Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung zur Frage der Ursächlichkeit der Einkommensminderung mit den anerkannten Schädigungsfolgen
Leitsatz (amtlich)
1. Heimatvertriebene Landarbeiter sind auf das allgemeine Arbeitsfeld zu verweisen, wo sie regelmäßig nach dem Zusammenbruch eine Beschäftigung als angelernte Arbeiter gefunden haben.
2. Bei mangelndem Arbeitswillen fehlt es am ursächlichen Zusammenhang der Einkommensminderung mit der anerkannten Schädigungsfolge
Normenkette
BVG § 30
Verfahrensgang
SG Fulda (Urteil vom 21.11.1968) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 21. November 1968 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Bei dem am … 1906 geborenen Kläger sind nach dem Bescheid des Versorgungsamtes Fulda vom 19. Dezember 1962 nachstehende Gesundheitsstörungen als hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. festgestellt worden:
1.) Handgelenknaher Unterarmschußbruch rechts mit Achsenabknickung, Versteifung der Unterarmdrehgelenke rechts und Bewegungseinschränkung des rechten Handgelenks und der Finger,
2.) belangloser Stecksplitter an der Oberlippe.
Nach dem Bescheid vom 11. Juli 1962 beträgt die MdE nach § 30 Abs. 1 BVG 40 v.H., die um 10 v.H. gemäß § 30 Abs. 2 BVG wegen eines besonderen beruflichen Betroffenseins erhöht wurde.
Der Kläger beantragte im April 1964 die Gewährung von Berufsschadensausgleich. Er behauptete, nach dem Besuch der Volksschule habe er von 1920 an auf dem 23 ha großen Hof seines Vaters in der Tschechoslowakei gearbeitet und ihn bis 1940 geführt.
Nach Mitteilung des Arbeitsamtes Fulda vom 16. Mai 1956 wurden dem Kläger öfters Arbeitsplätze nachgewiesen, die er u.a. mit dem Hinweis auf häufige Kopfschmerzen abgelehnt habe. Sowohl nach Auffassung der Arbeitgeber wie auch des Amtsarztes stelle er seine Beschädigung sei einer Vorstellung zu sehr in den Vordergrund. Das Versorgungsamt Fulda wies den Kläger daraufhin, daß die Zahlung von Ausgleichsrente bei einer nochmaligen unbegründeten Ablehnung eines nachgewiesenen Arbeitsplatzes oder der unbegründeten Ablehnung berufsfördernder Maßnahmen eingestellt werden müsse. Nach einem Aktenvermerk des Versorgungsamtes Fulda vom 15. November 1956 ergab eine Rückfrage beim Arbeitsamt Fulda, daß der Kläger am 14. Mai 1956 zum letzten Mal in Arbeit vermittelt wurde. Er habe die Auflage erhalten, sich einmal im Monat zur Arbeitsvermittlung zu melden. Unter dem 2. Juli 1957 teilte das Arbeitsamt Fulda mit, der Kläger melde sich dort seit Oktober 1956 nicht mehr. Darauf entzog das Versorgungsamt Fulda mit Bescheid vom 20. Juli 1957 die Ausgleichsrente. Dieser Bescheid wurde auf den Widerspruch des Klägers hin aufgehoben, da dieser sich nach der Vormerkkarte des Arbeitsamtes wieder als Arbeitsuchender gemeldet habe. Gleichzeitig wurde ihm eine erneute Entziehung der Ausgleichsrente angedroht, wenn er eine angebotene zumutbare Erwerbstätigkeit ablehnen würde. Nach einem Vermerk des Versorgungsamtes Fulda vom 23. August 1961 hat sich der Kläger entsprechend einer Auskunft des Arbeitsamtes Fulda dort bis zum November 1959 zur Arbeitsvermittlung gemeldet. Er habe jedoch aus den verschiedensten Gründen, die nicht auf seine Schädigung zurückzuführen seien, die Arbeitsaufnahme abgelehnt und bemerkt, daß er an einer Arbeitsvermittlung nicht sonderlich interessiert sei.
Seit dem 1. Januar 1964 hat der Kläger als Hauswart, Parkplatz- und Spielplatzaufseher bei dem Magistrat der Stadt Fulda und bei dem Stadtkaritasverband in Fulda als Betreuer der Altenstube nachstehende Bruttovergütungen bezogen:
Vom 1. Januar 1964 bis 31. Mai 1965 |
110,– DM monatl. |
Vom 1. Juni bis 31. Okt. 1965 |
65,– DM monatl. |
von Februar bis November 1966 |
65,– DM monatl. |
und daneben im Jahre 1966 |
100,– DM monatl. |
von Januar 1967 bis Februar 1968 |
100,– DM monatl. |
und daneben von März bis Dezember 67 |
65,– DM monatl. |
Die 100,– DM monatlich wurden von der Stadt Fulda und die 65,– DM vom Stadtkaritasverband gezahlt.
Das Versorgungsamt Fulda versagte dem Kläger die Gewährung von Berufsschadensausgleich mit Bescheid vom 4. Januar 1966, da er nicht gehindert sei, den größten Teil der in einer Landwirtschaft anfallenden Arbeiten noch zu verrichten. Die durch die Schädigungsfolgen eventuell eingetretene geringe berufliche Betroffenheit sei durch die Rentenerhöhung um 10 v.H. gemäß § 30 Abs. 2 BVG voll ausgeglichen. Im Widerspruchsverfahren behauptete der Kläger, er sei in der Tschechoslowakei bereits mit einer Bauerntochter verlobt gewesen, die einen 34 ha großen Hof habe erben sollen. Mehrere Versuche, eine Bauerntochter in Westdeutschland zu heiraten, seien wegen seiner anerkannten Schädigungsfolgen fehlgeschlagen. Da es ihm trotz dauernder Versuche nicht gelungen sei, wieder in die Landwirtschaft unterzukommen, habe er ab 1958 die Stel...