Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsarzt. Radiologe. Begründung. Honorarbescheid. Honorarverteilungsmaßstab. Herstellen des Benehmens. rückwirkende Änderung von Vorschriften. gleichmäßige Honorierung. angemessene Vergütung. Budgetierung. Behandlungsfall. arztgruppenbezogenes Kontingent. überweisungsgebundene Leistung. Übernahme der EBM-Wippe. Honorarverteilungsgerechtigkeit. Erweiterte Honorarverteilung. gerichtliche Überprüfung. Verwaltungsausgaben einer KÄV

 

Orientierungssatz

1. Es liegt kein Verstoß gegen das Begründungserfordernis nach § 35 SGB 10 vor, wenn dass das Rechenwerk im Rahmen eines Honorarbescheides als solches für den Vertragsarzt möglicherweise nicht in vollem Umfang und ohne fremde Hilfe nachvollziehbar und überprüfbar ist.

2. Grundsätzlich macht das Herstellen des Benehmens erforderlich, dass die Verbände der Krankenkassen vor der Beschlussfassung über den Honorarverteilungsmaßstab (HVM) zu diesem Stellung nehmen und eventuell vorgebrachte Bedenken in die Entscheidungsfindung Eingang finden können; zulässig ist jedoch auch ein "nachgeholtes" Herstellen des Benehmens (vgl zB BSG vom 7.2.1996 - 6 RKa 68/94 = BSGE 77, 288 = SozR 3-2500 § 85 Nr 11).

3. Auch für den HVM als Satzungsrecht gilt grundsätzlich das Verbot einer rückwirkenden Änderung von Vorschriften, jedoch gilt dies nur in dem Maße, in dem dies nach der Funktion des HVM tatsächlich geboten ist.

4. Der Vorschrift des § 85 Abs 4 S 3 SGB 5 kann nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen der Vertragsärzte müssten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, das heißt mit einem für alle Leistungen und alle Vertragsärzte einheitlichen Punktwert honoriert werden.

5. Die Angemessenheit der Vergütung ist zwar ein wichtiger Maßstab und Regelungsfaktor; der einzelne Vertragsarzt kann hieraus jedoch kein subjektives Recht herleiten.

6. Die Gesamtverantwortung für die sozialen Sicherungssysteme lässt erkennen, dass auch der Faktor des Beitragssatzes ein Kriterium des sozialen Sicherungssystems ist. Damit kann aus Art 12 Abs 1 GG noch aus den Vorschriften des SGB 5 der Anspruch eines einzelnen Arztes auf ein "angemessenes Honorar" oder in abgeschwächter Form auf einen festen Punktwert hergeleitet werden.

7. Die Angemessenheit bzw fehlende Angemessenheit der vertragsärztlichen Vergütung kann nur geltend gemacht werden, wenn das vertragsärztliche Versorgungssystem als Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa einer Facharztgruppe, so beeinträchtigt ist, dass auch die berufliche Existenz der in dem Versorgungssystem beteiligten Vertragsärzte gefährdet ist (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 8/99 R = ZfS 2000, 141).

8. Die Vorschrift des § 87 Abs 2a SGB 5 enthält eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage für die Budgetierungsregelungen des EBM.

9. Es ist nicht zu beanstanden, das der Begriff des Behandlungsfalles für ein Quartal als entscheidend angesehen wird und nicht der konkrete Leistungsfall, mit der Folge, dass ggf mit dem Begriff des Behandlungsfalles mehrere Untersuchungen in einem Quartal ohne weitere Abrechnungsmöglichkeit verbunden sein können.

10. Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind berechtigt, die Honorarverteilung nach festen, arztgruppenbezogenen Kontingenten vorzunehmen wie auch gesonderte Vergütungskontingente für bestimmte Leistungen zu bilden (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R = BSGE 86, 16 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23).

11. Die Möglichkeit der Mengenbegrenzung durch die Bildung von Honorartöpfen ist auch bei überweisungsgebundenen Leistungen zulässig, wie dies für die Radiologen gilt.

12. Eine Übernahme der "EBM-Wippe" in einem HVM ist rechtens, da diese eine zulässige Abstaffelungsregelung auch für - auf Überweisung hin tätige - Arztpraxen regelt, die nicht in die Praxisbudget-Regelung des EBM einbezogen sind.

13. Aus dem Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit anderen Arztgruppen in dem Sinne abzuleiten, dass ein Arzt aus einer vertragsärztlichen Tätigkeit, die mit vollem persönlichen Einsatz in einer voll ausgelasteten und in vollem Umfang betriebswirtschaftlich optimal geführten Praxis ausgeübt wird, die Chance haben muss, einen Praxisüberschuss aus vertragsärztlicher Tätigkeit in der Größenordnung zu erzielen, wie diesen die Praxen anderer vergleichbarer Arztgruppen durch entsprechende Tätigkeit durchschnittlich erreicht haben bzw erreichen.

14. Soweit von der zur Verteilung zu bringenden Gesamtvergütung ein Abzug für die erweiterte Honorarverteilung - EHV - in Höhe von 5 vH erfolgt, ist dies rechtmäßig.

15. Der einzelne Arzt hat keinen Anspruch darauf, eigenständig eine gerichtliche Überprüfung der Verwaltungsausgaben einer Kassenärztlichen Vereinigung durchzusetzen.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 09.12.2004; Aktenzeichen B 6 KA 38/03 R)

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Höhe des Honorars für die Quartale III/97 und II/98 und dabei insbesondere um die Frage der Teilquotierung nach Leitzahl (LZ) 702 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (HVM).

Die Kläger sind in...

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