Entscheidungsstichwort (Thema)
Kriegsopferversorgung. Versorgungsanspruch gegen anderen Staat (Jugoslawien). Ausschluß der Versorgung. Verfassungsmäßigkeit
Orientierungssatz
1. Durch die Vorschrift des § 7 Abs 2 BVG sollen nicht nur der Höhe nach Doppelleistungen verhindert werden, sondern sämtliche Ansprüche nach dem BVG dem Grunde nach allein wegen der Zugehörigkeit zum Kriegsopferversorgungssystem eines anderen Staates ausgeschlossen sein. Diese Zugehörigkeit wird durch jeden durch Kriegsschäden begründeten Anspruch gegen diesen Staat dokumentiert. Dabei kommt es weder auf die Höhe und die Ausgestaltung im einzelnen an, noch darauf, ob sich ein solcher Anspruch im Einzelfall verwirklichen läßt oder nicht. Maßgeblich ist für den in § 7 Abs 2 BVG geregelten Ausschluß von Ansprüchen nach deutschem Versorgungsrecht allein, daß das ausländische Versorgungsrecht dem ausländischen Staatsangehörigen einen Anspruch aus gleicher Ursache eröffne (vgl BSG vom 25.11.1976 - 9 RV 188/75 = SozR 3100 § 7 Nr 2; BSG vom 20.5.1992 - 9a RV 11/91 = SozR 3-3100 § 7 Nr 1; BSG vom 20.5.1992 - 9a RV 12/91 = SozR 3-3100 § 7 Nr 2; BSG vom 10.8.1993 - 9/9a RV 39/92 = SozR 3-3100 § 7 Nr 3).
2. Der vollständige Ausschluß von deutschen Versorgungsleistungen ist auch bei geringeren Versorgungsleistungen eines anderen Staates mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar, soweit dadurch die Gleichbehandlung der Kriegsopfer mit gleicher Staatsangehörigkeit und gleichem Wohnsitz ermöglicht werde (vgl BSG vom 10.8.1993 - 9/9a RV 39/92 = SozR 3-3100 § 7 Nr 3).
3. Kriegsopfer, die nach § 7 Abs 2 BVG aus dem berechtigten Personenkreis herausgenommen sind, können nicht über § 8 S 1 BVG wieder in den begünstigten Personenkreis einbezogen werden. Eine solche Auslegung würde dem erkennbaren Sinnzusammenhang zwischen dem § 7 und dem § 8 BVG widersprechen.
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 29.02.1996; Aktenzeichen S-11/V-3510/94) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 29. Februar 1996 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt als außerhalb der Bundesrepublik Deutschland lebender Ausländer und ziviles Kriegsopfer des Zweiten Weltkrieges Beschädigtenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1945 geborene Kläger lebt als jugoslawischer Staatsangehöriger in Serbien, der früheren Teilrepublik der ehemaligen Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Im Oktober 1992 stellte der Kläger bei dem Beklagten den Antrag auf Gewährung einer Beschädigtenversorgung nach dem BVG und gab an, er sei am 15. Oktober 1961 durch zurückgebliebenes Kriegsmaterial beschädigt worden und habe dabei seine rechte Hand verloren sowie schwere Verletzungen am linken Bein erlitten. In seinem Heimatstaat sei er als ziviles Kriegsopfer mit einem Grad der Invalidität von 70 % anerkannt und erhalte aus diesem Grunde eine Rente.
Mit Bescheid vom 11. November 1992 lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung einer Kriegsopferversorgung mit der Begründung ab, der Kläger gehöre nicht zu dem berechtigten Personenkreis, da die von ihm behauptete Schädigung durch unmittelbare Kriegseinwirkung sich weder in Deutschland noch in einem zur Zeit der Schädigung von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebiet ereignet habe. Eine Einbeziehung in eine Versorgung über § 8 BVG könne nicht erfolgen, da es daher sowohl an der Wohnsitz- als auch an der Schädigungsvoraussetzung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG fehle.
Am 5. September 1994 ging die "Klage" des Klägers bei dem Beklagten ein, mit der sich der Kläger gegen den ablehnenden Bescheid vom 11. November 1992 wandte. Zur Begründung gab der Kläger an, die Deutsche Wehrmacht habe während des Zweiten Weltkrieges den Staat Jugoslawien okkupiert und eine große Menge Explosionsmaterial überall in allen Teilen Jugoslawiens zurückgelassen, die später durch Berührung seitens unschuldiger Leute explodiert seien und diese unschuldigen Leute für das ganze Leben verunstaltet hätten. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 1994 wies der Beklagte die als Widerspruch ausgelegte Klage des Klägers zurück mit der Begründung, der Widerspruch sei unzulässig, da er nicht innerhalb der zu beachtenden Widerspruchsfrist eingelegt worden sei. Wiedereinsetzungsgründe seien nicht ersichtlich. Zudem hätte auch bei Einhaltung der Widerspruchsfrist dem Widerspruch nicht abgeholfen werden können, da, wie im angefochtenen Bescheid zutreffend festgestellt wurde, die Grundvoraussetzungen für die Gewährung einer Versorgung nicht erfüllt seien.
Die Klageschrift des Klägers leitete der Beklagte an das Sozialgericht Frankfurt am Main weiter, wo sie am 6. Oktober 1994 eingegangen ist.
Das Sozialgericht Frankfurt am Main hat einen Zahlungsbeleg über die serbische Invalidenrente des Klägers für den Monat November 1994 zum Verfahren beig...