Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankenhaus. nachträgliche Rechnungskorrektur. Nichtanwendung des § 7 Abs 5 Prüfverfahrensvereinbarung (juris: PrüfvVbg)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Zulässigkeit der nachträglichen Rechnungskorrektur durch ein Krankenhaus bei vollstationärer Krankenhausbehandlung.

2. § 7 Abs 5 Prüfverfahrensvereinbarung vom 3. Februar 2016 (PrüfvV 2016) ist auf den Fall der nachträglichen Rechnungskorrektur eines Krankenhauses, die darauf beruht, dass es im Rahmen der Fallprüfung vor Ort zwischen dem MDK und den Krankenhausärzten zu einer übereinstimmenden Beurteilung der richtigen Kodierung des Falles kommt, nicht anwendbar.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.01.2022; Aktenzeichen B 1 KR 24/21 B)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Wiesbaden vom 22. Februar 2019 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.785,42 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Vergütung eines vollstationären Krankenhausaufenthalts.

Die Klägerin ist Trägerin des A. in A-Stadt, einem zugelassenen Plankrankenhaus. Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Patient C. wurde in der Zeit vom 16. März - 13. April 2017 in der Klinik der Klägerin vollstationär behandelt. Mit Schlussrechnung vom 2. Mai 2017 berechnete die Klägerin hierfür auf der Grundlage der Diagnosis Related Group (DRG) I12B (Knochen- und Gelenkinfektion / -entzündung mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe mit schweren CC, mit Revision des Kniegelenkes oder Osteomyelitis, Alter ≪ 16 Jahre) einen Betrag von 8.089,72 €. Die Beklagte beglich die Rechnung zunächst in voller Höhe, veranlasste jedoch eine Prüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Fragestellung, ob die Nebendiagnosen korrekt seien. Nachdem der MDK vor Ort am 21. Juni 2017 Einsicht in die Patientenakte genommen und eine Fallbesprechung mit den Klinikärzten durchgeführt hatte, hielt der MDK-Gutachter als Ergebnis fest, die zur Prüfung angefragte Kodierung sei sachgerecht. Das Krankenhaus kodiere die Nebendiagnosen A41.0 (sonstige Sepsis) und R65.0! (systemisches inflammatorisches Response-Syndrom) dazu, diese seien geprüft und sachgerecht.

Hierauf stornierte die Klägerin die Schlussrechnung vom 2. Mai 2017 und übersandte der Beklagten am 29. Juni 2017 zunächst eine neue Rechnung in Höhe von 9.321,02 € auf der Basis DRG 801D, bei der sie die vom MDK anerkannten weiteren Nebendiagnosen nicht berücksichtigte. Nachdem die Klägerin dies bemerkt hatte, stornierte sie am 30. Juni 2017 auch diese Rechnung und ersetzte sie durch eine dritte Rechnung über 13.875,14 € auf der Grundlage der DRG I12A (Knochen- und Gelenkinfektion / -entzündung mit verschiedenen Eingriffen am Muskel-Skelett-System und Bindegewebe mit äußerst schweren CC).

Mit Schreiben vom 30. Juni 2017 lehnte die Beklagte eine Nachzahlung unter Hinweis auf § 7 Abs. 5 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) ab.

Die Klägerin hat am 28. März 2018 Klage zum Sozialgericht Wiesbaden erhoben und vorgetragen, die von ihr am 30. Juni 2017 korrigierte Schlussrechnung sei fristgemäß gewesen. Es sei treuwidrig, wenn die Beklagte die Begleichung eines im Einvernehmen mit dem MDK festgestellten und in der Sache unstreitigen Nachzahlungsanspruchs verweigere. Die Vorschrift des § 7 Abs. 5 PrüfvV, auf welche die Beklagte abhebe, sei auf die Umsetzung eines MDK-Gutachtens nicht anwendbar.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. Februar 2019 hat das Sozialgericht die Beklagte zur Zahlung von 5.785,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hinaus seit dem 31. Juli 2017 verurteilt. Der Zahlungsanspruch der Klägerin sei auf der Basis der DRG I12A der Höhe nach unstreitig. Der Vergütungsanspruch der Klägerin sei durch die PrüfvV nicht eingeschränkt. § 7 Abs. 5 PrüfvV beziehe sich auf Korrekturen oder Ergänzungen des Datensatzes während der Prüfung durch den MDK und stehe einer späteren Korrektur einer Schlussrechnung nicht entgegen.

Gegen den am 6. März 2019 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 21. März 2019 Berufung eingelegt.

Sie führt aus, auf der Basis von § 7 Abs. 5 PrüfvV habe für die Klägerin nur einmal innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung der Überprüfung durch den MDK die Möglichkeit bestanden, Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen an die Krankenkasse zu übermitteln. Das Krankenhaus habe im Rahmen der Begehung mit dem MDK Nebendiagnosen nachkodiert. Diese hätte es nach Maßgabe von § 7 Abs. 5 S. 4 PrüfvV bis einen Tag nach dem Begehungstermin per Datenträgeraustausch (DTA) übermitteln müssen, was nicht geschehen sei und zum Vergütungsausschluss führe. Anderenfalls müssten die Krankenkassen sämtliche Nachkodierungen seitens der Krankenhäuser im Rahmen von Begehungen, die der MDK akzeptiere, gegen sich gelten lassen, ganz gleich wann die Übermittlung per DTA erfol...

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