Leitsatz (amtlich)

Die Wiederbesetzung eines freigemachten oder durch Umsetzung freigewordenen Vollzeitarbeitsplatzes mit einer Teilzeitarbeitskraft entspricht jedenfalls dann nicht den Anforderungen der Zuschußregelung nach dem VRG, wenn durch die Wiederbesetzung insgesamt nicht eine Wiedereinstellung im vergleichbaren zeitlichen Umfang im Verhältnis zur Beschäftigung des ausgeschiedenen Arbeitnehmers erreicht wird.

 

Normenkette

VRG § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a

 

Verfahrensgang

SG Kassel (Urteil vom 11.02.1987; Aktenzeichen S-5/Ar-227/85)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 17.10.1990; Aktenzeichen 11 RAr 143/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 11. Februar 1987 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Zuschuss zum Vorruhestandsgeld gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a des Vorruhestandsgesetzes (VRG) im Streit.

Die Klägerin beantragte zunächst mit formlosem Schreiben am 13. Februar 1985 bei der Beklagten einen Zuschuss zum Vorruhestandsgeld für den am 31. Dezember 1984 ausgeschiedenen Arbeitnehmer F. B., geboren am … 1924. Der Arbeitsplatz wurde am 1. März 1985 mit der beim Arbeitsamt F. arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmerin G. P. besetzt. In dem Formantrag vom 27. Februar 1985 wies die Klägerin darauf hin, dass die Arbeitnehmerin P. als Teilzeitkraft mit einer regelmäßigen betrieblichen wöchentlichen Arbeitszeit von zwanzig Stunden eingestellt werde. Sie habe allgemeine Büroarbeiten, wie Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst auszuführen. Eine Vollzeitkraft werde nicht mehr benötigt, da die Buchhaltung ab dem 1. Januar 1985 von einem Steuerbüro in F. geführt werde. Der ausgeschiedene Arbeitnehmer B. verrichtete bei der Klägerin unter anderem die Tätigkeiten Bilanzbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Schreibarbeiten, Ablage und Telefondienst. Er war vierzig Stunden wöchentlich beschäftigt.

Mit Bescheid vom 22. März 1985 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung eines Zuschusses zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen vom 27. Februar 1985 für den Arbeitnehmer F. B. ab. Sie vertrat in ihrem Bescheid die Auffassung, dass diese Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG nur dann erfüllt seien, wenn der Arbeitgeber aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter anderem einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem frei gewordenen Arbeitsplatz beschäftige. Hierbei sei maßgebend, dass der Arbeitsplatz sowohl vom Inhalt als auch vom zeitlichen Umfang her erhalten bleibe. Da die Arbeitnehmerin P. jedoch nur zwanzig Stunden wöchentlich beschäftigt sei und im übrigen ein Großteil des Aufgabenbereichs des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. auf ein Steuerbüro übertragen worden sei, würden die Voraussetzungen des § 2 VRG nicht vorliegen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Widerspruch ein. In diesem Widerspruch beschrieb die Klägerin den Arbeitsplatz des ausgeschiedenen Arbeitnehmers B. wie folgt: Zwar werde die Buchhaltung nun mehr von einem Steuerberater erledigt, die Vorarbeiten würden jedoch von Frau P. durchgeführt. Das Rechnungswesen selbst sei auch nicht mehr Aufgabe von Herrn B. gewesen. Was die Lohnbuchhaltung betreffe, müsste auch hier Frau P. die Vorarbeiten leisten; dies sei bei Herrn B. auch nicht anders gewesen, da die Lohnbuchhaltung schon seit 1984 an das Baurechenzentrum vergeben worden sei. Im übrigen seien die Arbeiten des Arbeitnehmers B. auch vom zeitlichen Aufwand her von Frau P. übernommen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1985 wurde der Widerspruch der Klägerin zurückgewiesen. Die Beklagte vertrat darin weiterhin die Auffassung, dass auch der zeitliche Umfang des frei gewordenen Arbeitsplatzes durch die Neubesetzung erhalten bleiben müsse. Zudem hätten sich auch inhaltliche Verschiebungen hinsichtlich des Arbeitsplatzes ergeben, so dass die Voraussetzungen für einen Zuschuss nicht gegeben seien.

Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 1. Juli 1985 vor dem Sozialgericht in Kassel Klage erhoben. Sie hat in der Klagebegründung unter anderem die Auffassung vertreten, dass es für Teilzeitbeschäftigte im VRG keine besondere Regelung gebe, so dass die Reduzierung des zeitlichen Aufwandes auf diesem Arbeitsplatz keine Rolle für die Gewährung von Zuschüssen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 VRG spielen könne. Zudem zeige die Tatsache, dass zum Teil bereits Tarifverträge über eine Vollzeitbeschäftigung für eine 35-Stundenwoche abgeschlossen worden seien, dass die Auffassung der Beklagten nicht rechtens sein könne, dass in solchen Fällen bei Nichteinhaltung der 40-Stundenwoche nach Auffassung der Beklagten die Zuschussvoraussetzungen nicht vorliegen würden.

Mit Urteil vom 11. Februar 1987 hat das Sozialgericht Kassel dem Begehren der Klägerin stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 22. März 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 1985 mit de...

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