Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe des Arbeitslosengeldes. Bemessungszeitraum. abgerechnete Entgeltabrechnungszeiträume im Bemessungsrahmen. keine vollständige Abrechnung variabler Entgeltbestandteile
Orientierungssatz
Bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes sind gem § 130 Abs 1 SGB 3 nur die Entgeltabrechnungszeiträume zugrunde zu legen, die vollständig innerhalb des Bemessungsrahmens liegen und vollständig abgerechnet waren. Teilabrechnungszeiträume sind auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie in den Bemessungsrahmen hineinragen (vgl BSG vom 1.6.2006 - B 7a AL 86/05 R = SozR 4-4300 § 133 Nr 3). Werden neben festen Bezügen von Entgeltabrechnungszeitraum zu Entgeltabrechnungszeitraum unterschiedlich hohe Vergütungen, wie zB umsatzabhängige Provisionen oder Zuschläge für Mehr- oder Nachtarbeit, gezahlt, so liegt eine vollständige Abrechnung erst vor, wenn auch diese variablen Entgeltbestandteile errechnet und ohne weitere Rechenoperationen an den Arbeitnehmer ausgezahlt oder überwiesen werden können (vgl BSG vom 15.2.1990 - 7 RAr 82/89 = SozR 3-4100 § 112 Nr 2 und vom 22.3.1989 - 7 RAr 96/87 = SozR 4100 § 112 Nr 48).
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 12. August 2008 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um die Höhe des Arbeitslosengeldes, dabei insbesondere um die Höhe des Bemessungsentgeltes und dabei um die Frage, ob der letzte Monat des Beschäftigungsverhältnisses (Dezember 2005) bereits abgerechnet war.
Der im Juli 1952 geborene Kläger war von 1968 bis zum 31. Dezember 2005 als Personalsachbearbeiter versicherungspflichtig beschäftigt bei M R Druckmaschinen AG, Werk G. Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers für das Jahr 2006 war die Steuerklasse 3 eingetragen. Mit am 29. Juni 2005 dem Kläger ausgehändigten Schreiben kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2005 aus betriebsbedingten Gründen. Am 21. November 2005 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos zum 1. Januar 2006 und beantragte Arbeitslosengeld. Im Antragsformular gab er an, dass ein zu berücksichtigendes Kind (geboren 31. Juli 1986) vorhanden sei, für das er Kindergeld erhalte. In der Arbeitsbescheinigung vom 6. Januar 2006 waren folgende Bruttoarbeitsentgelte bestätigt:
|
Dezember 2004 |
4.054,75 Euro |
Januar 2005 |
3.201,07 Euro |
Februar 2005 |
3.458,95 Euro |
März 2005 |
4.381,39 Euro |
April 2005 |
3.586,57 Euro |
Mai 2005 |
3.788,09 Euro |
Juni 2005 |
3.874,20 Euro |
Juli 2005 |
3.615,87 Euro |
August 2005 |
3.615,87 Euro |
September 2005 |
4.046,42 Euro |
Oktober 2005 |
4.550,07 Euro |
November 2005 |
4.096,60 Euro |
Zunächst mit Bescheid vom 31. Januar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 (Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen vom 1. bis 27. Januar 2006 liegen vor) in Höhe von 50,13 Euro unter Berücksichtigung des allgemeinen Leistungssatzes von 60 % (§ 129 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB 3).
Mit Änderungs-Bescheid vom 10. Februar 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 28. Januar 2006 für 780 Kalendertage in Höhe von nunmehr 55,98 Euro täglich unter Berücksichtigung des erhöhten Leistungssatzes von 67 % (§ 129 Nr. 1 SGB 3). Dabei hatte sie im Bemessungsrahmen (1. Januar bis 31. Dezember 2005) die Entgeltabrechnungszeiträume vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2005 (bei 4 Fehltagen) mit 330 Kalendertagen und einem Entgelt in Höhe von 42.214,10 Euro berücksichtigt, entsprechend einem täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 127,92 Euro.
Hiergegen hat der Kläger am 6. März 2008 Widerspruch eingelegt und beanstandet, dass der Monat Dezember 2005 fehle. Dieser Monat sei am 20. Dezember 2005 abgerechnet worden und deshalb in das Bemessungsentgelt einzubeziehen.
Der Kläger hat die Entgeltabrechnung vom 20. Dezember 2005 mit einem Bruttolohn in Höhe von 8.323,30 Euro beigefügt, sowie einen Kontoauszug, aus dem sich ergibt, dass der Dezemberlohn mit Wert vom 30. Dezember 2005 gutgeschrieben wurde.
Mit am 23. Mai 2006 zur Post gegebenem Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 2006 hat die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Eine vollständige Abrechnung des Gehaltsmonats Dezember 2005 sei erst durch eine Rückrechnung von im Dezember 2005 geleisteten Stunden erfolgt. Dies sei von der Arbeitgeberin bestätigt worden. Deshalb habe das Dezembergehalt 2005 nicht gemäß § 131 Abs. 1 SGB 3 in die Berechnung des Bemessungsentgeltes einbezogen werden können.
In den Akten der Beklagten befindet sich noch eine von der Arbeitgeberin nachträglich übersandte Nachberechnung "R Dezember 2005" über 7.318,15 Euro brutto (netto 4.035,49 Euro).
Der Kläger hat am 26. Juni 2006 Klage erhoben mit dem Ziel, dass das ab 28. Januar 2006 gewährte Arbeitslosengeld in Höhe von 60,24 Euro täglich gewähr...