Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenärztliche Vereinigung Hessen. Vergütung psychotherapeutischer Leistungen. Höhe des Punktwertes für probatorische Sitzungen. kein Absinken unter einen Punktwert von 2,56 Cent durch Quotierung des Regelleistungspunktwerts oder durch Finanzierung von Ausgleichsregelungen. Honorarverteilung. Einbeziehung in das Regelleistungsvolumen. Gebot der angemessenen Vergütung
Orientierungssatz
1. Die Einbeziehung der probatorischen Sitzungen in die Regelleistungsvolumina ist nicht zu beanstanden (vgl BSG vom 8.2.2013 - B 6 KA 14/11 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 69).
2. Der Punktwert für probatorische Sitzungen darf grundsätzlich 5 Pf bzw 2,56 Cent nicht unterschreiten (vgl BSG vom 28.5.2008 - B 6 KA 9/07 R = BSGE 100, 254 = SozR 4-2500 § 85 Nr 42).
3. Regelungen zur Aufteilung der Gesamtvergütung verstoßen insoweit gegen § 85 Abs 4 S 4 SGB 5, als eine Quotierung des Regelleistungspunktwerts in einer Honorargruppe zu einem Punktwert von unter 2,56 Cent für Leistungen der probatorischen Sitzungen geführt hat.
4. Es liegt ein Verstoß gegen das Gebot der angemessenen Vergütung psychotherapeutischer Leistungen pro Zeiteinheit gem § 85 Abs 4 S 4 SGB 5 vor, soweit zur Finanzierung einer Ausgleichsregelung zur Vermeidung praxisbezogener Honorarverwerfungen Honoraranteile für die Vergütung probatorischer Sitzungen innerhalb des Regelleistungsvolumens herangezogen werden, soweit der obere Regelleistungswert für diese Leistungen 2,56 Cent nicht übersteigt.
Normenkette
SGB V § 85 Abs. 4 S. 4, Abs. 4a, § 28 Abs. 3 S. 2, § 92 Abs. 6a S. 1
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 21. März 2012 geändert. Die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis I/06 werden aufgehoben, soweit damit die probatorischen Sitzungen (GO-Nr. 35150 EBM plus) innerhalb des Regelleistungsvolumens (RLV) nicht mindestens mit einem oberen Punktwert von 2,56 Cent vergütet werden. Die Beklagte wird insoweit zur Neubescheidung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats verpflichtet. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben der Kläger und die Beklagte jeweils zur Hälfte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Punktwertes für probatorische Sitzungen in den Quartalen II/05 bis I/06.
Der Kläger nimmt als Facharzt für Neurologie und Psychiatrie mit den Zusatzbezeichnungen Psychoanalyse und Psychotherapie mit Praxissitz in A-Stadt an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Er gehört der Honoraruntergruppe B 2.24 an.
In den streitgegenständlichen Quartalen ergaben sich aus den von der Beklagten erlassenen Honorarbescheiden ursprünglich folgende Abrechnungswerte:
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II/05 |
III/05 |
IV/05 |
I/06 |
Abgerechnetes Honorarvolumen - in Punkten |
55.200,0 |
40.175,0 |
43.530,0 |
59.370,0 |
Praxisbezogenes RLV (PK + EK) |
33.750,0 |
36.766,6 |
40.681,2 |
41.049,5 |
RLV-Fallzahl |
30 |
26 |
29 |
29 |
Rechnerischer Fallpunktwert (in Punkten) |
1.125,0 |
1.414,1 |
1.402,08 |
1.415,5 |
Überschreitung RLV |
21.450,0 |
3.408,4 |
2.848,8 |
18.320,5 |
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Honoraranforderung oberer Pw (PK - in Punkten) |
12.072,3 |
9.136,5 |
14.360,8 |
17.499,4 |
Honoraranforderung oberer Pw (EK - in Punkten) |
21.677,6 |
27.630,0 |
26.300,3 |
23.550,0 |
Honoraranforderung unterer Pw (PK - in Punkten) |
7.672,7 |
848,5 |
1.009,2 |
7.810,6 |
Honoraranforderung unterer PW (EK - in Punkten) |
13.777,4 |
2.560,0 |
1.839,7 |
10.510,0 |
Psychotherapie zum festen Pw (PK - in Punkten) |
142.025,0 |
143.520,0 |
177.905,0 |
128.570,0 |
Psychotherapie zum festen Pw (EK - in Punkten) |
267.605,0 |
324.415,0 |
337.870,0 |
364.780,0 |
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Honorar oberer Pw (PK) - in € |
224,67 |
196,43 |
312,35 |
299,50 |
Honorar oberer Pw (EK) - in € |
437,24 |
637,14 |
618,07 |
470,29 |
Honorar unterer Pw (PK) - in € |
19,90 |
3,96 |
4,71 |
36,63 |
Honorar unterer PW (EK) - in € |
36,04 |
12,06 |
8,65 |
49,71 |
Honorar Psychotherapie zum festen Pw (PK) - in € |
6.280,34 |
6.346,45 |
7.866,95 |
5.698,21 |
Honorar Psychotherapie zum festen Pw (EK) - in € |
11.911,10 |
14.439,72 |
15.038,59 |
16.269,18 |
Auffüllbetrag gem. 7.5 HVV - in € |
167,44 |
-281,78 |
10,43 |
-358,96 |
Nettohonorar - in € |
18.603,86 |
20.819,13 |
23.156,09 |
21.922,82 |
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Fallzahl (gesamt) |
30 |
30 |
29 |
29 |
Anzahl Probatorische Sitzungen (GO-Nr. 35150) |
13 |
10 |
10 |
13 |
Der Kläger legte jeweils Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/05 bis IV/08 ein. Mit Schreiben vom 17. April 2010 konkretisierte er seine Widerspruchsbegründung dahingehend, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 28. Mai 2008, Az.: B 6 KA 9/07 R für den Geltungszeitraum der Regelleistungsvolumina in Hessen einen Mindestpunktwert vorgegeben habe, der jedoch seitens der Beklagten regelmäßig unterschritten worden sei.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2010 beschränkt auf die Quartale II/05 bis I/06 und beschränkt auf die Frage des Punktwertes für probatorische Sitzungen zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Höhe des Punktwertes für probatorische Sitzu...