Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung zur Frage der Berechnung des Berufsschadensausgleiches bei Landwirten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Berechnung des Durchschnittseinkommens nach dem Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes setzt bei Landwirten voraus, daß die Meisterprüfung infolge der Schädigungsfolgen abgelegt werden konnte. Zum Nachweis der Wahrscheinlichkeit eines entsprechenden Leistungswillens ist zumindest ein auf die Ablegung der Meisterprüfung gerichteter Versuch erforderlich.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Urteil vom 05.12.1969)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 5. Dezember 1969 insoweit aufgehoben, als dem Kläger Berufsschadensausgleich entsprechend einer Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 anstatt A 7 BBesG zugesprochen worden ist.

Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

 

Tatbestand

Der 1926 geborene Kläger ist von Beruf Landwirt. Am 29. Januar 1957 verurteilte das Sozialgericht Fulda den Beklagten zur Zahlung einer Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 80 v.H. wegen Verlustes des linken Oberarmes unter Berücksichtigung des Berufes des Klägers ab 1. November 1954.

Am 25. Mai 1965 beantragte der Kläger die Gewährung von Berufsschadensausgleich. Hierzu gab er an, er habe nach dem Besuch der Volksschule bei seinem Vater, welcher Landwirtschaftsmeister gewesen sei, von 1940 bis 1942 den Landwirtsberuf erlernt und die entsprechende Prüfung abgelegt. Sodann habe er im Winter 1942/43 die landwirtschaftliche Fachschule besucht. An der Teilnahme deren 2. Semesters sei er durch seine Einberufung verhindert worden, ferner später durch seine Schädigungsfolgen an dem von ihm angestrebten Berufsziel des Landwirtschaftsmeisters. Im übrigen habe er von 1946 bis 1960 in der Landwirtschaft seines Vaters mitgearbeitet und sei seit 1960 selbständiger Landwirt. Mit Bescheid vom 9. Mai 1966 lehnte der Beklagte die Gewährung von Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 und 4 BVG i.d.F. des 2. Neuordnungsgesetzes (NOG) ab, weil der Kläger einen Einkommensverlust, welcher die erfolgte Rentenerhöhung nach § 30 Abs. 2 BVG von 70 v.H. auf 80 v.H. übersteige, nicht nachgewiesen habe. Dem hiergegen eingelegten Widerspruch, mit welchem der Kläger seine Einstufung als Landwirtschaftsmeister nach Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) begehrte, half der Beklagte mit Bescheid vom 14. November 1966 nicht ab. Aufgrund von Gutachten des Neurologen Dr. Elster und des Chirurgen Dr. Weissmann vom 2. November 1967 erhöhte der Beklagte mit Bescheid vom 8. Januar 1968 die Rente des Klägers nach § 62 Abs. 1 BVG ab 1. Februar 1967 unter Berücksichtigung des Landwirtsberufs auf 90 v.H. und bezeichnete dabei die Schädigungsfolgen nunmehr als „Oberarmverlust links und Stumpfneurom”.

Mit der Klage, welche sich gegen die Bescheide vom 9. Mai und 14. November 1966 richtete, begehrte der Kläger weiterhin die Gewährung von Berufsschadensausgleich unter Einstufung als Landwirtschaftsmeister. Ein Einkommensverlust in Höhe von über 75,– DM monatlich sei bei ihm als oberarmamputierter Landwirt offenkundig, zumal er ohne die Schädigungsfolgen wie sein Vater das Berufsziel des Landwirtschaftsmeisters erreicht haben würde. Mit Urteil vom 5. Dezember 1969 verurteilte das Sozialgericht Fulda den Beklagten zur Zahlung von Berufsschadensausgleich nach Besoldungsgruppe A 9 BBesG. Der Sinn der abgeschlossenen landwirtschaftlichen Lehre des Klägers sei die weitere Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister gewesen. Ggf. hätte er dann durch Ausbildung und Beschäftigung von Lehrlingen rationeller wirtschaften können, was jedoch durch die Schädigungsfolgen verhindert worden sei.

Gegen dieses ihm am 21. Mai 1970 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 5. Juni 1970 Berufung eingelegt. Mit ihr hat er den Ausbildungsgang des Landwirtschaftsmeisters geschildert, wozu der Kläger noch das zweite Semester der Landwirtschaftsschule und eine dreijährige Arbeitsgemeinschaft bei dieser Schule zu absolvieren gehabt hätte. Hieran sei er nicht durch seine Schädigungsfolgen gehindert gewesen. Nach einer amtlichen Auskunft werde die Meisterprüfung von selbständigen Landwirten relativ selten abgelegt.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 5. Dezember 1969 insoweit aufzuheben, als Berufsschadensausgleich entsprechend einer Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG anstatt A 7 zugesprochen worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, für ihn seien die zusätzlichen Belastungen einer Meisterausbildung neben seinen Schädigungsfolgen nicht tragbar gewesen. Da er die Ausbildung bereits begonnen gehabt habe, sei auch deren Abschluß ohne Eintritt der Schädigungsfolgen hinreichend wahrscheinlich. An seiner restlichen Ausbildung sei er durch mehrere Umstände verhindert gewesen, so vor allem durch die mit der Le...

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