Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.06.1991; Aktenzeichen S-22/Kg-971/89)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 03.12.1996; Aktenzeichen 10 RKg 31/95)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Juni 1991 wird zurückgewiesen. Auf die Klage der Klägerin werden die Bescheide vom 29. Januar 1992, vom 25. September 1992 und vom 3. Dezember 1992 insoweit aufgehoben, als diese die Aufhebung und Ablehnung von Kindergeld betreffen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch der Berufungsinstanz zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Kindergeld auch für Zeiten zusteht, in denen sie nicht allen Zweigen des deutschen Sozialversicherungssystems angehörte. Die Beklagte vertritt die Auffassung, die Regelungen des NATO-Truppenstatuts stünden für diese Zeiträume einer Kindergeldbewilligung entgegen.

Die 1957 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie ist seit 1982 mit dem 1955 geborenen US-amerikanischen Staatsbürger A. V. verheiratet. Aus dieser Ehe sind die Kinder B. (geb. …, 1986) und B. (geb. … 1989) hervorgegangen.

Der Ehemann der Klägerin lebt seit 1977 in der Bundesrepublik Deutschland. Er war zunächst bis September 1982 Berufssoldat bei den in der Bundesrepublik Deutschland stationierten US-Streitkräften. Seit Dezember 1982 ist der Ehemann der Klägerin in unterschiedlichen Positionen bei der „Army & Air Force Exchange Service, Europe (AAFES)” tätig. AAFES ist dem US-Verteidigungsministerium zugeordnet; seine Aufgabe besteht darin, den Bedarf der Mitglieder der US-Army und deren Angehörigen in Europa mit nicht-militärischen Gütern und Bedarfsgegenständen auszustatten. Das Gehalt wird dem Ehemann der Klägerin in US-Dollar gezahlt. Kindergeld oder kindergeldähnliche Leistungen werden dem Ehemann der Klägerin weder von AAFES noch von anderen amerikanischen Stellen gewährt. Der Reisepass des Ehemannes der Klägerin enthält den Stempelaufdruck einer US-Dienststelle, der ihn als Mitglied des zivilen Gefolges der US-Truppe ausweist. Derzeit ist der Ehemann der Klägerin bei AAFES-W. als Lagerleiter tätig.

Die Eheleute V. leben seit dem Ausscheiden des Ehemannes der Klägerin aus den US-Streitkräften außerhalb der US-amerikanischen Housing-aereas. Zunächst lebten sie in einer Mietwohnung in F. Seit März 1991 haben die Eheleute V. eine Doppelhaushälfte in G.-G. angemietet.

In den USA hielten sich die Eheleute V. seit ihrer Heirat insgesamt drei Mal besuchsweise auf. Über Grundeigentum verfügen die Eheleute V. in den USA nicht.

Die Tochter B. der Klägerin besuchte seit 1989 den Kindergarten der evangelischen M. in F. H.. Seit dem Umzug nach G.-G. wurde von B. der städtische Kindergarten „A. A.” in G.-G. besucht. Die Tochter B. der Klägerin geht seit August 1994 ebenfalls in diesen Kindergarten. B. ist seit 1992 Schülerin in der N.-Schule G.-G., einer öffentlichen Grundschule.

Umstritten hinsichtich der Kindergeldberechtigung ist vorliegend (noch) der Zeitraum von Januar 1989 bis Mai 1989 sowie für die Zeit ab Februar 1991. Im streitbefangenen Zeitraum übte die Klägerin keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus; es bestand auch auf andere Weise keine Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Der von der Klägerin für die Zeit ab Beginn des streitbefangenen Zeitraums ursprünglich geltend gemachte Anspruch auf Arbeitslosenhilfe bestand im streitbefangenen Zeitraum wegen fehlender Bedürftigkeit u.a. im Hinblick auf das Einkommen ihres Ehemannes nicht.

Hinsichtlich des streitbefangenen Zeitraums ergingen seitens der Beklagten folgende Bescheide:

  1. Bescheid vom 18. Oktober 1988 (Ablehnung des am 28. September 1988 gestellten Antrags auf Gewährung von Kindergeld); Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 1989 (Zurückweisung des gegen den Bescheid vom 18. Oktober 1988 gerichteten Widerspruchs);
  2. Bescheid vom 13. September 1989 (Ablehnung des Antrags vom 30. August 1989);
  3. Bescheid vom 1. März 1990 (Ablehnung des Antrags vom 31. Januar 1990);
  4. Bescheid vom 29. Januar 1992 (Bewilligung vom Kindergeld für B. für die Zeit von Juni 1989 bis Januar 1991; Aufhebung des Bescheides vom 1. März 1990);
  5. formlose Mitteilung vom April 1992 über die Zahlung von Kindergeld in Höhe der Sockelbeträge für B. für die Zeit von Oktober 1989 bis Januar 1991;
  6. Bescheid vom 25. September 1992 (Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Kindergeld vom 29. Januar 1992 gemäß § 45 Abs. 1 und Abs. 2 SGB X mit Wirkung ab Oktober 1992);
  7. Bescheid vom 3. Dezember 1992 (Aufhebung der Bewilligung von Kindergeld ab Februar 1991).

Soweit die Beklagte in den ergangenen Bescheiden eine Kindergeldbewilligung ablehnte, berief sie sich auf die Regelungen im NATO-Truppenstatut bzw. auf Art. 13 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut. Sie vertrat die Auffassung, die Klägerin sei Angehörige eines Mitglieds des zivilen Gefolges der, US-amerikanischen Streitkräfte, so daß die deutschen Bestimmun...

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