rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsberechnung. Grundlohn. freiwillig versicherte Unternehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Für die Beitragsberechnung freiwillig versicherter Unternehmer sind die Privatentnahmen zugrunde zu legen, sofern diese höher sind, als der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn (Bilanzgewinn)

 

Normenkette

RVO § 180 Abs. 4, § 385 Abs. 1 S. 1 (Fassung = 1977-06-27)

 

Verfahrensgang

SG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.06.1980; Aktenzeichen S 9 Kr-142/78)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 1980 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des vom Kläger zur Krankenversicherung zu entrichtenden Beitrags ab 1. Juli 1977.

Der Kläger ist Inhaber einer Bäckerei und seit 22. Juni 1966 freiwilliges Mitglied der Beklagten. Bis 30. Juni 1977 entrichtete er Beiträge nach der Lohnstufe 85 (Bemessungsgrundlage bis 2565,– DM monatlich), zuletzt in Höhe von 293,25 DM monatlich. Mit am 11. November 1977 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben beantragte er die Rückstufung seines Beitrages ab 1. Juli 1977, weil seine Ehefrau seit dieser Zeit selbst freiwilliges Mitglied der Beklagten sei. Unter Zugrundelegung der in der Bilanz für das Jahr 1976 ausgewiesenen Privatentnahmen von 26.250,– DM setzte die Beklagte rückwirkend ab 1. Juli 1977 den Beitrag nach der Lohnstufe 73 mit monatlich 251,85 DM neu fest (formloser Bescheid vom 2. März 1978; förmlicher Bescheid vom 9. Mai 1978). Den Widerspruch des Klägers, mit dem er eine Beitragseinstufung nach dem Bilanzgewinn begehrte, wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 4. August 1978 als unbegründet zurück, weil die Privatentnahmen höher als der Gewinn und deshalb als Einnahmen zum Lebensunterhalt maßgebend für die Ermittlung des Grundlohns (Lohnstufe) gemäß § 180 Abs. 4 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO) seien.

Die am 30. August 1978 erhobenen Klage hat das Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main durch Urteil vom 20. Juni 1980 aus den Gründen des angefochtenen Bescheides abgewiesen. Um Manipulationen vorzubeugen seien den Gewinn übersteigende Privatentnahmen in jedem Fall für die Bestimmung des Grundlohns heranzuziehen.

Gegen das ihm am 18. Juli 1980 zugestellte Urteil hat der Kläger am 18. August 1980 Berufung eingelegt. Er trägt vor: Richtige Bemessungsgrundlage sei der erzielte Gewerbeertrag, weil dieser dem Bruttoentgelt aus nichtselbständiger Tätigkeit entspreche. Die vom SG befürchteten Manipulationen seien gar nicht möglich, weil Privatentnahmen über den Gewerbegewinn hinaus auf Kosten des Kapitals gingen. Wenn der Grundlohn in einem Jahr nach dem Gewinn und im anderen Jahr nach den Privatentnahmen bemessen werde, würden zwangsläufig die gleichen Beträge teilweise doppelt erfaßt. Für ein statt der Entnahmen aufgenommenes Darlehen in Höhe des den Reingewinn übersteigenden Betrages müsse er auch keine Beiträge zahlen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 20. Juni 1980 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2. März 1978 und 9. Mai 1978 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. August 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beiträge ab 1. Juli 1977 unter Zugrundelegung der Bilanzgewinne neu festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Kassenakte und der Akten des Finanzamtes … betreffend den Kläger, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143 ff., 151 Abs. 1 und 2 SozialgerichtsgesetzSGG –).

Sie ist jedoch unbegründet. Das SG und die Beklagte haben zutreffend entschieden, daß die Beiträge des Klägers ab 1. Juli 1977 nach den Privatentnahmen und nicht nach den Bilanzgewinnen zu berechnen waren.

Ausgangswert für die Beitragsberechnung ist der Grundlohn (§ 385 Abs. 1 Satz 1 1. Halbsatz RVO). Nach § 180 Abs. 4 Satz 1 RVO in der ab 1. Juli 1977 geltenden und daher anzuwendenden Fassung (Art. 1 § 1 Nr. 5 des Krankenversicherungs-KostendämpfungsgesetzesKVKG – vom 27. Juni 1977, BGBl. I 1069) gilt bei freiwillig Versicherten als Grundlohn der auf den Kalendertag entfallende Teil des Arbeitsentgelts und sonstiger Einnahmen zum Lebensunterhalt innerhalb eines Mindest- und eines Höchstwertes. Was unter dem Begriff der „sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt” zu verstehen ist, ist im Gesetz selbst nicht näher bestimmt. Nach der Beschlußempfehlung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung (BT-Drucks. 8/338 S. 60) umfaßt er alle wiederkehrende Bezüge und geldwerten Zuwendungen – unvermindert um gesetzliche Abz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge