Entscheidung zur Frage Berufsschadensausgleich.

 

Leitsatz (amtlich)

1. Berufsfördernde Maßnahmen schließen einen Berufsschadensausgleich aus, wenn sie erfolgreich verlaufen sind.

2. Eine berufsfördernde Eigeninitiative steht im Falle des Erfolges behördlichen Maßnahmen gleich.

3. Die Erteilung eines Beamtenscheines nach dem RVG stellt einen Ausgleich des beruflichen Schadens dar.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Urteil vom 03.02.1970)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 3. Februar 1970 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der am … 1892 geborene Kläger erhielt durch Umanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 4. Juni 1952 wegen

„Hochgradiger Versteifung im linken Ellenbogengelenk und li. Handgelenk mit teilweiser Lähmung und erheblicher Schwäche der linken Hand”

als Schädigungsfolgen, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen während des ersten Weltkrieges, Versorgungsrente nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H.. Das Vorliegen eines besonderen Betroffenseins im Beruf wurde mit Bescheid vom 25. April 1953 verneint. Durch Neufeststellungsbescheid vom 21. Oktober 1965, der die MdE ab 1. Januar 1964 auf 70 v.H. festsetzte, wurden die Gesundheitsstörungen mit

„Hochgradiger Bewegungseinschränkung im linken Ellenbogengelenk mit Arthrose und freien Gelenkkörpern. Versteifung der Unterarmdrehgelenke links in ungünstiger Stellung, Lähmung des linken Ellennerven mit Bewegungs- und Handgefühlsausfällen”

bezeichnet. Eine Höherbewertung nach § 30 Abs. 2 BVG erfolgte nicht, da der Kläger nicht mehr berufstätig sei und das 65. Lebensjahr vollendet habe.

Am 11. März 1964 beantragte er beim Versorgungsamts Fulda Berufsschadensausgleich. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, nach Besuch der Volksschule an 1906 bis 1909 Schreiner gelernt und die Gesellenprüfung abgelegt zu haben. Anschließend sei er in seinem Beruf unselbständig tätig, von 1911 bis 1914 dagegen an seinem Wohnort selbständiger Schreiner gewesen. Nach Entlassung aus dem Heer im März 1916 habe er in der Landwirtschaft seines Bruders gearbeitet, 1923 in eine 2 ha große Landwirtschaft eingeheiratet, ein kleines Lebensmittelgeschäft angefangen und bis Februar 1944 nebenher noch leichte Schreinerarbeiten ausgeführt. Nach der von ihm eingereichten Bescheinigung der Kreishandwerkerschaft F. vom 6. Juli 1965 war er vom 1. April 1930 bis 1. Februar 1944 als selbständiger Schreiner in die Handwerkerrolle eingetragen. Aus den Akten ist zu entnehmen, daß er zusammen mit seiner Ehefrau den landwirtschaftlichen Besitz von 3 ha und das im eigenen Hause betriebene Kolonialwarengeschäft ab 1. März 1953 dem gemeinsamen Sohn gegen Gewährung freien Wohnrechts übergeben hat. Anschließend hat er Ausgleichsrente mit der Begründung beantragt, er verfüge außer der Versorgungsgrundrente über kein weiteres Einkommen mehr. Das Finanzamt Fulda hat am 8. Juni 1953 ein steuerpflichtiges Einkommen für 1950 und 1951 von 2.545,– DM und 2.735,– DM bescheinigt.

Mit Bescheid vom 27. Mai 1966 lehnte das Versorgungsamt den Antrag auf Berufsschadensausgleich mit der Begründung ab, der Kläger sei beruflich nicht besonders betroffen und habe außerdem im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. Neuordnungsgesetzes (NOG) das 65. Lebensjahr schon vollendet gehabt. Im Anschluß an die Schädigung sei er als Landwirt und Lebensmitteleinzelhändler tätig gewesen. Nach der Übergabe des landwirtschaftlichen Besitzes und des Geschäftes erhalte er vertraglich vereinbarte Leistungen, die ihm auch ohne Schädigung entsprechend zugestanden hätten. Ein schädigungsbedingter Einkommensverlust liege somit nicht vor.

Im Widerspruchsverfahren führte der Kläger aus, wegen seiner Schädigungsfolgen habe er weder seinen erlernten Beruf ausüben noch ein anderes berufliches Fortkommen finden können. Er habe nur gearbeitet, soweit er körperlich in der Lage gewesen sei. Dementsprechend niedrig sei sein Verdienst aus Landwirtschaft und Einzelhandel gewesen, der es nicht einmal gestattet habe, Rentenversicherungsbeiträge zu leisten. Deshalb sei zumindest zu prüfen, welche Rente er bei weiterer Ausübung seines erlernten Berufes hätte beziehen können.

Durch Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 1966 wurde der angefochtene Bescheid bestätigt, da nicht bewiesen sei, daß er als Kaufmann und Landwirt ein jetzt noch fortwirkendes Mindereinkommen gegenüber der Tätigkeit als selbständiger Schreiner gehabt habe.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat der Kläger Berufsschadensausgleich unter Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) begehrt und erneut darauf hingewiesen, daß er ohne die Schädigungsfolgen als selbständiger Schreiner ein Vielfaches seines tatsächlichen Einkommens erzielt haben würde.

Mit Urteil vom 3. Februar 1970 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, es sei nicht feststellbar gewesen, ...

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