Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung zur Frage des Berufsschadensausgleichs
Leitsatz (amtlich)
1) Wird die Erreichung eines Berufszieles durch geänderte Ausbildungsvorschriften unmöglich, die keinen Einfluß auf die anerkannten Schädigungsfolgen haben, dann fehlt es an der Grundvoraussetzung (dem schädigenden Einkommensverlust) für die Gewährung von Berufsschadensausgleich.
2) Beharrt ein Beschädigter trotz erfolgreicher Umschulung auf dem angestrebten Berufsziel, dann hat er das allein selbst zu vertreten.
Normenkette
BVG § 30 Abs. 3, 6
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 26.11.1970) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Main) vom 26. November 1970 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Bei dem … 1913 geborenen heimatvertriebenen Kläger sind
1) operierter Meniskusschaden des linken Kniegelenks,
2) Neigung zu Ekzemen an beiden Händen,
3) reizlose Narbe an der Stirn,
und zwar zu 1) verschlimmert, zu 2) und 3) hervorgerufen als Schädigungsfolgen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) mit einem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 60 v.H. auch unter Berücksichtigung seines Berufes als Bäcker anerkannt (Bescheid vom 17. September 1954). Anträge auf Höherbemessung der MdE wegen Verschlimmerung des Schädigungsleidens und Anerkennung des besonderen beruflichen Betroffenseins nach erfolgter Umschulung zum kaufmännischen Angestellten und wegen späteren Verlusts einer Tätigkeit als Verwaltungsangestellter bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen waren sämtlich ergebnislos (Rechtsstreit vor dem Sozialgericht Kassel, Az.: V-M-74/54 und vor dem Sozialgericht Frankfurt (Main), Az.: S-13/V-45/60). Ein im Dezember 1960 vom Kläger geltend gemachter Anspruch auf Berufsschadensausgleich führte wegen Fehlens von Erwerbsunfähigkeit zum bindend gewordenen Bescheid vom 1. März 1962.
Am 15. Dezember 1964 beantragte er beim Versorgungsamt Frankfurt (Main) erneut Berufsschadensausgleich nach dem 2. Neuordnungsgesetz (NOG) mit der Begründung, er wäre ohne die Schädigungsfolgen heute Gewerbestudienrat. Da ihm außerdem in T. eine Erbbäckerei zur Verfügung gestanden habe, sei er nebenher noch als selbständiger Handwerksmeister einzustufen. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, 1929 den Besuch der Mittelschule wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten abgebrochen und von 1932 bis 1935 das Bäckerhandwerk erlernt zu haben, in welchen er im Juli 1939 die Meisterprüfung bestanden habe. Anschließend habe er bis zur Einberufung im April 1940 nach einem einjährigen Vorstudium in K. das Berufspädagogische Institut in B. als Werkstudent besucht. Nach dem Kriege habe er wegen der Schädigungsfolgen bis 1952 ohne Erfolg versucht, wieder ständig als Bäcker zu arbeiten. Auch seine Studien habe er aus schädigungsbedingten Gründen nicht weiterbetreiben können. Seine Tätigkeit als – umgeschulter Verwaltungsangestellter habe er ebenfalls wegen der kriegsbedingten Leiden verloren. Seit 1962 könne er keiner Beschäftigung mehr nachgehen. Zum Beweise seiner Angaben legte der Kläger Zeugenbestätigungen und eine Urkunde über die Ablegung der Meisterprüfung vor.
Das Versorgungsamt holte Auskünfte und Unterlagen von den Landeswohlfahrtsverband Hessen und einen Befundbericht des praktischen Arztes Dr. K. vom Oktober 1966 ein, zu dem sich der Facharzt für Hautkrankheiten Dr. S. unter bejahender Beantwortung der ihm gestellten Frage äußerte, ob der Kläger den Beruf als Handelskaufmann aufgrund seiner Hauterkrankung ausüben könne. Nachdem es ferner Einsicht in die über den Kläger bei der LVA Hessen und bei der Bundesdruckerei vorhandenen Personalakten genommen hatte, lehnte das Versorgungsamt den Antrag mit Bescheid vom 23. August 1967 ab. Die anerkannten Schädigungsfolgen hinderten den Kläger nicht, seinen erlernten oder den Beruf auszuüben, für den er umgeschult worden sei. Ein Antrag auf Umschulung in den Beruf als Gewerbelehrer sei vom Landeswohlfahrtsverband abgelehnt worden, weil die persönlichen Voraussetzungen nicht vorlägen. Ein schädigungsbedingter Einkommensverlust liegt somit nicht vor.
Das Widerspruchsverfahren blieb erfolglos. Durch Widerspruchsbescheid vom 19. Februar 1968 wurde der angefochtene Bescheid mit der zusätzlichen Begründung bestätigt, die Vereitlung des angestrebten Berufsziels Gewerbelehrer beruhe auf der Vertreibung, fehlenden finanziellen Mitteln und geänderten Ausbildungsvoraussetzungen nach dem Kriege. Berufsschadensausgleich stehe deshalb insoweit nicht zu. Der vor der Schädigung ausgeübte Beruf des Bäckermeisters begründe diesen Anspruch ebenfalls nicht, da durch die berufsfördernden Maßnahmen eine gleichwertige Stellung erlangt worden wäre, wenn der Kläger nicht durch persönliche Gründe eine entsprechende Unterbringung verhindert hätte.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Main) hat der Kläger das bestritten und überdies beantragt, den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. als medizinischen Sa...