Entscheidungsstichwort (Thema)

Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit. Verlängerung des Zehnjahreszeitraumes. Anrechnungszeit. Hochschulausbildung außerhalb des Zehnjahreszeitraumes

 

Orientierungssatz

Bei einer Altersrente wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeitarbeit nach § 237 SGB 6 kann der Zehnjahreszeitraum vor Beginn der Rente nach § 237 Abs 1 Nr 4 SGB 6 nur um Anrechnungszeiten und Rentenbezugszeiten aus eigener Versicherung verlängert werden, wenn diese in dem Zehnjahreszeitraum liegen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.02.2005; Aktenzeichen B 4 RA 31/04 R)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. November 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben für beide Rechtzüge einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit nach § 237 Sozialgesetzbuch (SGB) VI.

Der ... 1939 geborene Kläger beantragte bei der Beklagten die Bewilligung von Rente wegen Arbeitslosigkeit nach Vollendung des 60. Lebensjahres. Der Antrag vom 16. Oktober 2001 ging bei der Beklagten am 7. Februar 2002 ein und wurde mit Bescheid vom 10. Juni 2002 abgelehnt. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Antrag mit Rentenbeginn am 1. März 2002 könne nicht entsprochen werden, da die Voraussetzungen des § 237 SGB VI nicht insgesamt erfüllt seien. Der Kläger habe in den letzten 10 Jahren vor Beginn der Rente nicht 8 Jahre Pflichtbeiträge aufzuweisen. In dem maßgeblichen Zehnjahreszeitraum vom 1. März 1992 bis 28. Februar 2002 seien nur insgesamt 93 Pflichtbeiträge nachgewiesen, so dass die in § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI geforderten Voraussetzungen nicht vorlägen. Der Kläger erhob am 18. Juni 2002 Widerspruch, den er mit Schreiben vom 22. Juni 2002 begründete. Er machte geltend, der Zehnjahreszeitraum verlängere sich in seinem Fall um 81 Monate Anrechnungszeiten. Dies führe zur Berücksichtigung von Pflichtbeiträgen vom 1. April 1989 bis 1. März 1992 und damit seien die Voraussetzungen für den Rentenanspruch erfüllt.

Dem vom Kläger im Juni 2002 gestellten weiteren Antrag auf Altersrente wegen Vollendung des 63. Lebensjahres entsprach die Beklagte mit Bescheid vom 4. September 2002. Den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 10. Juni 2002 lehnte die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2003 ab. Bei einem Rentenbeginn zum 1. März 2002 seien in dem maßgeblichen Zehnjahreszeitraum des § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vom 1. März 1992 bis 28. Februar 2002 nur 93, statt der erforderlichen 96 Pflichtbeiträge nachgewiesen. Eine Verlängerung des Zehnjahreszeitraumes könne nur durch Anrechnungszeiten erfolgen, die innerhalb des maßgeblichen Zeitraumes lägen. Eine Verlängerung könne nicht aufgrund von außerhalb der genannten Zeiträume liegenden Anrechnungszeiten erfolgen.

Der Kläger erhob am 30. Januar 2003 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage. Eine Verlängerung des Zehnjahreszeitraumes nach § 237 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI trete auch um solche Anrechnungszeiten ein, die vor dem (eigentlichen) Zehnjahreszeitraum lägen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 25. Januar 2003, 14. Juni 2003 und 15. August 2003 mit Anlagen Bezug genommen. Dem gegenüber verteidigte die Beklagte ihre Verwaltungsentscheidung.

Nach Anhörung der Beteiligten hob das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 18. November 2003 den Bescheid vom 10. Juni 2003 und den Widerspruchsbescheid vom 2. Januar 2003 auf. Die Beklagte wurde verurteilt, dem Kläger ab 5. März 2002 Rente wegen Arbeitslosigkeit gemäß § 237 SGB VI in gesetzlichem Rahmen zu zahlen. Zur Begründung führte das Sozialgericht im Wesentlichen aus, der Zehnjahreszeitraum vom 1. März 1992 bis 28. Februar 2002, innerhalb dessen der Kläger 93 Pflichtbeiträge nachgewiesen habe, sei um die Zeiten seiner schulischen Ausbildung im Sinne von § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI zu verlängern und daran anschließende Pflichtbeiträge seien anzurechnen. Der Kläger habe damit die Voraussetzungen von 8 Jahren Pflichtbeiträgen innerhalb des verlängerten Zehnjahreszeitraumes des § 237 SGB VI erfüllt. Laut Versicherungsverlauf habe er eine Hochschulausbildung über insgesamt 55 Monate absolviert. Der Zehnjahreszeitraum nach § 237 SGB VI verlängere sich um diese Zeiten der Ausbildung. Die Auffassung der Beklagten, dass nur Anrechnungszeiten, die innerhalb des Zehnjahreszeitraumes lägen, zur Anwendung kommen könnten, finde im Gesetz keine Stütze. Die Formulierung des Gesetzgebers in § 237 SGB VI entspreche weitestgehend der Formulierung z.B. in § 43 Abs. 4 SGB VI, wonach der dort geforderte Fünfjahreszeitraum ebenfalls um Anrechnungszeiten verlängert werde. Da auch die übrigen Voraussetzungen des § 237 SGB VI erfüllt seien, habe der Kläger einen Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 5. März 2002, wie beantragt.

Gegen den ihr am 22. Dez...

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