Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Klage auf Aufhebung eines Beschlusses der Hessischen Schiedsstelle. Vereinbarung über betriebsnotwendige Investitionsaufwendung pro Pflegetag für ein Pflegeheim. fehlende Zustimmung des Sozialhilfeträgers
Orientierungssatz
1. Die nach §§ 80, 81 SGB 12 zu bildenden Schiedsstellen stellen Behörden iS von § 1 Abs 2 SGB 10 dar, die hoheitliche Maßnahmen treffen. Ein Beschluss einer Schiedsstelle zur Festlegung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen pro Pflegetag für ein Seniorenhaus ist ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB 10.
2. Der Beschluss der Hessischen Schiedsstelle zur Festlegung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen pro Pflegetag ist aufzuheben, wenn bei der getroffenen Entscheidung das in § 76 Abs 2 S 4 SGB 12 geregelte Erfordernis der Zustimmung des Sozialhilfeträgers nicht beachtet wurde.
Nachgehend
Tenor
I. Der Beschluss der Hessischen Schiedsstelle gemäß § 80 SGB XII vom 16. Juni 2010 (Az. 18 c 05 - 03/10) wird aufgehoben. Die Streitsache wird an die Schiedsstelle zur erneuten Entscheidung - unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - zurückverwiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte und Widerklägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits (Klage und Widerklage).
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 6.269,59 Euro für die Klage und auf 6.973,00 Euro für die Widerklage festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Aufhebung eines Schiedsspruchs der Hessischen Schiedsstelle gem. § 80 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zur Festlegung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen pro Pflegetag für das von der Beklagten als Trägerin betriebene Seniorenhaus A. in A-Stadt.
Das “Seniorenhaus A.„ wird von der Beklagten und Widerklägerin (künftig: Beklagte) als Trägerin seit 1993 betrieben. Es wurden zunächst 29 Heimplätze vorgehalten, davon vier Plätze Kurzzeitpflege und 25 Plätze vollstationäre Dauerpflege. Der zuletzt im Oktober 2002 zwischen dem Kläger bzw. Widerbeklagten (künftig: Kläger) und der Beklagten verhandelte Investitionsbetrag lautet auf 15,90 €. Da das ursprüngliche Raumangebot des Heimes nach Einschätzung der Beklagten unzureichend war, hat diese im April 2006 mit der Errichtung eines Erweiterungsbaus begonnen, der im März 2007 fertig gestellt werden konnte. Dabei wurden im Zuge der Erweiterung und der Anbindung des Anbaus an das bestehende Gebäude auch an diesem Bauteile abgerissen und die Grundrisse sowie die Nutzung der Räume verändert. Das Seniorenhaus A. wurde von ursprünglich 29 auf 64 Plätze erweitert, wobei 57 Plätze für die Dauerpflege und 7 Plätze für die Kurzzeitpflege genutzt werden.
Der Kläger lehnte zunächst die Aufnahme von Verhandlungen im Hinblick auf eine Erhöhung des Investitionsbetrages ab, da er der Erweiterung des Seniorenhauses A. vor Beginn der Maßnahme nicht zugestimmt habe. Vielmehr habe er erstmals durch die Einladung zur Grundsteinlegung am 6. April 2006 von der Erweiterung der Einrichtung erfahren. Erst nach dem Abschluss eines neuen Versorgungsvertrages und einer neuen Pflegesatzvereinbarung erklärte sich der Kläger - nach eigenen Angaben, um der Beklagten entgegenzukommen - bereit, auch über die Investitionskosten zu sprechen. Dabei wies er bereits in einem Schreiben vom 3. März 2008, mit dem zahlreiche Unterlagen angefordert wurden, darauf hin, dass mit der Anforderung der Unterlagen und evtl. folgender Verhandlungen eine Zustimmung zu den getätigten Investitionen im Sinne des § 76 Abs. 2 SGB XII ausdrücklich nicht verbunden sei. Mit Schreiben vom 16. September 2008 bot er der Beklagten in der Folgezeit einen Investitionsbetrag von 19,08 € für die Kurzzeitpflege sowie einen Betrag in Höhe von 16,55 € für die Dauerpflege an. Dabei habe man bei der Kalkulation den Mietpreis für das Gebäude bei einer angenommenen Nutzfläche von 43 m2 pro Platz einheitlich auf 8,71 € pro Quadratmeter angesetzt. Ausgangsbasis für das Angebot sei eine Vergleichsberechnung, in der man für die 28 neu errichteten Plätze die Empfehlungen der X. AG Investitionskosten und für die vorhandenen 29 Plätze die in 2002 vereinbarten Kosten berücksichtigt habe. Die von der Beklagten vorgelegte Vergleichsberechnung vom 9. September 2008 lehne man ab, da sie von falschen Annahmen ausgehe. Die von der Beklagten zu Grunde gelegte neue Empfehlung der X. AG Investitionskosten komme nur für Einrichtungen in Betracht, die nach dem 22. April 2008 errichtet worden seien. Der Erweiterungsbau des Seniorenhauses A. sei aber bereits in 2006 ohne vorherige Abstimmung mit dem Kläger errichtetet und in 2007 eröffnet worden. Zum externen Vergleich für die Dauerpflege benannte der Kläger dabei vier Einrichtungen im Y-Kreis, die nach dem 31. Dezember 2004 eröffnet wurden und die eine Nettonutzfläche von mehr als 45 m2 vorhielten.
Mit Schreiben vom 25. September 2008 nahm die Beklagte das Angebot des Klägers zur Vereinbarung eines pflegetägl...