Entscheidungsstichwort (Thema)

Alterssicherung der Landwirte. Witwenaltersgeld. Witwenrente. Kürzung

 

Orientierungssatz

Die Kürzungsregelung des § 50 Abs 1 S 1 GAL idF vom 18.12.1989 bzw § 129 Abs 1 S 1 ALG idF vom 15.12.1995 ist nicht auf einen Witwenaltersgeldanspruch nach § 3 Abs 1 Buchst a GAL bzw § 14 Abs 1 ALG anzuwenden, wenn die Hinterbliebene selbst einen Zuschuß nach § 47 GAL in Anspruch genommen hat und eine Altersrente aus eigener Versicherung bezieht.

 

Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 28.06.1994; Aktenzeichen S-13/J - 1290/92)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 23.10.1996; Aktenzeichen 4 RLw 7/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 31. Oktober 1994 aufgehoben.

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 9. September 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 1994 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Februar 1993 bis zum 31. Dezember 1994 ungekürztes Witwenaltersgeld und ab 1. Januar 1995 ungekürzte Witwenrente zu gewähren.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Witwenaltersgeld nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) streitig.

Der Ehemann der Klägerin war landwirtschaftlicher Unternehmer. Durch Bescheid vom 15. Dezember 1988 gewährte ihm die Beklagte ab 1. November 1988 Altersgeld in Höhe von 836,90 DM. Durch Bescheide der Beklagten vom 21. März 1989 und 10. April 1990 erhielt die Klägerin Zuschüsse in Höhe von insgesamt 64.537,20 DM (70 % der Durchschnittsbeiträge) zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 31. Dezember 1986. Die Klägerin zahlte über den 30 %-Anteil von 27.658,80 DM zusätzlich 16.487,20 DM (insgesamt 44.146,- DM) für Höchstbeiträge in der Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 30. Dezember 1970 ein. Im Anschluß an den Bescheid vom 10. April 1990 teilte die Beklagte der Klägerin im Juni 1990 mit, daß sie kraft Gesetzes aus der Landwirtschaftlichen Alterskasse ausgeschieden sei. Die Klägerin bezog ab 1. Januar 1990 von der Landesversicherungsanstalt (LVA) Hessen flexibles Altersruhegeld nach § 1248 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), das ab 1. November 1992 1.793,60 DM netto monatlich betrug. Der Ehemann der Klägerin verstarb am 22. Oktober 1992. Mit Schreiben vom 18. August 1993 teilte die LVA Hessen der Beklagten mit, daß sich die durch Bescheid vom 20. Juli 1990 bewilligte Altersrente aus insgesamt 4.208,20 Werteinheiten berechne. Beiträge seien für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis zum 31. Dezember 1986 nachentrichtet worden. Auf diesen Zeitraum entfielen 3.703,74 Werteinheiten. Der Verhältniswert betrage somit 88,01 %. Durch Bescheid vom 9. September 1993 bewilligte die Beklagte dem Grunde nach Witwenaltersgeld ab 1. November 1992 für die ersten drei Monate nach dem Tod des Ehegatten in der bisherigen Höhe des Altersgeldes von 957,60 DM brutto. Für den Zeitraum ab 1. Februar 1993 ruhe der Altersgeldanspruch nach § 50 GAL im Hinblick auf den nach § 47 GAL bewilligten Zuschuß zur Nachentrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die LVA Hessen habe den Verhältniswert mit 88,01 % angegeben. Die Altersrente betrage ab 1. November 1992 1.793,60 DM und ab 1. Juli 1993 1.871,82 DM brutto. Der Anteil von 88,01 % belaufe sich somit ab 1. November 1992 auf 1.578,55 DM und ab 1. Juli 1993 auf 1.647,39 DM. Da der Kürzungsbetrag nach § 50 Abs. 1 GAL höher als der berechnete Altersgeldbetrag von 638,80 DM sei, ruhe der Anspruch auf Witwenaltersgeld.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 1994 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der Altersgeldanspruch ruhe ab 1. Februar 1993 gemäß § 50 GAL. Die Beklagte habe nach § 47 GAL einen Zuschuß in Höhe von 70 v.H. der sog. Mittelbeträge gewährt. Selbst wenn Beträge nach einer höheren Beitragsklasse nachentrichtet worden seien, seien alle Werteinheiten für die Beitragszeiten anzurechnen, für die der Nachentrichtungszuschuß gewährt worden sei. Die bezuschußten Beitragszeiten könnten insoweit nicht in Werteinheiten für bezuschußte und nicht bezuschußte Beitragsanteile gesplittet werden. Da der Kürzungsbetrag höher als das nach § 3 Abs. 1 a) GAL zustehende Witwenaltersgeld sei, ruhe der Altersgeldanspruch ab 1. Februar 1993.

Mit ihrer Klage machte die Klägerin geltend, für die Zeit vom 1. Januar 1956 bis einschließlich 31. Dezember 1970 Höchstbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt und insoweit die über den Zuschuß der Beklagten hinausgehenden Beträge aus eigenen Mitteln aufgebracht zu haben. Die durch eigene Beitragsentrichtung erworbenen Rentenansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung könne die Beklagte nicht auf das der Klägerin zustehende Altersgeld anrechnen. Einen Anspruch auf Altersgeld würde derjenige selbst vernichten, ...

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