Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Berufung. Zulassung der Berufung in den Entscheidungsgründen
Leitsatz (amtlich)
Die Berufung ist zulässig, auch wenn die Entscheidung über die Zulassung der Berufung nicht in der verkündeten Urteilsformel, sondern nur in den Entscheidungsgründen des sozialgerichtlichen Urteils ausgesprochen ist.
Die im Urteil enthaltene Zulassungsentscheidung begründet für den durch das Urteil beschwerten Prozeßbeteiligten eine Rechtsposition, die des Vertrauensschutzes bedarf.
Normenkette
SGG § 150 Nr. 1
Verfahrensgang
SG Wiesbaden (Urteil vom 27.03.1980) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 27. März 1980 aufgehoben.
Die Beklagte wird unter Abänderung ihres Bescheids vom 17. Juli 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. November 1979 verurteilt, dem Kläger Altersruhegeld bereits ab 1. August 1978 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen Aufwendungen beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist der Beginn der Gewährung von Altersruhegeld nach § 25 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) streitig.
Der am … 1915 geborene Kläger war bis zum 31. Juli 1978 als Beamter beschäftigt. Mit Schreiben vom 8. Februar 1975 fragte er bei der Beklagten an, wie hoch sein Altersruhegeld mit Vollendung, des 62. Lebensjahres, des 63. Lebensjahres und des 65. Lebensjahres sein würde, und ob er sich auch jetzt noch ab 1. Januar 1965 freiwillig nachversichern könne und welche Leistungen er für welche Ergebnisse zu erbringen habe. Unter dem 18. Februar 1975 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß sie zur Zeit die Konten der Versicherten des Geburtsjahrganges 1915 speichere. Danach erhalte jeder Versicherte einen Versicherungsverlauf. Der Kläger möge sich bis dahin gedulden. Zur Information übersende sie ein Sondermerkblatt. Es handelte sich um das Sondermerkblatt Oktober 1972 über die Versicherungspflicht auf Antrag, freiwillige Versicherung und Nachentrichtung von Beiträgen nach den Vorschriften des Rentenreformgesetzes.
Mit Schreiben vom 3. Mai 1975 an die Beklagte bat der Kläger um Beantwortung seiner Anfrage vom 8. Februar 1975. Unter dem 22. Januar 1976 übersandte die Beklagte dem Kläger den Versicherungsverlauf. In dem Schreiben wies sie darauf hin, daß für die Altersruhegelder wegen Vollendung des 60. oder 65. Lebensjahres (§ 25 Abs. 2, 3 und 5 AVG) die Wartezeit erfüllt sei. Für das Altersruhegeld wegen Vollendung des 62. bzw. 63. Lebensjahres (§ 25 Abs. 1 AVG) sei jedoch die Wartezeit mit den gegenwärtig bekannten und anzurechnenden Beitrags-, Ersatz- und Ausfallzeiten nicht erfüllt.
Am 21. Februar 1979 beantragte der Kläger die Gewährung von Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres. Gleichzeitig stellte er unter Hinweis auf sein Schreiben vom 8. Februar 1975 und auf das Schreiben der Beklagten vom 18. Februar 1975 den Antrag auf Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Art. 2 § 49 a Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetz (AnVNG).
Durch Bescheid vom 25. April 1979 gestattete die Beklagte unter Bezugnahme auf den Antrag des Klägers vom 11. Februar 1975 die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Art. 2 § 49 a Abs. 2 AnVNG für die Zeit vom 1. Juli 1972 bis 31. Dezember 1973 der Klasse 100. Am 14. Mai 1979 wurde der von dem Kläger überwiesene Nachentrichtungsbetrag in Höhe von insgesamt 324,– DM der Beklagten gutgeschrieben.
Mit Schreiben vom 15. Mai 1979 teilte die Beklagte dem Kläger mit, daß das Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres erst vom Ablauf des Monats an zu gewähren sei, in dem seine Voraussetzungen erfüllt seien, jedoch vom Beginn des Antragsmonats an, wenn der Antrag später als 3 Monate nach der Erfüllung der Voraussetzungen gestellt werde. Die Voraussetzungen seien am 31. Juli 1978 erfüllt, die Rente konnte daher unter Zugrundelegung der Antragstellung vom 21. Februar 1979 erst am 1. Februar 1979 beginnen. Würde der Kläger jedoch gemäß § 25 Abs. 6 AVG den Versicherungsfall auf den 30. November 1978 verschieben, so könnte das Altersruhegeld bereits am 1. Dezember 1978 beginnen. Der Kläger war der Meinung, das Altersruhegeld müsse bereits ab 1. August 1978 beginnen, bat aber um einen vorläufigen Rentenbescheid mit Beginn der Rente ab 1. Dezember 1978.
Durch Bescheid vom 17. Juli 1979 gewährt die Beklagte Altersruhegeld wegen Vollendung des 63. Lebensjahres ab 1. Dezember 1978. Mit dem hiergegen am 1. August 1979 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, der Rentenbeginn sei auf den 1. August 1978 festzusetzen. Er sei durch Verschulden der Beklagten daran gehindert worden, die Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur Erfüllung der Wartezeit für das Altersruhegeld ab Vollendung des 63. Lebensjahres früher zu leisten und den Rentenantrag rechtzeitig bis zum 31. Juli 1978 zu stellen. Die Beklagte habe auf seinen Antrag vom 8. Februar 1975 erst...