Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Nach § 255 Abs. 1 SGB 5 obliegt dem Rentenversicherungsträger die Verpflichtung, die Beitragspflicht des Rentners zu prüfen und festzustellen, in welcher Höhe die Rente der Beitragspflicht unterliegt. Der Rentenversicherungsträger hat auch den Krankenversicherungsbeitrag aus der Rente in jedem Einzelfall zu berechnen; dies gilt ebenso für den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung (BSG Urteil vom 31. 3. 2017, B 12 R 6/14 R).
2. Bei Versicherungspflichtigen gilt nach § 248 S. 1 SGB 5 für die Bemessung der Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen der allgemeine Beitragssatz. Die Bemessung der Beiträge ist verfassungsgemäß.
3. Für die Festsetzung des Pflegeversicherungsbeitrags ist gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 SGB 11 die Pflegekasse als Trägerin der Pflegeversicherung zuständig. Für Mitglieder, die ihre Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung selbst zu tragen haben, können die Kranken- und Pflegekassen die Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nach § 46 Abs. 2 S. 4 SGB 11 in einem Gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 20. August 2015 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Mai 2014 wird insoweit aufgehoben, als eine Entscheidung über die Beitragsbemessung zur sozialen Pflegeversicherung erfolgt.
II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung auf die Renten des Klägers im Blick auf den Betreuungs- und Erziehungsaufwand für Kinder zu reduzieren sind.
Der 1949 geborene Kläger ist vom 1. Juli 2011 an als Rentner bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) krankenversichert und bei der Beigeladenen zu 1 pflegeversichert und bezieht zusätzlich seit dem 1. Juli 2011 neben der Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (2011 i.H.v. 1.664,58 €) eine Betriebsrente (monatlich 2.035,27 € von der C. e.V.). Er ist Vater von 5 Kindern (D., geboren 1978; E., geboren 1980; F., geboren 1980; G., geboren 1995 und H., geboren 1997). Nach dem Mai 2014 erzielt der Kläger wieder ein Beschäftigungseinkommen und ist weiterhin bei der Beklagten in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2011 beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Hinweis auf das „Beitragskinderurteil“ des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 3. April 2001, 1 BvR 1629/94) bei der Beitragsbemessung auf seine betriebliche Altersversorgung hinsichtlich des Krankenversicherungsbeitrages einen monatlichen Abschlag gestaffelt an der Kinderzahl vorzunehmen. Als Rentner zahle er nun auf seine Betriebsrente und seine gesetzliche Rente höhere Beiträge als als sozialversicherungspflichtig Beschäftigter. Zwei seiner Kinder seien noch schulpflichtig und E. zudem als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 und dem zuerkannten Merkzeichen H unterstützungsbedürftig. Es bestehe eine nicht berechtigte Ungleichbehandlung zu kinderlosen Beitragszahlern. Mit Schreiben vom 29. Oktober 2012 erläuterte die Beklagte die gesetzlichen Bestimmungen zur Beitragsberechnung aus Versorgungsbezügen. Unter dem 17. Juli 2013 (in der Verwaltungsakte der Beklagten weist das Schreiben das Datum vom 16. Juli 2013 aus, das von dem Kläger vorgelegte Schreiben trägt das Datum vom 17. Juli 2013) wies die Beklagte den Kläger darauf hin, dass von ihr ein rechtsmittelfähiger Bescheid nur dann erstellt werden könne, wenn die Beklagte als Krankenkasse auch selbst Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung berechne und einbehalte, was vorliegend nicht der Fall sei, da durch den Rentenversicherungsträger (für die gesetzliche Rente) und durch die Zahlstelle (für den Versorgungsbezug) direkt Beiträge einbehalten würden. Die Beklagte teilte unverbindlich im Rahmen des Schreibens vom 17. Juli 2013 dem Kläger die Zusammensetzung seiner Beiträge ab dem 1. Juli 2013 aus der gesetzlichen Rente (monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung: 139,82 € und zur Pflegeversicherung: 34,96 €) und ab dem 1. Januar 2012 aus dem Versorgungsbezug (monatlicher Beitrag zur Krankenversicherung: 315,47 € und zur Pflegeversicherung: 41,72 €) mit. Das Schreiben der Beklagten erfolgte nicht im Namen der Pflegekasse und enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung. Auf die erneute Aufforderung zur Bescheiderteilung des Klägers wies die Beklagte diesen mit Schreiben vom 8. August 2013 darauf hin, dass am Inhalt des Schreibens vom 16. Juli 2013 festgehalten werde und bei Bedarf gegen dieses mittels Widerspruch vorgegangen werde...