Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum urteil des LSG Darmstadt vom 21.2.1996 - L 6 Ar 1224/94, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 10. August 1995 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um die Gewährung von sog. originärer Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. April 1994 bis 30. Juni 1994 (Streitgegenstand der ersten Instanz) und in zweiter Instanz zusätzlich um die Feststellung der unbegrenzten Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe über den 30. Juni 1994 hinaus, unter Berücksichtigung des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogrammes (1. SKWPG).
Der 1941 geborene Kläger war ab Mai 1986 als Rechtsreferendar in Hessen Beamter auf Widerruf, von Januar bis August 1987 hatte er Sonderurlaub ohne Anwärterbezüge. Wegen wiederholten Nichtbestehens der zweiten juristischen Staatsprüfung endete das Beamtenverhältnis am 4. Juni 1991. Am 1. Juli 1991 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe, die ihm ab 1. Juli 1991 gewährt wurde. Mit Bescheid vom 8. Juli 1993 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Juli 1993 bis 30. Juni 1994 (wöchentlicher Leistungssatz 246,60 DM, Leistungsgruppe C, ein Kind, 58 %, Bemessungsentgelt 550,00 DM wöchentlich).
Mit Änderungsbescheid vom 3. Januar 1994 wurde der wöchentliche Leistungssatz auf 252,60 DM hinaufgesetzt. Mit Bescheid vom 18. Februar 1994 befristete die Beklagte die Arbeitslosenhilfe-Gewährung zum 31. März 1994. Hiergegen hat der Kläger am 23. März 1994 Widerspruch erhoben und zur Begründung u.a. vorgetragen, die zunächst geplante Begrenzung der Arbeitslosenhilfe auf zwei Jahre sei nach seiner Kenntnis nicht Gesetz geworden. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass bei ihm ein Härtefall vorliege, da die Ehefrau krank und schwerbehindert sei und er einen 15-jährigen Sohn habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 7. April 1994 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, durch das 1. SKWPG trete § 135 a AFG mit Wirkung vom 1. Januar 1994 in Kraft. Danach betrage der Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe 312 Tage. Der Kläger habe als Rechtsreferendar in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis in der Zeit vom 2. Mai 1986 bis 4. Juni 1991 einen Anspruch auf originäre Arbeitslosenhilfe erworben. Seit dem 1. Juli 1991 stehe der Kläger in Bezug von Arbeitslosenhilfe. Da er auch in der Zeit vom 1. Oktober 1993 bis 31. Dezember 1993 Arbeitslosenhilfe erhalten habe, stehe ihm nach der Übergangsregelung des § 242 q AFG Arbeitslosenhilfe bis zum 31. März 1994 zu, obwohl er seit dem 1. Juli 1991 mehr als 312 Tage Arbeitslosenhilfe erhalten habe. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 13. April 1994 zugestellt. Hiergegen hat der Kläger am 13. Mai 1994 Klage erhoben, mit der er die Aufhebung der Bescheide der Beklagten vom 18. Februar 1994 und vom 7. April 1994 begehrt hat.
Mit Urteil vom 10. August 1995 hat das Sozialgericht Kassel der Klage stattgegeben und antragsgemäß die angefochtenen Bescheide aufgehoben. In der Begründung hat es ausgeführt, es komme die Bestimmung des § 45 SGB X zur Anwendung, weil sich der Arbeitslosenhilfe-Bewilligungsbescheid vom 3. Januar 1994 als rechtswidriger, begünstigender Verwaltungsakt darstelle, denn mit diesem sei dem Kläger bei verringertem Leistungssatz aber gleichbleibender Bezugsdauer (bis zum 30. Juni 1994) erneut Arbeitslosenhilfe bewilligt worden. Rechtswidrig sei der Bescheid, weil er die durch das 1. SKWPG in das AFG eingefügte und ab 1. Januar 1994 geltende Neuregelung des § 135 a AFG und damit die Begrenzung der Bezugsdauer für die sog. originäre Arbeitslosenhilfe außer Acht gelassen habe. Der Kläger habe seinen Arbeitslosenhilfeanspruch von 312 Tagen zum 1. Januar 1994 bereits voll ausgeschöpft gehabt; die Übergangsregelung des § 242 q Abs. 10 AFG sehe jedoch vor, dass die an sich ab 1. Januar 1994 geltende Neuregelung des § 135 a AFG bis 31. März 1994 nicht anzuwenden sei. Der Bewilligungsbescheid vom 3. Januar 1994 berücksichtige jedoch das tatsächliche Ende der Arbeitslosenhilfe-Bezugsdauer zum 31. März 1994 nicht. Der angefochtene Änderungsbescheid vom 18. Februar 1994 gebe zwar die neue, ab 1. Januar 1994 gültige materielle Rechtslage wieder, weise jedoch Rechtsmängel auf (ebenso wie der Widerspruchsbescheid), weshalb er aufzuheben gewesen sei. So enthalte er keinen Hinweis auf die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 3. Januar 1994. Er enthalte auch keine Ermessensausübung, die jedoch nach § 45 SGB X erforderlich sei; das Ermessen sei auch nicht im Vorverfahren nachgeholt worden. Ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X liege nicht vor. Der Kläger habe damit auf die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 3. Januar 1994 ver...