Entscheidungsstichwort (Thema)

Winterbauförderung. Produktive Winterbauförderung. Sportstättenbau, Sportplatz. Tennisplatzbau. Kunststoffbelag

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Betrieb, der sich in der Hauptsache mit dem Bau von Tennisplätzen im Freien befaßt, ist ein Betrieb des Baugewerbes.

2. Betriebe, die überwiegend Tennisplätze im Freien – mit Tennen- oder Kunststoffbelag – erstellen, gehören nicht zu den in der produktiven Winterbauförderung förderbaren Betrieben, weshalb sie auch nicht der Umlagepflicht (§ 186 a AFG) unterliegen. Dem trägt die Baubetriebe-VO i.d.F. v. 19.07.1972 durch die globale Erfassung des Sportstättenbaues nicht ausreichend Rechnung. Auf die Verwendung von Winterbauhallen kann nicht abgestellt werden, wenn deren Einsatz wirtschaftlich nicht vertretbar ist.

3. Die Umlagepflicht kann nicht daraus hergeleitet werden, ein Betrieb solle in der Winterzeit andere – förderbare – Arbeiten verrichten; dies stellte einen unzulässigen Eingriff in die von unternehmerischer Verantwortung geprägte Betriebsstruktur dar

4. Eine andere rechtliche Beurteilung folgt auch nicht aus der Regelung des § 76 Abs. 2 AFG i.d.F. des 5. AFG-ÄndG. Die Neufassung soll klarstellen, daß die für die Einbeziehung von Zweigen des Baugewerbes in die Winterbauförderung erforderliche Erwarbung einer wirtschafts- und sozialpolitisch erwünschten Belebung der Bautätigkeit in der Schlechtwetterzeit nicht einzelbetrieblich, sondern gesamtwirtschaftlich zu verstehen ist. Die Bau-Betriebe-VO muß den beobachteten Betriebsstrukturen Rechnung tragen; dem entspricht der Verordnungsgeber nicht, wenn er den Sportstättenbau als Einheit erfaßt, ohne wesentliche Besonderheiten, wie den Tennisplatzbau im Freien, angemessen zu berücksichtigen.

5. Die betriebliche Gestaltung der Arbeiten, auch die Ausgestaltung eines Betriebes als Saisonbetrieb, ist für sich nicht geeignet, einen Betrieb von der Umlagepflicht in der produktiven Winterbauförderung (§ 186a AFG) auszunehmen.

 

Normenkette

AFG § 76 Abs. 2; 2. AFG-ÄndG § 186a i.d.F. v. 19.05.1972; 5. AFG-ÄndG § 76 Abs. 2 i.d.F. 23.07.1979

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.07.1977; Aktenzeichen S - 15/18/14/Ar - 459/75)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juli 1977, der Bescheid vom 21. Mai 1975, der Widerspruchsbescheid vom 30. Oktober 1975 sowie die Bescheide vom 7. Januar 1976 und 20. Dezember 1979 aufgehoben.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung der Klägerin zur Umlage für die Produktive Winterbauförderung (§ 186 a Arbeitsförderungsgesetz – AFG –).

Bei der Klägerin handelt es sich um einen Spezialbetrieb des Sportstättenbaus, der vorwiegend in Hessen und Rheinland-Pfalz Bauarbeiten ausführt. Seit Betriebsbeginn im März 1968 ist der Betrieb als Saisonbetrieb organisiert. Er beschäftigte bis zum Jahre 1979/80 im wesentlichen 60 bis 65 gewerbliche Arbeitnehmer, seit dieser Zeit etwa nur noch 30 Arbeitnehmer. Die Aufsichtsarbeiten werden durch wenige Angestellte vorgenommen, die nach einer Betriebsvereinbarung im Winter Urlaub zu nehmen haben, in dieser Zeit zusätzlich den Maschinenpark überprüfen und instandhalten sowie neue Aufträge einholen und betreuen. Bei den gewerblichen Arbeitnehmern handelt es sich regelmäßig um Italiener, die sich etwa in den Monaten November bis Februar in Italien aufhalten und dort – soweit der Klägerin dies bekannt ist – andere Arbeiten verrichten. Zumindest seit Beginn des streitbefangenen Zeitraumes – seit 1972 – ist die Klägerin mit deutlichem Schwerpunkt im Tennisplatzbau – Freianlagen – tätig, und zwar vom Umsatz her zu etwa 80–85 % im Durchschnitt mit leichten Schwankungen nach unten und oben. Soweit andere Arbeiten ausgeführt wurden, handelt es sich um den Bau von Sportplätzen und Fußballspielplätzen und in begrenztem Umfange um Arbeiten an Leichtathletikanlagen – Freianlagen –. Bei Teilarbeiten ist die Klägerin im wesentlichen mit der Erstellung des eigentlichen Bodenbelages befaßt. Umzäunungsarbeiten sowie Nebengebäude und Gartenanlagen werden im Rahmen der Aufträge von ihr nicht ausgeführt. In letzter Zeit befaßt sich die Klägerin zusätzlich mit Pflege- und Wartungsarbeiten an Tennisplätzen, die schwerpunktmäßig in den ersten beiden Monaten der Saison auszuführen sind und dann etwa 30 % der auszuführenden Arbeiten umfassen. Die Klägerin beabsichtigt sich in Zukunft während der Saison zusätzlich um die vollständige Betreuung von Tennisplätzen zu bemühen, um die schlechte Auftragslage auszugleichen.

Mit Bescheid vom 21. Mai 1975 zog die Beklagte die Klägerin zur Zahlung der Winterbau-Umlage heran und errechnete für die Zeit von Dezember 1972 bis September 1974 eine Umlage von 4.9.515,86 DM zuzüglich eines Säumniszuschlages von 988,20 DM. Zur Begründung führte sie an, die Klägerin unterhalte einen Betrieb des Garten- und Landschaftsbaues, der in die Produktive Wint...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge