Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung der Rentner. Nachzahlung von Krankenversicherungsbeiträgen aus Versorgungsbezügen. Meldepflicht. Darlegungslast
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verpflichtung zur Nachzahlung von Beiträgen zur KVdR aus Versorgungsbezügen besteht, soweit die Ansprüche noch nicht verjährt sind und ein Verschulden der Zahlstelle oder der Krankenkasse nicht vorliegt (Anschluß an BSG vom 23.5.1989 - 12 RK 30/88 = SozR 2200 § 393a Nr 2).
2. Schuldhaftes Handeln der Zahlstelle oder der Krankenkasse kann wegen fehlender Verpflichtung zu eigenen Ermittlungen (bis 31.12.1988) nur angenommen werden, wenn Beiträge in Kenntnis der für den Beitragseinzug notwendigen Angaben nicht rechtzeitig einbehalten worden sind (vgl LSG Darmstadt vom 8.2.1990 - L-1/Kr-1323/89).
3. Für die Erfüllung der dem Versicherten bis zum 31.12.1988 obliegenden Meldepflicht gegenüber seiner Krankenkasse trägt dieser die Darlegungslast.
Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 18.07.1990; Aktenzeichen S-12/Kr-1503/89) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 18. Juli 1990 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. Mai 1989 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Oktober 1989 insoweit geändert, als auch die Nachentrichtung von Beiträgen zur Krankenversicherung im Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 30. April 1989 gefordert wird.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Beiträgen zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) aus Versorgungsbezügen.
Der Kläger ist Rentner und bei der Beklagten als pflichtversichertes Mitglied krankenversichert. Neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhält er seit 1982 von der Beigeladenen Versorgungsbezüge.
Die Beigeladene informierte die Beklagte mit Schreiben vom 5. Mai 1989 von der Zahlung einer Rente an den Kläger und teilte deren monatliche Höhe ab Januar 1983 mit. Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene zur Einbehaltung von Krankenversicherungsbeiträgen und Abführung an sie auf.
Mit Bescheid vom 22. Mai 1989 (ohne Rechtsmittelbelehrung) stellte die Beklagte fest, dass die von der Beigeladenen gezahlten Versorgungsbezüge der Beitragspflicht zur Krankenversicherung unterlägen. Ab 1. August 1989 würden die Beiträge vom monatlichen Zahlbetrag dieser Rente einbehalten und an die Krankenkasse abgeführt werden. Für die in der Vergangenheit im Zeitraum vom 1. Dezember 1984 bis 31. Juli 1989 nicht erhobenen Beiträge seien 1.832,82 DM (Ratenzahlung möglich) nachzuzahlen.
Der Kläger erklärte sich zunächst (Schreiben vom 5. Juni 1989) zur Tilgung der Forderung in Raten zu je 100,- DM im Monat bereit. Am 9. August 1989 legte er jedoch unter Berufung auf die fehlende Rechtsmittelbelehrung Widerspruch ein. Bereits 1984 sei die Beklagte über die Zahlung einer Betriebsrente informiert worden. Ferner habe sie als Betriebskrankenkasse wissen müssen, dass Versicherte bei lang dauernder Betriebszugehörigkeit in der Regel einen Anspruch auf betriebliche Altersvorsorge hätten.
Mit weiterem Schreiben vom 18. August 1989 wies die Beklagte darauf hin, dass bis zum 31. Dezember 1988 eine Rechtspflicht des Mitgliedes bestanden habe, die Höhe seiner Versorgungsbezüge zu melden. Den versicherten Mitgliedern seien dementsprechende Antragen zugeschickt worden. Für den Kläger läge aber kein ausgefülltes Exemplar vor, so dass sie erstmals durch die Mitteilung der Beigeladenen vom Versorgungsbezug Kenntnis erlangt habe. Die Versicherungspflicht entstehe kraft Gesetzes und unabhängig von der Kenntnis des Versicherten, so dass nicht verjährte Beiträge nachgefordert werden könnten.
Da der Kläger seinen Widerspruch aufrechterhielt, wies ihn die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1989 zurück.
Am 6. Dezember 1989 hat der Kläger beim Sozialgericht Kassel Klage erhoben und sich weiterhin gegen die Nachzahlung von Krankenversicherungsbeiträgen gewandt. Zwar seien Versorgungsbezüge seit 1. Januar 1983 beitragspflichtig. Die Beklagte habe jedoch nicht erst 1989 von der Zahlung dieser Rente an ihn erfahren. Er habe zum Jahreswechsel 1982/1983 ein in Kopie beigefügtes Schreiben der Beklagten über die durch das Rentenanpassungsgesetz eintretenden Rechtsänderungen erhalten. Den im Schreiben erwähnten Fragebogen habe er vollständig ausgefüllt und an die Beklagte zurückgeschickt. Da die vorgelegte Verwaltungsakte aber nur Vorgänge ab Mai 1989 enthalte, könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass von ihm kein Fragebogen vorliege.
Die Beklagte hat im Klageverfahren vorgetragen, dass sie die zurückgesandten Fragebogen der Aktion zum Jahreswechsel 1982/1983 nicht vernichtet habe. Nur die Durchschriften der Anschreiben seien nicht aufbewahrt worden. Es sei daher offensichtlich, dass sie den Fragebogen des Klägers nicht zurückerhalten habe.
Durch Urteil vom 18. Juli 1990 hat das Sozialgeric...