Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 18.05.1993; Aktenzeichen S-3/U-932/91) |
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 18. Mai 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Beklagte eine Hüftgelenkserkrankung des Klägers als Berufskrankheit (BK) oder wie eine BK zu entschädigen hat.
Der 1918 geborene Kläger war von 1938 bis Oktober 1982 mit Unterbrechungen durch Arbeits- und Wehrdienst als Landwirt berufstätig. Bis 1964 war der Landwirtschaft eine Mühle angeschlossen. Im Juni 1990 erstattete er bei der Beklagten Anzeige über das Vorliegen einer BK wegen einer bei ihm bestehenden schweren Coxarthrose rechts mit Schmerzen im gesamten rechten Bein. Er machte geltend, daß das Hüftgelenksleiden durch das jahrelange rechtsseitige Tragen und Heben zentnerschwerer Getreide- und Kartoffelsäcke im Zusammenhang mit dem Betrieb der Landwirtschaft und Mühle verursacht worden sei und Beschwerden erstmals 1966 aufgetreten seien.
Der behandelnde Arzt des Klägers Dr. B. verneinte auf Anfrage der Beklagten das Vorliegen einer BK. Der Landesgewerbearzt verwies in seiner Stellungnahme vom 11. Januar 1991 darauf, daß es sich bei der Erkrankung des Klägers nicht um eine BK nach der geltenden Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) handele und ihm auch keine Erkenntnisse vorlägen, die eine Entschädigung wie eine BK gemäß § 551 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) erforderten. Da es nach dem Lehrbuch von Jäger/Wirth, „Praxis der Orthopädie”, 1986, Anhaltspunkte für ein vermehrtes Auftreten von Coxarthrosen bei Bauern, Bergarbeitern und Hafenarbeitern gebe, werde jedoch empfohlen, bei Prof. Dr. R., Orthopädische Universitätsklinik … ein Gutachten einzuholen. In dem daraufhin erstatteten orthopädischen Gutachten vom 27. Februar 1991 vertrat Prof. Dr. R. die Auffassung, daß die beim Kläger bestehende schwere Coxarthrose rechts mit deutlicher Bewegungseinschränkung keine entschädigungspflichtige BK im Sinne des § 551 Abs. 2 RVO darstelle. Trotz des Lehrbuchzitates sei weder aus eigener Erfahrung noch aus Kenntnis der Literatur bei körperlich arbeitenden Personen oder gar bei „Bauern” mit einem erhöhten Risiko für einseitige Hüftgelenksarthrosen zu rechnen. Dem schlossen sich der beratende Arzt der Beklagten Prof. Dr. G. sowie der Landesgewerbearzt in Stellungnahmen vom 8. April 1991 und 1. Juli 1991 an. Durch Bescheid vom 8. August 1991 lehnte die Beklagte daraufhin die Gewährung von Entschädigungsleistungen nach § 551 Abs. 1 RVO i.V.m. der Anlage 1 zur BKVO sowie nach § 551 Abs. 2 RVO ab. Die Verschleißerscheinungen am rechten Hüftgelenk des Klägers seien anlagebedingt entstanden und durch berufliche Einflüsse weder verursacht noch verschlimmert worden.
Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, daß sämtliche ihn behandelnden Ärzte mit Ausnahme des Dr. R. seine Krankheit als BK gewertet hätten. Während seiner Berufstätigkeit habe er ca. 180.000 Säcke getragen, so daß seine rechte Schulter nunmehr 4 cm höher stehe. Es sei daher anzunehmen, daß auch die rechte Hüfte durch diese enorme, extreme Belastung gelitten habe. Prof. Dr. G. konnte dem laut weiterer Stellungnahme vom 26. August 1991 keine neuen medizinischen Gesichtspunkte entnehmen. Er verwies darauf, daß einseitige Coxarthrosen einerseits sehr häufig auch ohne besondere berufliche Belastung aufträten, andererseits statistisch oder experimentell nicht gesichert sei, daß als besonders schwerwiegend angesehene Belastungen der geschilderten Art die Entwicklung einer Coxarthrose verursachten oder auch nur begünstigten. Gestützt darauf wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 12. September 1991 als unbegründet zurück.
Am 30. September 1991 hat der Kläger beim Sozialgericht Kassel (SG) Klage erhoben. Dieses hat u.a. die im Verfahren des Klägers gegen das Versorgungsamt Kassel auf chirurgischem und orthopädischem Fachgebiet erstatteten Gutachten des Dr. K. Versorgungsärztliche Untersuchungsstelle Kassel, vom 14. Februar 1991 und des Dr. V. Orthopädische Klinik … vom 26. Mai 1992 beigezogen, in denen u.a. eine Coxarthrose beiderseits, rechts deutlicher ausgeprägt als links, diagnostiziert und nicht als Folge eines Kriegsleidens, sondern als degenerativ bedingt gewertet wurde.
Durch Urteil vom 18. Mai 1993 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Da in der Anlage 1 zur BKVO i.d.F. vom 18. Februar 1992 Hüftgelenkserkrankungen durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten nicht als BK aufgeführt seien, komme eine Entschädigung der Coxarthrose des Klägers nur gemäß § 551 Abs. 2 RVO in Betracht, dessen Voraussetzungen jedoch ebenfalls nicht vorlägen. Dazu genüge es nicht, daß der ursächliche Zusammenhang zwische...