Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe in sonstigen Lebenslagen. Übernahme der Kosten für die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem im Ausland lebenden Ehegatten im Inland. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
Aus dem ungewollten Getrenntleben von Ehegatten kann auch unter Berücksichtigung der Vorgaben des Art 6 Abs 1 GG keine Verpflichtung des Staates angenommen werden, die bezüglich des im Ausland lebenden Ehegatten anfallenden Kosten für die Beseitigung dieses Getrenntlebens - wie zum Beispiel Kosten für den Erwerb von Sprachkenntnissen oder die Durchführung eines Visumverfahrens - zu übernehmen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 24. Juli 2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren und das Beschwerdeverfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vor dem Bundessozialgericht keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit Schreiben vom 19. August 2010 beantragte der im Jahr 1954 geborene Kläger, der von seiner Ausbildung her Dipl.-Soziologe und Volljurist ist, bei der Beklagten die „Gewährung von Hilfe in sonstigen Lebenslagen gemäß § 73 SGB XII und/oder zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten gemäß § 67 f SGB XII, jeweils lediglich in Form entsprechender ausreichender Darlehensmittel, und/oder die Antragstellung auf Gewährung von einschlägigen Stiftungsmitteln bzw. deren Vermittlung durch die Beklagte hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen (Reisekosten u.a.) für die Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner in der Volksrepublik China aufhältlichen Gattin C. W. in der Bundesrepublik Deutschland“.
In der Begründung gab er an, er habe im Jahre 2006 seine jetzige Gattin in der Republik Singapur geheiratet. Nachdem ihm in der Folge nacheinander gleich drei ihm von den jeweiligen Arbeitgebern zugesagte leitende Positionen in der Entwicklungs- und Katastrophenhilfe wegen Budgetkürzungen, erneuten kriegerische Auseinandersetzungen und dergleichen vor Dienstantritt völlig gestrichen worden seien, habe er im Februar 2007 mittellos aus Singapur nach Deutschland zurückkehren müssen. Die deutsche Botschaft in Singapur habe kein Visum für seine Gattin ausgestellt, weswegen diese aus Singapur in die Volksrepublik China habe zurückkehren müssen. In Deutschland habe sich die Rückkehr unerwartet und ungewollt schwierig erwiesen. Er habe erst nach diversen Unterbringungen in Übergangsheimen seit Februar 2009 eine angemessene und für ein Familienleben geeignete Wohnung zur Verfügung. Es sei ihm bislang noch nicht gelungen, eigenes Einkommen zu erzielen, weswegen er auf ALG-2-Regelleistungen angewiesen sei. Es sei ihm bisher nur in äußerst marginalem Umfang gelungen, seine amtsbekannten zahlreichen offenen Forderungen in Deutschland zu realisieren. Seine Gattin lebe in H-Stadt rund 68 km nordöstlich von D-Stadt in der autonomen Region E-Stadt mit ihrer Mutter und anderen Verwandten auf einem sich mehr oder weniger selbstversorgenden bäuerlichen Familienbetrieb mit zusätzlichem Blumenanbau und Direktverkauf. Sie könne noch nicht einmal die recht weite Reise zum deutschen Generalkonsulat in K-Stadt (M.) selbst finanzieren. Er habe aus Sparbeträgen bzw. Beträgen aus erfolgreicher Beitreibung die Kosten für eine Schilddrüsenbehandlung seiner Gattin bzw. für eine Herz-Kreislauf-Erkrankungen seiner Schwiegermutter teilweise finanziert. Er selbst könne kein Aufenthalts- oder Bleiberecht in China erlangen, seine Sprachfertigkeiten würden insoweit auch nicht für eine lohnabhängige Tätigkeit vor Ort ausreichen.
Durch Bescheid vom 30. September 2010 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Dagegen legte der Kläger mit Schreiben vom 5. Oktober 2010 Widerspruch ein. Darin erläuterte er auch den Umfang des Antrags näher. Es gehe bei seiner Ehefrau um einen Umzug mit Verlagerung des Lebensmittelpunktes und daher um mehr als 20 kg Freigepäck für eine übliche Flugreise. Ein erheblicher Aufwand entfalle auf den Komplex für die Visumserteilung nebst Erlangung des Zertifikats des Goethe-Instituts über die Sprachprüfung A1 („Start Deutsch 1“). Den hierfür erforderlichen Test könne seine Frau nicht in M-Stadt ablegen, sondern entweder in F-Stadt oder in P-Stadt. Abgesehen von den Gebühren für das Sprachzertifikat würden jeweils Hin- und Rückreisekosten sowie Unterbringungs- und Verpflegungskosten am Testort anfallen. Praktisch das Gleiche gelte für das eigentliche Visumverfahren, diesbezüglich müsse seine Gattin mehrmals über 1000 km nach M-Stadt fahren und sich dort jeweils wenigstens mehrere Tage aufhalten. Erst wenn diese Dinge bewältigt seien, könne ein Flug nach Deutschland gebucht werden. Der Kläger wies auf Ehe und Familie als höchste Grundwerte hin. § 73 SGB XII rechtfertige den Einsatz öffentlicher Mittel zur Beseitigung der Trennungslage. Sein Antrag gemäß § 67 ff. SGB XII...