Entscheidungsstichwort (Thema)
Stationäre Heilbehandlung. Zuständigkeit zwischen Krankenversicherungsträger und Rentenversicherungsträger
Leitsatz (amtlich)
Für die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zur Kostenübernahme nach RVO § 1244a Abs. 3 ist entscheidend eine stationäre Heilbehandlung, die in einem inneren Zusammenhang mit einer im weitesten Sinne behandlungsbedürftigen Tuberkulose steht. Wird dagegen die stationäre Heilbehandlung wegen eines nichttuberkulösen Leidens notwendig, das letztlich ursächlich auf eine ehemals vorliegende aktive Tuberkulose zurückzuführen und als mittelbare Folge dieser Tuberkulose anzusehen ist, so handelt es sich grundsätzlich um eine Maßnahme nach RVO § 184 Abs. 1, für die der Krankenversicherungsträger aufzukommen hat.
Normenkette
RVO § 1244a Abs. 3, 1, § 184 Abs. 1
Verfahrensgang
SG Gießen (Urteil vom 29.05.1978) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 29. Mai 1978 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für Heilbehandlungen des Beigeladenen streitig.
Bei dem am 4. Januar 1980 verstorbenen und bei der Klägerin und Beklagten versichert gewesenen früheren Beigeladenen, H. W., wurde im Jahre 1946 eine Spondylitis tuberculosa festgestellt. Als Begleiterkrankung trat 1954 eine Nierentuberkulose auf, die später zur Nierenentfernung rechts führte. Weitere Reaktivierungen der Tuberkulose ergaben sich in den Jahren 1957, 1962, 1963 und 1966.
Vom 27. Januar 1967 bis 18. Mai 1967 und vom 9. Oktober 1967 bis 13. Januar 1968 erfolgten jeweils Heilverfahren in der Klinik S. der Beklagten in G. und vom 18. Mai 1967 bis 10. September 1967 in der Orthopädischen Universitätsklinik in G. wegen einer reaktivierten Brustwirbeltuberkulose mit osteolytischen Vorgängen des 8. bis 11. Brustwirbelknochens, die eine erhebliche Progredienz zeigten. Am 9. Juni 1967 wurde deswegen in der Orthopädischen Universitätsklinik G. eine Spanverriegelung der Brustwirbelsäule im Bereich einer Gibbusbildung vorgenommen. Als Verspanungsmaterial wurde, die rechte Tibiakante verwendet, die durch einen Fremdspan ersetzt wurde, der Abstoßungsreaktionen zeigte und später wieder operativ entfernt werden mußte. Seit 1968 kam es immer wieder zu osteomyelitischen Eiterungen im Bereich der vorderen Tibiakante. Wegen dieser Erkrankungen befand sich der Beigeladene vom 2. Oktober 1968 bis 12. November 1968 und vom 26. Juni 1969 bis 9. September 1969 zur stationären Heilbehandlung in der Orthopädischen Universitätsklinik G. Vom 4. März 1970 bis 1. Juli 1970 fand wiederum auf Kosten der Beklagten ein Heilverfahren im A.-J.-Krankenhaus wegen einer fistelnden Osteomyelitis des rechten Unterschenkels und Spanabstoßungsreaktionen statt.
Für das erneute Heilverfahren im A.-J.-Krankenhaus vom 20. Juli 1970 bis 4. Mai 1971, das wegen eines Fistelaufbruchs bei unspezifizierter Osteomyelitis im rechten Tibiakopf und bei einer inaktiven Wirbelsäulentuberkulose durchgeführt worden ist, übernahm die Beklagte die Kosten im Rahmen der medizinischen Rehabilitation nach §§ 1236, 1237 Reichsversicherungsordnung (RVO), da zu erwarten war, daß nach Abschluß der stationären Behandlung die Arbeitsfähigkeit des Beigeladenen eintreten werde. Der Beigeladene wurde als arbeitsunfähig entlassen.
Die nachbehandelnde Orthopädische Universitätsklinik in G. stellte beim Beigeladenen 1971 eine Reaktivierung der Tuberkulose im Gibbusbereich fest; die Untersuchung war wegen zunehmender Schmerzhaftigkeit bei weiterer Zunahme der Abknickung der Brustwirbelsäule erfolgt.
Am 23. Juli 1971 wurde der Beigeladene wegen reaktivierter Wirbelsäulentuberkulose des 7. bis 11. Brustwirbelknochens zum Heilverfahren in das A.-J.-Krankenhaus G. aufgenommen und am 20. Juli 1972 entlassen. Nach dem ärztlichen Entlassungsgutachten vom 24. Juli 1972 bestehe eine diffuse Allgemeinsklerosierung im gesamten Gibbusbereich. Wahrscheinlich lägen mehrere Knochensequester vor; insgesamt sei jedoch eine Zunahme des Sklerosierungsprozesses anzunehmen. Der Kyphosierungswinkel erscheine noch weiter verstärkt. Die Fistel im Bereich des rechten Tibiakopfes sei zur Zeit geschlossen. Die Entlassungsdiagnose lautete: Zur Inaktivität neigende Spondylitis tuberculosa.
Am 5. Februar 1973 erfolgte wiederum eine Aufnahme in das A. J. Krankenhaus, da erneut ein Verdacht auf eine noch restliche Aktivität der Wirbelsäulenerkrankung geäußert wurde. Nach dem Entlassungsgutachten vom 27. Februar 1973 war die Tuberkulose zur Zeit der Entlassung am 26. Februar 1973 inaktiv.
Am 25. August 1973 kam es bei dem Beigeladenen zu einer Spontanfraktur der rechten Tibia im Bereich der Knochenspäneentnahme. Daraufhin wurden folgende stationäre Behandlungen durchgeführt:
- Chirurgische Universitätsklinik G. 26. August 1973 bis 16. Juli 1974
- L.-Krankenhaus G...