Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeldrecht. Einkommensermittlung. selbstständige Erwerbstätigkeit. Bezugseinkommen. Berücksichtigung der sich auf den Bezugszeitraum erstreckenden Steuervorauszahlungen. rechnerische Verteilung auf die Bezugsmonate. keine Zwölftelung des folgenden Veranlagungszeitraums. Zuordnung der Steuervorauszahlungen zum allein selbstständigen Ehepartner
Orientierungssatz
1. § 2 Abs 8 S 4 BEEG in der Fassung vom 5.12.2006 regelt (lediglich), dass im Falle einer Steuervorauszahlung der auf die Einnahmen entfallende monatliche Anteil der Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer zu berücksichtigen ist. Die Regelung gebietet gerade nicht (wie § 2 Abs 9 S 1 BEEG Fassung vom 5.12.2006 für die Einkommensermittlung im Bemessungszeitraum) das Abstellen auf den steuerlichen Veranlagungszeitraum.
2. Deshalb sind bei der Ermittlung des Bezugseinkommens diejenigen Steuervorauszahlungen zu berücksichtigen, die sich auch auf die Zeiträume des Elterngeldbezugs erstrecken.
3. Erzielt nur ein Ehepartner im Bezugszeitraum ein Einkommen aus selbstständiger Arbeit, werden diesem die gesamten Steuervorauszahlungen allein zugeordnet.
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. September 2014 wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte hat der Klägerin deren notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des für die Zeit vom 20. August 2012 bis 19. August 2013 zu zahlenden Elterngeldes nach den Vorschriften des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) streitig. Dabei ist insbesondere streitig, in welcher Höhe Steuervorauszahlungen im Bezugszeitraum einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Die 1977 geborene Klägerin, selbstständige Rechtsanwältin, und ihr 1972 geborener Ehemann, B. A., sind Eltern des 2012 geborenen zweiten Kindes C. (das erste Kind D. ist 2008 geboren). Sie stellten am 7. September 2012 Antrag auf Elterngeld und bestimmten für die Klägerin als Bezugszeitraum den 1. bis 12. Lebensmonat des Kindes. Die Klägerin gab ergänzend an, ihre selbstständige Erwerbstätigkeit während der Betreuung des Kindes auf nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich zu beschränken. Darüber hinaus legte die Klägerin die Steuerbescheide für 2010 und 2011, die auch Festsetzungen zu Steuervorauszahlungen enthalten, sowie Beitragsbescheide des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Hessen vom 1. Februar 2011 und 28. Dezember 2011 vor.
Durch Bescheid vom 26. September 2012 bewilligte der Beklagte der Klägerin Elterngeld für die beantragten Lebensmonate und damit für den Zeitraum vom 20. August 2012 bis 19. August 2013 in Höhe des Sockelbetrages von 300,00 € monatlich. Dabei berücksichtigte der Beklagte als Bemessungszeitraum das Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes 2011 und führte zur Höhe aus, das der Klägerin zustehende Elterngeld belaufe sich angesichts eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens im Bemessungszeitraum von 1.427,88 € und eines darüber hinausgehenden durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens aus Teilzeittätigkeit im Bezugszeitraum von 1.505,55 € auf den Sockelbetrag von 300,00 €. Im Bescheid wies der Beklagte ergänzend darauf hin, dass die Zahlung vorläufig und unter dem Vorbehalt der Rückforderung erfolge. Eine endgültige Feststellung sei erst nach Vorlage einer monatlichen Aufstellung der Einnahmen/Ausgaben für die Monate August 2012 bis August 2013 möglich.
Im weiteren Verlauf legte die Klägerin eine Einnahme-Überschussrechnung vom 21. August 2013 für die Zeit vom 20. August 2012 bis 19. August 2013, ergänzende Einnahmen-Überschussrechnungen vom 13. September 2013 und 14. Oktober 2013 für den vorgenannten Zeitraum mit Spezifizierung nach Kalendermonaten, einen Beitragsbescheid des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in Hessen vom 11. Dezember 2012 sowie den Steuerbescheid für 2012 vor.
Nach Auswertung dieser Unterlagen stellte der Beklagte durch Bescheid vom 18. Oktober 2013 das der Klägerin zustehende Elterngeld endgültig fest. Nunmehr gelangte der Beklagte zu einem monatlichen Zahlbetrag von 336,80 € unter Berücksichtigung eines durchschnittlichen monatlichen Nettoerwerbseinkommens aus Teilzeittätigkeit im Bezugszeitraum in Höhe von lediglich noch 909,73 € (65 % des Differenzbetrages von 518,15 €). Hieraus ergab sich ein Nachzahlungsbetrag von 441,60 €.
Die Klägerin erhob Widerspruch am 30. Oktober 2013 und beanstandete, der Beklagte habe unzutreffend für (die nur teilweise zu berücksichtigenden Monate) August 2012 und August 2013 jeweils den Überschuss des gesamten Monats als Einkommen aus selbstständiger Arbeit bei der Errechnung der auf den Anteil des Monats entfallenden Quote zu Grunde gelegt. Dies widerspreche dem von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelten strengen Zuflussprinzip. Zudem seien die Abzüge für Steuern falsch berechnet worden. Der Beklagte habe zwar die in den Einnahmen-Überschussrec...