Leitsatz (amtlich)
1. In einem Rechtsstreit, in dem die Beendigung der kassenzahnärztlichen Tätigkeit im Verhältnis zu den Ersatzkassen streitig ist, sind auch die sogenannten RVO-Kassen beschwert.
2. Seit dem 1.1.1977 kann ein Vertragszahnarzt auf seine Zulassung als Kassenzahnarzt nur dann verzichten, wenn er gleichzeitig auch auf seine Stellung als Vertragszahnarzt verzichtet. Dies gilt auch für Zahnärzte, die bereits vor dem 31.12.1976 zur Kassenpraxis zugelassen und Vertragszahnärzte waren.
Orientierungssatz
Art 2 § 6 KVWG spricht dem "kombinierten" Zahnarzt (RVO- und Ersatzkassen) nicht den Besitzstand ab und schränkt auch nicht das grundgesetzlich garantierte Berufsausübungsrecht nach Art 12 Abs 1 S 2 GG unzulässig ein.
Bei dem bis zum 31. Dezember 1976 möglichen Verzicht auf die Kassenzahnarztzulassung ohne gleichzeitige Beendigung der Tätigkeit als Vertragszahnarzt handelt es sich nicht um eine Rechtsposition, die unter dem Gesichtspunkt des Besitzstandes an dem Schutz des Art 14 Abs 1 GG teil hat; die gesetzliche Übergangsregelung des Art 2 § 6 KVWG stellt deshalb keine unzulässige Beschneidung dieses Besitzstandes dar.
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 17.01.1979) |
SG Frankfurt am Main (Beschluss vom 31.05.1978) |
Tenor
I. Auf die Berufungen werden das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 1979 sowie der Beschluß des Beklagten vom 31. Mai 1978 aufgehoben.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der 1914 geborene Beigeladene zu 2), der Kassenzahnarzt Dr. S., teilte mit Schreiben vom 7. Dezember 1977 dem RVO-Zulassungsausschuß für Zahnärzte für das Land Hessen bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hessen mit, daß er auf seine RVO-Kassenzulassung gem. § 368 a Abs. 7 der Reichsversicherungsordnung (RVO) aus Altersgründen zum 31. März 1978 verzichten wolle.
Durch Beschluß (Nr. 29/78) vom 8. März 1978 teilte der Zulassungs-Ausschuß dem Beigeladenen zu 2) mit, daß die Beendigung der Zulassung zu den gesetzlichen Krankenkassen zum 31. März 1978 nicht habe ausgesprochen werden können, da er die Voraussetzungen des § 525 c Abs. 1 RVO i.d.F. des Krankenversicherungs-Weiterentwicklungsgesetzes (KVWG) vom 28. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3871) nicht erfüllt habe. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuß im wesentlichen aus, daß Dr. S. zwar zum 31. März 1978 seine kassenzahnärztliche Tätigkeit habe beenden wollen, jedoch nicht seine Tätigkeit als Vertragszahnarzt bei dem Beigeladenen zu 3), dem Verband der Angestellten-Krankenkassen E.V. - VdAK -. Dies sei jedoch nach § 525 c Abs. 1 RVO nicht mehr möglich, denn nach der Auslegung des Gesetzestextes könne ein Zahnarzt, der zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Kassenzahnarztrechts sowohl an dem VdAK-Vertrag beteiligt als auch zu den gesetzlichen Krankenkassen zugelassen sei, seine Tätigkeit für die gesetzlichen Krankenkassen nur im Zusammenhang mit der Kündigung der VdAK-Vertragstätigkeit beenden. Die Übergangsvorschrift des Art. 2 § 6 KVWG finde für den Beigeladenen zu 2) keine Anwendung.
Gegen diesen Beschluß legte Dr. S. am 6. April 1978, die Beigeladene zu 1), die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen (künftig: KZVH) am 10. April 1978 Widerspruch ein. In den Gründen vertritt die KZVH die Auffassung, Art. 2 § 6 KVWG lege ausdrücklich fest, daß § 525 c Abs. 1 RVO auf Zahnärzte (unabhängig von ihrer Kassenzulassung), die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. Januar 1977 Vertragsärzte der Ersatzkassen waren, nicht anzuwenden sei.
Mit Beschluß vom 21. Juni 1978 gab der Berufungsausschuß den Widersprüchen statt. Die Zulassung von Dr. S. zu den gesetzlichen Krankenkassen habe durch Verzicht gem. § 368 a Abs. 7 RVO zum 31. März 1978 geendet. Der Berufungsausschuß übernahm bei seiner Entscheidung im wesentlichen die Argumente der KZVH.
Gegen diesen Beschluß erhoben der Landesverband der Ortskrankenkassen in Hessen, der Landesverband der Betriebskrankenkassen in Hessen sowie die Landwirtschaftliche Krankenkasse H.-N. am 12. bzw. 17. Juli 1978 Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main (Az.: S-5/Ka-35/78, S-5/Ka-38/78 und S-5/Ka-37/78). Die drei Klagen wurden durch Beschluß des Sozialgerichts vom 7. August 1978 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
Mit Beschluß vom gleichen Tag lud das Sozialgericht die Kassenzahnärztliche Vereinigung Hessen, den Zahnarzt Dr. S., den Verband der Angestellten-Krankenkassen, den Landesverband der Innungskrankenkassen für das Land Hessen, die Landwirtschaftliche Krankenkasse D. sowie die Krankenkasse für den Gartenbau zu dem Verfahren bei.
Unter Hinweis auf § 525 c Abs. 1 RVO i.V.m. Art. 2 § 6 KVWG legten die Kläger dar, daß ein Verzicht auf die Zulassung als RVO-Kassenzahnarzt zu einem nach dem 31. Dezember 1976 liegenden Zeitpunkt unmittelbar auch den Verlust der Berechtigung zur Teilnahme an der ärztlichen Versorgung der Ersatzkassenmitglieder als Vertragsarzt zur Folge habe. Die Überga...