Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungsfreiheit. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Rack-Jobber. Merchandiser. Dienstleistung im Bereich der Verkaufsförderung für mehrere Auftraggeber. gestalterische Aufgaben. Solo-Selbständiger. Statusfeststellung. Versicherungspflicht. Projektvertrag. Vergütungsstruktur. Entscheidungsfreiheit. Direktionsrecht. Soziale Schutzbedürftigkeit
Orientierungssatz
Ein als Rack-Jobber und Merchandiser Tätiger, der mehreren Auftraggebern seine Dienstleistungen im Bereich der Verkaufsförderung anbietet und dem es somit obliegt, zusätzlich zum Bestücken von Regalflächen auch die Warendarstellung/Warenpräsentation zu prüfen und gegebenenfalls mit dem Ziel steigender Umsätze zu optimieren, übt kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis aus.
Normenkette
SGB IV § 7 Abs. 1, § 7a; SGB III § 25 Abs. 1; SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1; SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 Nr. 9; SGB XI § 20 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 1; SGG § 96
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 10.02.2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens beider Instanzen einschließlich der dem Beigeladenen zu 1) und ausschließlich der den übrigen Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um den sozialversicherungsrechtlichen Status des Beigeladenen zu 1) aufgrund seiner Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum vom 01.10.2003 bis 24.05.2005.
Der Beigeladene zu 1) war seit dem 01.10.2003 auf der Basis eines am 25.09.2003 abgeschlossenen Projektvertrages, auf dessen Inhalt verwiesen wird, für die Klägerin tätig. Bis 30.09.2004 war er zudem als Student immatrikuliert (Studienabschluss 01.03.2004) und bei den Beigeladenen zu 2) und 3) kranken- und pflegeversichert. Ab dem 01.10.2004 war er bei den Beigeladenen zu 4) und 5) kranken- und pflegeversichert.
Am 26.01.2005 stellte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status für die von ihm ausgeübte Tätigkeit “Merchandising/Rackjobbing„ bei der QW. GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin ist.
Rackjobbing ist (zitiert nach http://de.wikipedia.org/wiki/Rackjobbing; Internetrecherche vom 29.04.2013) eine Dienstleistung, die im Bereich der Verkaufsförderung erbracht wird. Unter Rackjobbing versteht man Verkaufsförderung am POS (Point Of Sale) durch:
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Design bzw. Aufbau der Verkaufsfläche (Regale) |
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Pflege der Präsentation der Ware |
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Disposition der Ware im Auftrag des Herstellers oder Großhändlers |
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Warenverräumung im Auftrag des Herstellers oder einer zwischengeschalteten Agentur |
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Auszeichnung der Ware |
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Retoure (von Teilen) der präsentierten Ware auf Grund eines Aufrufs (Aufrufretoure), eines Defekts (Defektenretoure) oder Erreichen der Haltbarkeitsdaten |
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Auffüllen von warenspezifischem Prospektmaterial. |
Der Beigeladene zu 1) trug vor, er führe Besuche bestimmter Vertriebspartner der Firma ER. durch und betreue “Rückwände„ bzw. “Gondeln„ mit Original Handy-Zubehör. Die Frage nach einer regelmäßigen Arbeitszeit bejahte der Beigeladene zu 1) und gab sie mit 1 Tag pro Woche an. Daneben sei er für eine andere Auftraggeberin, die TZ. GmbH (TZ.) als Sales Assistant tätig.
Konkret betreute der Beigeladene zu 1) für die Klägerin zwei UO. Märkte in D-Stadt, einen in F-Stadt und einen in G-Stadt.
Nach Durchführung weiterer Sachverhaltsermittlungen, insbesondere Einholung von Erläuterungen des Beigeladenen zu 1) zu seiner Tätigkeit bei der Klägerin und Auswertung vorgelegter Unterlagen (u. a. des zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) geschlossenen “Projektvertrags„ vom 25.09.2003 und der vom Beigeladenen zu 1) gegenüber der Klägerin gestellten Rechnungen) erließ die Beklagte nach Anhörung der Klägerin (die daraufhin ebenfalls eine umfangreiche Stellungnahme abgab) und des Beigeladenen zu 1) am 31.08.2005 gegenüber der Klägerin und dem Beigeladenen zu 1) einen Bescheid, worin sie feststellte, dass der Beigeladene zu 1) “die Tätigkeit im Bereich Regalservice in der Zeit vom 01.10.2003 bis 24.05.2005 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses„ ausübe. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Beigeladene zu 1) in die Arbeitsorganisation der Klägerin eingebunden sei. Diese erteile einseitig im Wege des Direktionsrechts eines Arbeitgebers Weisungen, die Zeit, Dauer und den Ort der zu beurteilenden Tätigkeit sowie Art und Weise von deren Durchführung beträfen.
Gegen diesen Bescheid legten sowohl die Klägerin als auch der Beigeladene zu 1) Widerspruch ein, weil sie der Rechtsauffassung waren, dass die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) für die Klägerin eine selbständige Tätigkeit sei.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 18.07.2006 wies die Beklagte den Widerspruch sowohl der Klägerin als auch des Beigeladenen zu 1) zur...