Verfahrensgang

SG Gießen (Urteil vom 23.04.1997; Aktenzeichen S-12/Ar-726/96)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 23. April 1997 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Oktober 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. März 1996, beide in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 13. März 1997, werden aufgehoben sowie der Bescheid vom 13. Oktober 1995 wird abgeändert und die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld auch in der Zeit vom 5. Juli 1995 bis 26. September 1995 zu gewähren.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Ruhen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld für die Zeit vom 05.07.1995 bis 26.09.1995.

Der Kläger, geboren am 30.11.1961, ist von Beruf Stahlwerker und war seit September 1993 bei der Fa. Edelstahlwerke B. AG in W. beschäftigt. Seit dem 24.02.1994 war er arbeitsunfähig erkrankt und wurde am 04.07.1995 von der Krankenkasse ausgesteuert. Am gleichen Tag, am 04.07.1995, schloß der Kläger mit seiner Arbeitgeberin einen Aufhebungsvertrag zum 05.07.1995. Es wurde eine Abfindung in Höhe von 20.000 DM vereinbart. Die Kündigungsfrist hätte 5 Monate zum Ende des Vierteljahres betragen.

Am 05.07.1995 meldete sich der Kläger bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Dazu legte er eine Bescheinigung von Dr. P. vom 27.07.1995 vor. Danach sei der Kläger aufgrund seiner erheblichen degenerativen LWS-Erkrankung nicht mehr in der Lage, eine mittelschwere bis schwere körperliche Tätigkeit vollschichtig auszuüben. Er habe deshalb auf ärztliches Anraten seine Tätigkeit als Stahlwerker aufgegeben.

Mit Bescheid vom 11.10.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe aufgrund der erhaltenen Abfindung und der restlichen 15 Urlaubstage bis zum 11.10.95 und gewährte mit Bescheid vom 13.10.1995 Arbeitslosengeld ab 12.10.1995.

Am 17.10.1995 erhob der Kläger Widerspruch gegen den Ruhensbescheid vom 11.10.1995. Dazu trug er vor, er habe aufgrund seiner Erkrankung seine Tätigkeit nicht mehr ausüben können und deshalb 1 ½ Jahre Krankengeld bezogen. Aus diesem Grunde habe er auch eine Reha-Maßnahme ins Auge gefaßt. Der Kläger legte weitere ärztliche Unterlagen vor und die Beklagte veranlaßte eine arbeitsamtsärztliche Untersuchung durch Dr. W.. Dieser kam in seinem Gutachten ohne Datum zu dem Ergebnis, bei dem Kläger liege eine bleibende Arbeitsunfähigkeit als Gießer und Pfannenmann vor.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.1996 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, der Ruhenstatbestand des § 117 Abs. 1 a und Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) sei erfüllt, da der Kläger noch Anspruch auf 15 Tage Urlaub besessen habe und sein Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet worden sei. Des weiteren erläuterte die Beklagte die Berechnung des Ruhenszeitraums aufgrund der gezahlten Abfindung. Auch greife § 117 Abs. 3 AFG nicht zu Gunsten des Klägers ein. Aufgrund der Erkrankung des Klägers hätte die Arbeitgeberin zwar aus wichtigem Grund kündigen können, aber nur unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist.

Gegen den am 01.04.1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger am 22.04.1996 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.

Nachdem die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 28.02.1997 mitgeteilt hatte, daß in der Abfindung von 20.000 DM der abzugeltende Urlaub enthalten sei, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 13.03.1997 anerkannt, daß § 117 Abs. 1 a AFG keine Anwendung findet und der Anspruch des Klägers gem. § 117 Abs. 2 AFG nur bis zum 26.09.1995 ruhe. Der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen und im übrigen sein Begehren weiter verfolgt.

Das Sozialgericht hat im Einverständnis mit den Beteiligten mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 23.04.1997 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es in den Entscheidungsgründen dargelegt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld in der Zeit vom 05.07. bis zum 26.09.1995. Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruhe gem. § 117 Abs. 1 Satz 1 und 2 AFG vom Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der Kündigungsfrist geendet hätte, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen habe und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden sei. Die Frist beginne mit der Kündigung, die der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorausgegangen sei, bei Fehlen einer solchen mit dem Tage der Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Auch greife zu Gunsten des Klägers § 117 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AFG nicht ein. Danach ruhe der An...

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