Verfahrensgang
SG Darmstadt (Urteil vom 13.03.1995; Aktenzeichen S-9/Ar-562/94) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. März 1995 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch der Klägerin auf Ausbildungsgeld (Abg) für die Zeit einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme vom 6. September 1993 bis zum 2. Juni 1995 im Streit. Dabei geht es um die Frage, ob Einkommen der Eltern anrechenbar ist.
Die am 25. Dezember 1965 geborene Klägerin leidet an Morbus Hodgkin. Ihren Angaben zufolge konnte sie ein im Herbst 1988 aufgenommenes Fachhochschulstudium in Kommunikationsdesign krankheitsbedingt nicht abschließen. Die Klägerin erhielt seinerzeit Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Die Eltern der Klägerin leben seit 1983 getrennt und sind inzwischen geschieden. Nach der Trennung zog die Klägerin zunächst zu ihrem Vater. Am 6. November 1992 heiratete die Klägerin den selbständig tätigen Elektroinstallateur W. M. aus M.. Die Ehe wurde im Januar 1995 geschieden. Seit Juli 1994 wohnt die Klägerin in Wiesbaden.
Mit Bescheiden von September 1993 und vom 22. November 1993 bewilligte die Beklagte der Klägerin berufsfördernde Bildungsmaßnahmen für eine verkürzte Ausbildung zur Datenverarbeitungskauffrau beim Bildungswerk der DAG im Zeitraum vom 6. September 1993 bis zum 2. Juni 1995 dem Grunde nach. Nachdem die Klägerin die ihr ausgehändigten Fragebögen zur Berechnung des Ausbildungsgeldes abgegeben hatte, ermittelte die Beklagte das anrechenbare Einkommen des Ehemannes mit 1.821,67 DM und lehnte die Bewilligung des ihr dem Grunde nach in Höhe von 795,– DM zustehenden Abg mit Bescheid vom 12. Dezember 1993 ab. Die Klägerin widersprach am 27. Dezember 1993 unter Vorlage entsprechender Steuerbelege mit dem Vorbringen, ihr Ehemann habe ausweislich der vorläufigen Bilanz in 1993 im Durchschnitt nur ein monatlichen Bruttoeinkommen von rd. 3.360,– DM erzielt. Mit Bescheid vom 30. Dezember 1993 gab die Beklagte daraufhin dem Widerspruch statt und änderte ihren Bescheid vom 12. Dezember 1993 insoweit ab, als nunmehr „Ausbildungsgeld bewilligt wird. Die noch zustehenden Geldleistungen werden angewiesen. Es ergeht noch, ein gesonderter Bewilligungs-Änderungs-Bescheid.” Mit Schreiben vom 4. Januar 1994 wurde die Klägerin sodann aufgefordert, Einkommensnachweise ihrer Eltern für den Monat Juni 1993 vorzulegen. Nach deren Eingang ermittelte die Beklagte daraufhin das Einkommen der Eltern der Klägerin mit einem Betrag von 7.621,48 DM; davon entfielen auf den Vater der Klägerin 4.415,54 DM und auf die Mutter der Klägerin 3.205,94 DM. Unter Anrechnung eines Freibetrages in Höhe von 4.500,00 DM sowie eines weiteren Freibetrages in Höhe von 1.260,00 DM für zwei Stiefkinder, die im Haushalt des Vaters der Klägerin leben, kam die Beklagte so auf ein anzurechnendes Einkommen der Eltern der Klägerin in Höhe von 1.861,48 DM; dies überschreite das monatliche Abg, weshalb nur Fahrtkosten zur Bildungsstätte bewilligt werden könnten. Hiergegen erhob die Klägerin am 28. Februar 1994 Widerspruch mit der Begründung, das Einkommen der Eltern sei deshalb nicht anzurechnen, weil die Anordnung Reha (A-Reha) eine Einkommensanrechnung der Eltern nur vorsehe, soweit das Einkommen des Ehegatten nicht angerechnet werden könne.
Mit Bescheid vom 13. April 1994 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, auch unter Ansatz eines Betrages für Kosten der Unterkunft würde sich wegen des anrechenbaren Einkommens der Eltern kein Abg errechnen. Zwischen den intakten und nichtintakten Ehen sei kein Unterschied zu machen.
Mit am 9. Mai 1994 vor dem Sozialgericht Darmstadt (SG) erhobener Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Mit Urteil vom 13. März 1995 wies das SG die Klage ab.
Die Kammer war der Auffassung, soweit die Klägerin meine, das Einkommen ihrer Eltern könne überhaupt nicht zur Anrechnung kommen, finde diese Auffassung im Gesetz sowohl dem Wortlaut als auch aus systematischen und teleologischen Gesichtspunkten keine Stütze. Aus § 40 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) ergebe sich sinngemäß die Anrechnung von Unterhaltsleistungen auf Abg. Da auch § 40 AFG den Bedarf nur bruchstückhaft definiere, habe die Bundesanstalt für Arbeit bei Erlaß des Anordnungsrechts grundlegende Entscheidungen des Gesetzgebers zu beachten. Hierzu zähle insbesondere das gesamte Recht der Bildungsförderung. Diesbezüglich verwies das SG auf die Entscheidungen des BSG vom 7. November 1990 (9 b/7 RAr 130/89 = SozR 3–4100 § 40 Nr. 4). Wie sich aus § 11 Abs. 2 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BaföG) ergebe, sei auf den Bedarf Einkommen und Vermögen des Auszubildenden, seines Ehegatten und seiner Eltern in dieser Reihenfolge anzurechnen. Diese Regelung orientiere sich wiederum, was die Reihenfolge der Anrechung von Einkommen und Vermögen des Ehegatten und der Eltern des Auszubildenen angeh...