Entscheidungsstichwort (Thema)

Entscheidung zur Frage des Berufsschadensausgleichs für selbständige Landwirte

 

Leitsatz (amtlich)

1) Bei einem beschädigten selbständigen Landwirt, der den Beruf nicht gewechselt hat, liegt ein schädigungsbedingter Elnkommensverlust nur vor, wenn schädigungsbedingte Personalmehraufwendungen und (oder) betriebliche Mindereinnahmen wegen schädigungsbedingten Unvermögens intensiver Bewirtschaftung im Vergleich zu anderen entsprechenden Betrieben feststellbar sind.

2) Soll das Begehren erfolgreich sein, als Landwirtschaftsmeister in die Besoldungsgruppe A 9 BBesG. eingestuft zu werden, ist der – konkret zumutbare – Versuch nachzuweisen, sich als Beschädigter um die entsprechenden Voraussetzungen bemüht zu haben.

 

Normenkette

BVG § 30 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

SG Fulda (Urteil vom 08.03.1972)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.12.1974; Aktenzeichen 8/7 RKg 12/73)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 8. März 1972 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der … 1920 geborene Kläger erhielt wegen

  1. „Lungen-, Leber und Darmverwundung mit Rippenfellschwarte und Zwerchfellverwachsung rechts,
  2. Große Narbenbildung im Rücken und rechts im Oberbauch,
  3. Verwachsungsbeschwerden ist Leib.”

als Schädigungsfolgen Rente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach einem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. (Umanerkennungsbescheid vom 4. Dezember 1951, Neufeststellungsbescheid vom 20. April 1955). Mit Zugunstenbescheid vom 8. November 1971 ist sein besonderes berufliches Betroffensein als Landwirt anerkannt worden, so daß ab 1. Januar 1961 Zahlungen nach einer MdE von 60 v.H. erfolgen.

Am 12. Januar 1965 beantragte der Kläger bei des Versorgungsamt Fulda Berufsschadensausgleich. Nach seinem beruflichen Werdegang hat er die Volksschule, in den Wintermonaten der Jahre 1937/38 und 1938/39 die Landwirtschaftsschule besucht und war bis zu seiner Einberufung als mithelfendes Familienmitglied in der Landwirtschaft seiner Eltern von rund 20 ha Größe tätig. Nach dem Kriege arbeitete er wiederum mit und bekleidete überdies den Posten als ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Heimatgemeinde während der Jahre 1948 bis 1962. Ab 1. Januar 1954 hat er den alterlichen Betrieb gegen Altenteilsleistungen übernommen. Nach seinen Angaben ist sein Berufsziel des Landwirtschaftsmeisters aus schädigungsbedingten Gründen vereiteilt worden. Sein Betrieb werfe weniger ab als vergleichbare, da er nicht voll einsatzfähig sei. Wie der Bürgermeister und der Ortslandwirt am 2. Januar 1967 bescheinigten, benötige er zum Schlepperfahren und für alle schweren Arbeiten stets eine fremde Arbeitskraft.

Am 12. September 1967 wurde er abschlägig beschieden. Er sei vor und nach der Schädigung in gleicher Weise als Landwirt tätig gewesen und bewirtschafte seinen landwirtschaftlichen Betrieb in vollem Umfang. Ein Substanzverlust sei nicht eingetreten, so daß auch kein schädigungsbedingter Einkommensverlust ersichtlich sei.

Im Widerspruchsverfahren wies der Kläger wiederum auf seine starke finanzielle Belastung durch Inanspruchnahme einer fremden Arbeitskraft hin und bat um Umschulung, da er seinen Betrieb ohne Gewährung von Berufsschadensausgleich nicht weiterführen könne.

Seinem Begehren half der Widerspruchsbescheid vom 29. Dezember 1967 nicht ab. Auch ohne die Schädigungsfolgen, welche die Ausübung des Landwirtsberufes im übrigen erlaubten, wäre angesichts der Grundstücksgröße der gelegentliche Einsatz einer Hilfskraft erforderlich.

Der vom Versorgungsamt eingeschaltete Landeswohlfahrtsverband Hessen teilte am 7. Juli 1969 mit, der Kläger sei mehrfach gebeten worden, wegen seines Wunsches auf Umschulung vorzusprechen. Er habe jedoch ausweichend oder gar nicht geantwortet, so daß die Auffassung bestehe, daß er an der Gewährung von Berufsförderungsmaßnahmen nicht interessiert sei.

Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat der Kläger seinen Anspruch auf Berufsschadensausgleich unter Einstufung in die Besoldungsgruppe A 9 des Bundesbescldungsgesetzes (BBesG) weiterverfochten.

Mit Urteil vom 8. März 1972 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, im Falle des Klägers müßten entweder schädigungsbedingte Personalmehraufwendungen oder betriebliche Mindereinnahmen durch eine schädigungsbedingte Beschränkung in der Bewirtschaftung feststellbar sein. Die gelegentliche Inanspruchnahme fremder Hilfe erfülle diese Anspruchsvoraussetzung jedoch nicht. Auch habe die Verschuldung des Betriebes ihre Ursache nicht in Schädigungsfolgen. Der bestehenden Behinderung im Beruf sei durch die Zubilligung einer erhöhten Rente wegen besonderen beruflichen Betroffenseins ausreichend Rechnung getragen worden. Die Kammer habe auch davon ausgehen müssen, daß der Kläger gesundheitlich zur Bewirtschaftung seines Betriebes in der Lage sei, weil er an Berufsförderungsmaßnahmen kein weiteres Interesse bekundet habe.

Gegen dieses Urteil, d...

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