Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhausbehandlung. Auslegung der Regelung des § 137c SGB 5. allogene Stammzelltransplantation bei einem rezidiviertem Myelom

 

Orientierungssatz

1. Die Regelung des § 137c SGB 5 darf nicht über ihren Wortlaut hinaus im Sinne einer generellen Erlaubnis aller beliebigen Methoden für das Krankenhaus bis zum Erlass eines Verbots nach § 137c SGB 5 ausgelegt werden. Sie normiert vielmehr einen bloßen Verbotsvorbehalt und setzt die Geltung des Qualitätsgebots auch im stationären Bereich nicht außer Kraft (vgl BSG vom 17.12.2013 - B 1 KR 70/12 = BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 17 mwN).

2. Eine allogene Stammzelltransplantation bei einem rezidivierten Myelom entspricht nicht dem gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Denn es gab noch keinen wissenschaftlichen Konsens über die Zweckmäßigkeit der Therapie.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. November 2014 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 73.955,25 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung eines vollstationären Krankenhausaufenthalts.

Die Klägerin betreibt in ihrem Krankenhaus ein Zentrum für Blutstammzellen- und Knochenmarktransplantation (im Weiteren: Zentrum). Dieses Zentrum war im streitigen Zeitraum im Krankenhausplan des Landes Hessen mit Transplantationseinheiten aufgeführt und nach dem sog. JACIE-Standard der Europäischen Gesellschaft für Knochenmark- und Blutstammzellentransplantation (EBMT) und der Internationalen Gesellschaft für Zelltherapie (ISCT) zertifiziert.

Die bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte C. C. (im Weiteren: Versicherte) befand sich vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 in vollstationärer Behandlung im Zentrum der Klägerin zur Fortführung der in dem Universitätsklinikum Bonn begonnenen autologallogenen Hybrid Stammzellentransplantation (im Weiteren: SZT).

Dem gingen folgende Behandlungen voraus:

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Im Februar 2004 wurde bei der Versicherten ein multiples Myelom vom Typ lambda Leichtketten, Inital Stadium Tumorstadium IIa diagnostiziert;

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X im Zeitraum Mai bis August 2004 wurde eine Erstlinientherapie mit einer Chemotherapie durchgeführt (drei Zyklen AD, eine Thalidomid-Erhaltungstherapie musste nach wenigen Tagen wegen depressiver Verstimmung abgebrochen werden; ein Zykus CAD [Cyclophosphamid, Doxorubicin/ Dexamethason] und abschließender SZ-Apherese;

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X im Oktober 2004 zweimalige Gabe von Hochdosis-Melphalan und die erste autologe SZT (SZ-Re-Infusion);

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X im Januar 2005 erneute Gabe von Hochdosis-Melphalan und die zweite autologe SZT;

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X seit Juli 2005 wurde eine Thalidomid-Erhaltungstherapie durchgeführt;

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X im Dezember 2009 wurde ein Rezidiv (Anstieg der Leichtketten) mit Fraktur der Clavicula, Verbundosteosynthese und Radiatio Clavicula links festgestellt (Tumorstadium III);

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X von Januar bis August 2010 bestand die Zweitlinien-Chemotherapie aus sechs Zyklen RD (Revilmid/Dexamethason), ein Zyklus CAD zur Mobilisation der autologen SZ und abschließende Sammlung autologer SZT;

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X im September 2010 erhielt die Versicherte im Universitätsklinikum Bonn erneut Hochdosis-Melphalan (200 mg/m) und die dritte autologe SZT (SZ-Re-Infusion)

Der erreichte Remissionsstatus wurde mit "sehr guter partieller Remission" bewertet.

Anschließend wurde die Versicherte an das Zentrum der Klägerin überwiesen zur Durchführung einer allogenen SZT.

Am 14. Oktober 2010 erhielt die Versicherte von der Klägerin eine Informationsschrift "Information zur allogener Stammzellentransplantation für Patienten mit maligen hämatologischen Systemerkrankungen" und sie erklärte zugleich schriftlich ihre Einwilligung zur allogenen SZT.

Bei der stationären Aufnahme der Versicherten im Zentrum der Klägerin am 15. November 2010 wurde der Allgemeinzustand der Patientin mit einem Karnofsky-Index von 100 % bewertet. Untersuchungen der Lungenfunktion zeigten letztlich eine CO-Diffusionskapazität von 79,5 %, so dass von dem Zentrum der Komorbiditätsindex nach Sorrer mit drei festgestellt wurde. Weitere Einschränkungen der Organfunktionen oder nicht ausgeheilte Infektionen bestanden nicht. Der Remissionsstatus wurde mit "sehr gute partielle Remission" bewertet.

Im Rahmen der stationären Behandlung der Versicherten vom 15. November 2010 bis zum 23. Dezember 2010 wurde als weitere Behandlung zur autologallogenen Hybrid- SZT durchgeführt:

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Zur Konditionierung erhielt die Versicherte Flurdarabin 30 mg/m2 (Tag -6 bis -2), Treosulfan 12 g/m2 (Tag -6 bis -4) und ATG (Anti-Thymozyten-Globolin) 10 mg/kg (Tag -4 bis -2).

___AMPX_•_SEMIKOLONX___X Am 23. November 2010 erfolgte eine allogene SZT eines HLA identischen nichtverwandt...

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