Entscheidungsstichwort (Thema)

Kostenerstattung für das Arzneimittel Enbrel. Nicht-steroidale Antirheumatika. Methrotrexat-Therapie. Kostenerstattungsanspruch. Sachleistungsanspruch. Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Bagatellarzneimittel. Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung. Präparatübersicht. Ärztliche Verordnung. Wirtschaftlichkeit der Versorgung. Qualitätssicherung. Arzneimittelrechtliche Zulassung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Vorliegen der arzneimittelrechtlichen Zulassung ist davon auszugehen, dass zugleich die Mindeststandards einer wirtschaftlichen und zweckmäßigen Arzneimittelversorgung im Sinn des Krankenversicherungsrechts erfüllt sind. Es besteht dann ein Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel, sofern die übrigen Voraussetzungen für die Leistungsgewährung erfüllt sind.

 

Normenkette

SGB V § 13 Abs. 2, § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3, § 31 Abs. 1 S. 1, § 34 Abs. 3-4, § 72 Abs. 2 Nr. 7, § 12 Abs. 1, § 2 Abs. 1, § 92 Abs. 1; AMG § 21 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten nunmehr noch über die Kostenerstattung für das Arzneimittel Enbrel in der Zeit vom 3. Februar 2000 bis 5. Februar 2002.

Die 1940 geborene Klägerin ist über ihren freiwillig versicherten Ehemann mit dem Recht auf Kostenerstattung nach § 13 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) familienversichert. Sie leidet an einer schweren, progredienten seronegativen rheumatoiden Arthritis. Sie wurde über Jahre hinweg mit nicht-steroidalen Antirheumatika behandelt. Seit dem 29. Januar 1999 stand die Klägerin in Behandlung bei dem seinerzeit zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt gewesenen Prof. Dr. K., Leiter des Bereichs für Rheumatologie und Zentrum der Inneren Medizin der J-Universität B-Stadt. Dieser behandelte die Klägerin zunächst ab 15. Februar 1999 mit dem Basistherapeutikum Methrotrexat. Die chronische Progredienz des Krankheitsbildes mit zunehmendem Funktionsverlust konnte durch die Therapie nicht signifikant beeinflusst werden. Auch eine Dosissteigerung unter Hinzufügung von Folsäure habe den chronisch progredienten Krankheitsverlauf nicht beeinflusst; ebenso wenig wie Rehabilitationsmaßnahmen. Professor Dr. K. riet der Klägerin nach sieben Monaten die Methrotrexat-Behandlung wegen Erfolglosigkeit abzubrechen. Wegen des drohenden Funktionsverlustes und der starken, gegenwärtigen Schmerzentwicklung erscheine es notwendig, ein hochwirksames Medikament zum Einsatz zu bringen. Aus diesem Grunde empfahl er die Anwendung von Enbrel. Der unter dem Handelsnamen Enbrel vertriebene Wirkstoff Etanercept ist seit dem 2. November 1998 in den USA und seit dem 3. Februar 2000 in Deutschland u. a. zugelassen für die Behandlung der aktiven rheumatoiden Arthritis bei Erwachsenen, wenn das Ansprechen auf Basistherapeutika einschließlich Methrotrexat unzureichend ist.

Die Beklagte beauftragte zunächst den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) mit der Erstellung eines sozialmedizinischen Gutachtens. Dr. S. kam in seinem Gutachten vom 29. September 1999 zu der Beurteilung, nach aktuellem Informationsstand seien die Möglichkeiten der etablierten Basistherapien, die in der vertragsärztlichen Versorgung möglich seien, durchaus nicht ausgeschöpft. Hieraufhin lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für das Medikament Enbrel durch Bescheid vom 1. November 1999 ab. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch, den die Klägerin u. a. mit einer ärztlichen Bescheinigung von Prof. Dr. K. vom 21. Oktober 1999 begründete, beauftragte die Beklagte erneut den MDK mit der Erstellung eines Gutachtens. Nachdem Dr. C. das Gutachten unter dem 3. Dezember 1999 erstattete, wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 19. April 2000 zurück.

Auf die hiergegen am 22. Mai 2000 vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhobene Klage hat das Sozialgericht Befundberichte eingeholt. Professor Dr. K. führt in seinem Bericht vom 18. Oktober 2000 aus, dass der Patientin Enbrel empfohlen worden sei, da auf Methrotrexat in Kombination mit niedrig dosierter Steroid- und NSAR-Therapie die Progredienz des Krankheitsbildes nicht aufgehalten werden konnte. Die formale Einführung alternativer DMAR sei unter diesen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht aussichtsreicher gewesen, sondern hätte die vermehrte Gefahr eines raschen Fortschreitens des Gelenkdestruktionsprozesses mit sich gebracht. Aus formalen Gründen hätte die Klägerin nach Versagen der Methrotrexat-Therapie noch ein weiteres DMARD erhalten müssen, bevor nach den Richtlinien der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie eine Indikation für Enbrel bestanden habe. Dem habe indessen gegenübergestanden, dass die Patientin vor Einleitung der Methrotrexat-Therapie mehrfach rheuma-chirurgische Eingriffe erhalten habe, die den bereits zu diesem Zeitpunkt bestehenden Schweregrad dokumentiert hätten. Der therapeutische Erfolg von Enbrel habe auch retrospektiv den Einsatz dieser Substanz gerechtfertigt.

Nachdem die Bekl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge