Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs auf Rente wegen voller Erwerbsminderung
Orientierungssatz
1. Ist der Versicherte noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich zu verrichten, so hat er keinen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 2 SGB 6.
2. Eine Benennung verfügbarer Arbeitsmöglichkeiten ist nur dann erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung besteht.
3. Ist auch die Wegefähigkeit des Versicherten gegeben, dann ist ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ausgeschlossen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Darmstadt vom 23. Oktober 2020 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1964 geborene Kläger erlernte von 1982 bis 1985 den Beruf des Büromaschinenmechanikers und hat bis 2014 als Service-Techniker gearbeitet. Der letzte Arbeitsvertrag war von 2012 bis 2014 befristet. Er war ab Juni 2014 arbeitslos und bezog ein Jahr Arbeitslosengeld. Danach war er arbeitsunfähig, ohne Bezug von Krankengeld. Er lebt von Mieteinkünften.
Er beantragte am 6. März 2017 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er halte sich seit April 2016 wegen psychischer Probleme für erwerbsgemindert. Die Beklagte holte Befundberichte bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. vom 29. März 2017 und dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. C. vom 24. April 2017 ein. Nach einem sozialmedizinischen Gutachten vom 13. Juli 2017, welches die Beklagte bei Dr. D. einholte, bestehen bei dem Kläger
- eine Belastungsminderung des linken Fußes nach Korrektur-Operation am 25. April 2017 einer anlagebedingten Knick-Plattfuß-Fehlstatik mit Instabilität, Sehnen-Teilruptur und Reizzuständen am unteren Sprunggelenk,
- eine Anpassungsstörung bei familiärer und sozialer Belastungssituation und
- eine leichte Gebrauchsminderung der linken Hand bei Streckbehinderung des Mittel- und Ringfingers (schnellender Finger).
Der Kläger habe ein Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden arbeitstäglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei qualitativen Leistungseinschränkungen. Mit Bescheid vom 31. Juli 2017 wurde der Rentenantrag aus medizinischen Gründen abgewiesen.
Hiergegen erhob der Kläger am 31. August 2017 Widerspruch, der nicht begründet wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2018 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Am 9. April 2018 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben. Das Gericht hat Befundberichte bei der Fachärztin für Oralchirurgie Dr. E. vom 5. Dezember 2018, der Dipl.-Psych. G. vom 7. Dezember 2018, dem Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. C. und dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. vom 14. Dezember 2018 eingeholt. Dieser berichtet über eine Behandlung des Klägers vom 19. September 2016 bis 19. Oktober 2018. Die Behandlung sei zwischenzeitlich beendet. Der Kläger habe sich in einer Trennungskrise befunden, nachdem seine Ehefrau 2016 nach 16 Jahren Ehe mit dem Sohn plötzlich ausgezogen sei. Der Kläger sei mit Johanniskraut behandelt worden. Sein Introspektions- und Reflektionsvermögen sei suboptimal entwickelt und wenig differenziert. Der Kläger sei arbeitsfähig; die Beklagte habe den Rentenantrag berechtigterweise abgelehnt.
Das Gericht hat ein psychiatrisches Gutachten bei dem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. F. vom 18. Februar 2020 eingeholt. Dr. F. diagnostizierte eine leichte depressive Störung. Der Kläger sei in der Lage, zumindest sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Er könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten verrichten.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2020 die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zwar die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente zurzeit der Rentenantragstellung. Er sei jedoch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Der Nachweis, dass sein Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf unter sechs Stunden arbeitstäglich gesunken sei, sei durch das im Gerichtsverfahren eingeholte Gutachten des Dr. F. und das Gutachten des Dr. D. aus dem Verwaltungsverfahren nicht erbracht. Das Gericht halte die hinsichtlich ihrer Leistungseinschätzung übereinstimmenden Gutachten für nachvollziehbar und überzeugend begründet und lege diese Gutachten daher der gerichtlichen Entscheidung zugrunde.
Der Kläger hat gegen den ihm am 28. Oktober 2020 zugestellten Gerichtsbescheid vom 26. November 2020 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt.
Er behauptet, dass er aus psychischen Gründen kaum...