Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung des Arbeitslosengeldes bei Auslandsbeschäftigung
Orientierungssatz
Zur tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bei Tätigkeit im Ausland.
Verfahrensgang
SG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.10.1994; Aktenzeichen S-19/Ar - 2350/92) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Oktober 1994 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bemessung des Arbeitslosengeldes (Alg) im Streit.
Der im Jahre 1961 geborene Kläger stellte am 27. Juli 1992 bei der Beklagten Antrag auf Arbeitslosengeld. Laut Arbeitsbescheinigung der Firma PL. F. GmbH war er vom 10. Oktober 1987 bis zum 30. Juni 1992 als Industriemeister für eine Tätigkeit im Ausland beschäftigt. Im Zeitraum vom 1. April 1992 bis zum 30. Juni 1992 erzielte er ein Entgelt von monatlich 4.304,00 DM brutto. Für die Zeit vom 10. Oktober 1987 bis zum 30. Juni 1992 sei eine wöchentliche Arbeitszeit von 46 Stunden vereinbart worden; die tarifliche Arbeitszeit habe 38,5 Stunden wöchentlich betragen.
Mit Bescheid vom 3. September 1992 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 27. Juli 1992 Alg nach einem Bemessungsentgelt von 830,00 DM in Höhe von 331,80 DM. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, er sei in Nigeria eingesetzt worden und für diese Tätigkeit sei eine Arbeitszeit von wöchentlich 46 Stunden vereinbart worden. Der Kläger bezog sich auf den Auslandsdienstvertrag vom 6. Oktober 1987 mit der Firma PL. F. GmbH. In § 19 des Vertrages heißt es, dass die deutschen tariflichen Bestimmungen keine Anwendung fänden. Gemäß § 3 des Vertrages, der eine Regelung über die Arbeitszeit trifft, beginne die tägliche Arbeitszeit mit Eintreffen auf der Baustelle und ende mit deren Verlassen. Beginn und Ende der Arbeitszeit richteten sich nach den betrieblichen Notwendigkeiten am Einsatzort und würden über die örtliche Bauleitung festgelegt.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. September 1992 aufgrund der §§ 111, 112 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zurück. In Anwendung dieser Vorschriften werde für die Berechnung des in der Woche durchschnittlich erzielten Arbeitsentgelts das im Bemessungszeitraum durchschnittlich in der Arbeitsstunde erzielte Arbeitsentgelt mit der Zahl der Arbeitsstunden vervielfältigt, die sich aufgrund der tariflichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Bemessungszeitraum ergeben würden. Da das Arbeitsentgelt nach Monaten bemessen sei, gelte es als in der Zahl von Arbeitsstunden erzielt, die sich ergeben, wenn die Zahl der vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden (= 46) mit 13 vervielfacht und durch 3 geteilt würden. Es errechne sich ein in der Arbeitsstunde erzieltes Arbeitsentgelt von 21,59 DM. Dieser Betrag sei mit der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden zu multiplizieren und gemäß § 112 Abs. 10 AFG auf den nächsten durch 10 teilbaren DM-Betrag, d.h. auf 830,00 DM wöchentlich, zu runden.
Der Kläger hat am 9. Oktober 1992 Klage vor dem Sozialgericht (SG) Frankfurt am Main erhoben mit der Begründung, dass zwar das in der Stunde erzielte Arbeitsentgelt von 21,59 DM korrekt sei, es aber mit 46 multipliziert werden müsse, da die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit 46 Stunden betragen habe und die Geltung des Tarifvertrages in § 19 des Arbeitsvertrages ausgeschlossen worden sei. Von daher stehe ihm ein höheres Alg zu, und zwar nach einem Bemessungsentgelt von 993,14 DM.
Mit Urteil vom 25. Oktober 1994 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die Beklagte verurteilt, dem Kläger Alg nach einem Bemessungsentgelt von 993,14 DM zu gewähren und die Berufung zugelassen. Das SG ist zu der Auffassung gelangt, dass auf das Arbeitsverhältnis des Klägers ein Tarifvertrag keine Anwendung finden könne, wie sich bereits aus § 19 des Arbeitsvertrages ergebe. Da die Beschäftigung ausschließlich im Ausland ausgeübt worden sei, falle das Arbeitsverhältnis auch nicht in den Geltungsbereich des Tarifvertrages. Soweit die Beklagte meine, der Arbeitgeber habe eine tarifliche wöchentliche Arbeitszeit in die Arbeitsbescheinigung einzutragen, könne dem keine Bedeutung beigemessen werden, da sich aus den aus dem Arbeitsvertrag konkret hervorgehenden Arbeitsbedingungen klar und eindeutig etwas anderes ergebe. Da ein Tarifvertrag danach keine Anwendung finde, sei der Multiplikationsfaktor nach § 112 Abs. 4 Nr. 2 AFG festzulegen. Es sei gerichtsbekannt aus vielen bei der Kammer anhängig gewesenen Verfahren aus der Arbeitslosenversicherung und aus der Unfallversicherung, in denen die Arbeitsverträge Aktenbestandteil gewesen seien, dass auf Auslandsbaustellen nirgends eine der tariflichen Arbeitszeit entsprechende kurze Arbeitszeit von z.B. 38,5 Stunden gelte, sondern, dass dort überall Regelungen wie im Arbeitsvertrag des Klägers vertraglich vereinbart worden ...