Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Flugbegleiter. Flugbegleiterin. Steward. Stewardess. Optionsrecht. Deutsche Lufthansa. Ruhen von Arbeitslosengeld. Tarifvertrag
Leitsatz (amtlich)
Scheidet eine Flugbegleiterin bei der Deutschen Lufthansa aus, indem sie von dem Optionsrecht des § 19 a MTV Gebrauch macht, führt die erhaltene Abfindung zum Ruhen ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 2, 3 AFG. (Fortführung der Rechtsprechung des BSG vom 13. März 1990 – 11 RAr 69/89 – SozR 3, 4100, § 117 Nr. 2 und vom 29. August 1991 – 7 RAr 130/90 – in SozR 3, 4100, § 117 Nr. 6, Beachtung des Beschlusses des BVerfG vom 12. Mai 1976 – 1 BvL 31/73 in BVerfGE 42, S. 176)
Normenkette
AFG § 117 Abs. 2-3
Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Urteil vom 05.10.1993; Aktenzeichen S-5/Ar-411/92) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 5. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Es geht in dem Rechtsstreit um die Frage, ob der Anspruch der Klägerin auf Arbeitslosengeld wegen einer tarifvertraglich vereinbarten Abfindungsregelung ruht.
Die am 30. Juli 1959 geborene Klägerin war ausweislich der Arbeitsbescheinigung ab 2. August 1978 bei der Deutschen Lufthansa AG (DLH) als Flugbegleiterin tätig. Sie arbeitete zuletzt in Teilzeitarbeit (25 % reduziert) und erzielte in den Monaten Juli bis September 1991 ein Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von DM 11.176,45. Mit Schreiben vom 26. Juli 1991 nahm die Klägerin das in § 19 a Manteltarifvertrag Nr. 3 a für das Bordpersonal der Deutschen Lufthansa vom 1. Januar 1987 (MTV) geregelte Optionsrecht wahr und beendete ihr Arbeitsverhältnis zum 30. September 1991.
§ 19 a MTV lautet:
1) „Mit Vollendung des 32. Lebensjahres wird dem Flugbegleiter folgendes Optionsrecht angeboten:
Beendet der Flugbegleiter sein fliegerisches Arbeitsverhältnis und scheidet er aus dem Konzern aus, erhält er eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von eineinhalb (1,5) Monatsvergütungen (§ 5 Abs. 1 a), c) und d) für jedes bis zum Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis als Flugbegleiter vollendete Dienstjahr.
2) Berechnungsgrundlage für die Abfindungszahlung ist das letzte Grundgehalt des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.
3) Die Rechte nach Abs. 1 können im Laufe des Kalenderjahres geltend gemacht werden, in dem das maßgebliche Lebensalter vollendet wird. Bei Ausübung der Option endet das Beschäftigungsverhältnis bei DLH/CFG mit einer Frist von 6 Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres, …”
Nach § 22 MTV beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigung von mehr als 12 Jahren 6 Monate zum Schluß eines Kalendervierteljahres. Die Klägerin erhielt von der DLH eine Abfindung von DM 96.601,05.
Am 2. Oktober 1991 meldete die Klägerin sich bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 9. Januar 1992 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab 1. April 1992 mit einem täglichen Leistungssatz von DM 50,70. Mit weiterem Bescheid vom 24. Januar 1992 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß der Anspruch auf Arbeitslosengeld nach § 117 Abs. 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) bis zum 31. März 1992 ruhe, da das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei.
Am 21. Januar 1992 hat die Klägerin Widerspruch erhoben, und zwar sowohl hinsichtlich der Höhe der Leistung als auch wegen der 6-monatigen Dauer des Leistungseinbehalts. Sie hat u.a. vorgetragen, sie habe die bei Ausübung der Option bestehende Kündigungsfrist von 6 Wochen eingehalten, also fristgerecht gekündigt. Die Beklagte hat eine Auskunft der DLH vom 13. April 1992 eingeholt.
Mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 29. April 1992 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Hinsichtlich des streitbefangenen Ruhens der Leistung mit der Begründung, nach § 117 Abs. 3 AFG seien lediglich 60 % der Abfindungssumme von DM 96.601,05, also DM 57.960,63 zu berücksichtigen, bei einem kalendertäglichen Arbeitsentgelt von DM 121,48 entsprechend 477 Kalendertage, jedoch nicht über das Ende der eigentlichen ordentlichen Arbeitgeberkündigungsfrist zum 31. März 1992 hinaus.
Hiergegen hat die Klägerin am 26. Mai 1992 Klage erhoben mit dem Ziel, unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide Arbeitslosengeld ab 1. Oktober 1991 zu erhalten. Die Klägerin hat vorgetragen, sie sei in Wahrnehmung eines von Anfang an im Arbeitsverhältnis angelegten tarifvertraglichen Optionsrechts ausgeschieden, eine Kündigung sei zu keinem Zeitpunkt von niemandem erklärt worden. Eine Kündigungsfrist i.S. der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei tatbestandlich nicht gegeben. Gegen eine Anwendung des § 117 AFG i.S. der Beklagten bestünden verfassungsrechtliche Bedenken.
Die Beklagte hat im wesentlichen vorgetragen, von der Ruhensvorschrift des § 117 Abs. 2 AFG, d...