1979 mit zuviel verrechneten Erstattungsbeträgen in Höhe von 3.571,16 DM und forderte einen Betrag in dieser Höhe vom Kläger mit der Begründung zurück, daß für die Zeiten ohne ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung das Arbeitsentgelt nicht nach dem LFZG, sondern freiwillig fortgezahlt worden sei, und deshalb ein Erstattungsanspruch nach § 10 LFZG nicht bestanden habe (Bescheid vom 25. Januar 1979; Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 1979).

Die am 22. Februar 1979 erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main durch Urteil vom 1. Juni 1979 abgewiesen, weil der Erstattungsanspruch der Beklagten aus § 11 Abs. 2 Nr. 2 LFZG begründet sei. Ohne Nachweis der Arbeitsunfähigkeit durch eine ärztliche Bescheinigung gemäß § 3 LFZG habe ein Anspruch des S. auf Fortzahlung des Lohnes im Krankheitsfalle nach § 1 LFZG nicht bestanden. Die Verpflichtung zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung sei auch in jedem Falle der Arbeitsunfähigkeit und unabhängig von deren Dauer, also auch bei einer Arbeitsunfähigkeit von unter drei Tagen, gegeben. Der Kläger habe dies als Arbeitgeber und Betriebsinhaber wissen oder sich zumindest darüber informieren müssen.

Gegen das am 6. August 1979 zugestellte Urteil hat der Kläger am 4. September 1979 Berufung eingelegt. Er räumt ein, daß die Verpflichtung zur Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gegenüber dem Arbeitgeber auch bei einer Arbeitsunfähigkeit von weniger als drei Tagen bestehe. Da § 3 LFZG ausschließlich den Interessen und dem Schutz des Arbeitgebers diene, könne auf die Vorlage der Bescheinigung jedoch verzichtet werden. In seinem Falle habe für einen solchen V...

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