Entscheidungsstichwort (Thema)

ehrenamtliche Richter. ordnungsgemäße Besetzung. Berufungsverfahren in Hessen. Bindung an Entscheidung des Amtsenthebungssenats. keine weitere Ermittlung trotz Zweifeln. unaufgeklärten Sachverhalt. arbeitslose Ausländerin ohne Beitragszeiten. Leistungsentzug durch AFKG. kein Grundrechtsverstoß

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Senat respektiert die (negative) Entscheidung des für die Amtsenthebung der ehrenamtlichen Richter zuständigen Senats, daß die zwei verbliebenen ehrenamtlichen Richter nicht des Amtes zu entheben seien, und geht deshalb von einer ordnungsgemäßen Besetzung aus trotz verbliebener Zweifel (Abweichung von BSG z.B. v. 23.01.1957 – 6 RKa 3/55 in BSGE 4, 242).

2. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 09.12.1985 (1 BvR 853/85) und das Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.01.1986 (1 laRA 46/85) gehen von einem nicht aufgeklärten Sachverhalt aus.

3. Der Gesetzgeber konnte der ausländischen Arbeitslosenhilfe-Bezieherin, die zum Sozialversicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland keine Beiträge geleistet hat, durch Änderung des § 134 AFG durch das AFKG die Leistung zum 01.04.1982 ohne Grundrechtsverstoß entziehen.

 

Normenkette

SGG §§ 22, 35; AFG i.d.F. des AFKG § 134

 

Verfahrensgang

SG Wiesbaden (Urteil vom 09.02.1984; Aktenzeichen S-5/Ar - 166/82)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 15.06.1988; Aktenzeichen 7 RAr 50/86)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 9. Februar 1984 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Es geht in dem Rechtsstreit um die Weitergewährung von Arbeitslosenhilfe über den 31. März 1982 hinaus.

Die am … 1951 geborene Klägerin war polnische Staatsangehörige. Am 22. Juli 1985 erhielt sie durch Einbürgerung die deutsche Staatsangehörigkeit. Sie war zuletzt vom 2. November 1979 bis zum 30. November 1980 in W. als Sekretariatsleiterin beschäftigt. Am 16. August 1980 heiratete sie den in W. in eigener Praxis tätigen Arzt Dr. E. A.. Am 26. Dezember 1980 übersiedelte die Klägerin in die Bundesrepublik Deutschland. Anfang Januar 1981 suchte die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann das Arbeitsamt Wiesbaden auf. In einer Aktennotiz vom 13. Oktober 1981 führte ein Beschäftigter des Arbeitsamtes an, daß um Vermittlung der Klägerin möglichst in eine Arztpraxis gebeten worden sei. Da der Ehemann der Klägerin sehr in Eile gewesen sei, sei die B/Ank nicht ausgefüllt worden. Nach Rücksprache mit der Vermittlung sei eine Vermittlung momentan nicht möglich gewesen, da die Klägerin nur polnisch gesprochen und keine Ausbildung (z.B. als Arzthelferin) gehabt habe. Der Ehemann der Klägerin sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Klägerin zwar einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe stellen könne, dieser aber wahrscheinlich wegen fehlender Bedürftigkeit abgelehnt würde.

Am 1. Oktober 1981 beantragte die Klägerin rückwirkend ab Januar 1981 Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte lehnten dies mit Bescheid vom 29. Oktober 1981 ab. Auf den Widerspruch der Klägerin vom 23. November 1981 erließ die Beklagte am 8. April 1982 zwei Bescheide. Mit erstem Bescheid gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe vom 7. Januar bis 31. August 1981, mit zweitem Bescheid gewährte die Beklagte Arbeitslosenhilfe ab 1. September 1981.

Mit Bescheid vom 15. April 1982 hob die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 1. April 1982 auf. Mit weiterem Bescheid vom 20. April 1982 hob die Beklagte den ursprünglich ablehnenden Bescheid vom 29. Oktober 1981 wieder auf.

Mit Widerspruch vom 27. April 1982 wandte sich die Klägerin u.a. gegen den Aufhebungsbescheid vom 15. April 1982 und beanstandete, daß es bereits an einer ausreichenden Begründung fehle. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Juli 1982 wies die Beklagte den Widersprach zurück und führte u.a. aus, die Klägerin habe nach der durch das AFKG (vom 22. Dezember 1981) geänderten neuen Fassung des § 134 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosenhilfe, da sie innerhalb der Jahresfrist vor Arbeitslosmeldung weder Arbeitslosengeld bezogen, noch die sonstigen Voraussetzungen des § 134 Abs. 1 Nr. 4 b und Abs. 2 und 3 AFG erfülle. Bei der vom 7. Januar 1980 bis 30. November 1981 in Polen ausgeübten Beschäftigung habe es sich nicht um eine die Beitragspflicht zur Beklagten begründende Beschäftigung gehandelt. Eine Gleichstellung nach § 107 AFG scheide aus, da die Klägerin weder Deutsche noch eine Vertriebene sei. Da jedoch im Dezember 1981 alle Anspruchsvoraussetzungen nach altem Recht vorgelegen hätten, sei nach der Übergangsvorschrift des Art. 1 § 2 Nr. 17 AFKG die Leistung bis 31. März 1982 zu bewilligen gewesen. Da bereits im Bewilligungsbescheid vom 8. April 1982 die Arbeitslosenhilfe nur bis 31. März 1982 bewilligt worden sei, habe es aus rechtlichen Gründen des Aufhebungsbescheides vom 15. April 1982 nicht mehr bedurft.

Hiergegen hat die Klägerin am 19. August 1982 Klage erhoben mit dem Ziel der Weitergewährung...

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