Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. Kind. Wohnsitz. Aufenthalt. Ausland. Sozialstaatsprinzip. Rechtsstaatprinzip
Leitsatz (amtlich)
Die Versagung von Kindergeld für Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) haben (§ 2 Abs. 5 Satz 1 BKGG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung des BKGG vom 14. November 1978 – BGBl. I S. 1757), verstößt nicht gegen das Grundgesetz.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, 3, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, 3; BKGG § 2 Abs. 5 vom 14. November 1978 (BGBl.I S. 1757)
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 12.12.1979; Aktenzeichen S-14/Kg-45/79) |
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 1979 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Kindergeld in voller Höhe für die Zeit ab März 1979.
Er ist spanischer Staatsangehöriger und hält sich nach einem am 20. Februar 1964 erfolgten Grenzübertritt seit dem 3. März 1964, abgesehen von einem Heimataufenthalt im Jahre 1970 (polizeiliche Abmeldung nach Spanien am 22. Juli 1970 für die Zeit ab 16. Juli 1970; erneute Einreise am 28. Oktober 1970), ununterbrochen rechtmäßig in H. auf. Für zwei seiner fünf Kinder – Sohn R., geb. am 12. August 1963, und Tochter O., geb. am 11. September 1965 –, die sich seit ihrer Geburt in Spanien aufhalten, erhält er Kindergeld in der nach Art. 40 Abs. 1 Nr. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat über Soziale Sicherheit vom 4. Dezember 1973 (BGBl. 1977 II S. 687) vorgesehenen Höhe.
Am 9. Mai 1979 beantragte er unter Hinweis auf die nunmehr über 15-jährige Dauer seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland die Gewährung des vollen Kindergeldes in der in § 10 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) festgesetzten Höhe. Mit Bescheid vom 17. Mai 1979 lehnte die Beklagte diesen Antrag ab mit der Begründung, gemäß § 2 Abs. 5 BKGG in der Fassung des Art. 1 Nr. 1 des Achten Gesetzes zur Änderung des BKGG vom 14. November 1978 (BGBl. I S. 1757) bestehe kein Anspruch auf Kindergeld für Kinder, die weder einen Vohnsitz noch den gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des BKGG haben. Auch die Übergangsregelung des Art. 2 des Achten Gesetzes zur Änderung des BKGG vom 14. November 1978 finde keine Anwendung, da der Kläger nicht bereits im Dezember 1978 die Voraussetzungen des § 2 Abs. 5 BKGG alter Fassung – a.F. – (15-jähriger Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt im Bundesgebiet einschließlich B.) erfüllt habe. Der Widerspruch des Klägers, mit dem dieser im wesentlichen geltend machte, daß ihm, wenn er in der Bundesrepublik Deutschland schon die gleichen Steuern wie ein Deutscher zahlen müsse, auch ein gleicher Anspruch auf Sozialleistungen zustehen müsse, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 1979, zugestellt am 2. Oktober 1979, als unbegründet zurückgewiesen. Am 5. Oktober 1979 hat der Kläger beim Sozialgericht Frankfurt am Main schriftlich Klage erhoben und dabei an seiner Auffassung festgehalten, daß die gesetzliche Neuregelung eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung von Ausländern darstelle. Die Beklagte hat demgegenüber auf die Begründung ihrer Bescheide verwiesen.
Mit Urteil vom 12. Dezember 1979 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Klage abgewiesen. Es ist dabei davon ausgegangen, daß die Beklagte die Vorschriften des BKGG in ihrer gesetzlichen Neufassung zutreffend angewandt habe und gegen diese Vorschriften auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. § 2 Abs. 5 BKGG neuer Fassung – n.F. – differenziere nicht, wie der Kläger annehme, zwischen Deutschen und Ausländern, sondern generell nach dem Aufenthalt der begünstigten Kinder. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) werde hierdurch nicht verletzt; es bedeute keine grundgesetzwidrige unsachliche Differenzierung, wenn Eltern, deren Kinder ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb des BKGG haben, hinsichtlich der Kindergeldberechtigung anders behandelt werden als Eltern, deren Kinder innerhalb des Geltungsbereichs des BKGG leben. Aus dem Ziel des Kindergeldes, einen Familienlastenausgleich zu schaffen, sei zu folgern, daß der maßgebliche Gesichtspunkt nicht eine Entlastung des Unterhaltspflichtigen sei, sondern daß die Familie begünstigt werden solle, in der das Kind dauernd lebe. Darüber hinaus stelle auch das Territorialitätsprinzip, das der gesetzlichen Neuregelung des § 2 Abs. 5 BKGG zugrunde gelegt worden sei, eine Differenzierung dar, die nicht sachfremden Erwägungen entspringe. Es sei zu beachten, daß der Gesetzgeber im Rahmen der gewährenden Staatsverwaltung eine weitergehende Gestaltungsfreiheit besitze als in der Eingriffsverwaltung. § 2 Abs. 5 BKGG verletze auch nicht das Grundrecht des Art. 6 Abs. 1 GG, da diese Grundrechtsnorm der. Gesetzgeber nicht zwinge, jede die Familie treffende ...