Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit. Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH. Kapitalbeteiligung. Rechtsmacht. abhängige Beschäftigung. selbstständige Tätigkeit. Abgrenzung
Leitsatz (amtlich)
Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH mit einer Kapitalbeteiligung von jeweils 33,33 % sind abhängig beschäftigt. Scheidet ein Gesellschafter-Geschäftsführer aus und wird sein Kapitalanteil auf die GmbH übertragen, so entspricht dies faktisch einer Aufteilung von je 50 %, so dass die beiden verbliebenen Gesellschafter als Geschäftsführer selbstständig tätig sind.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird unter entsprechender Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Darmstadt vom 21. März 2018 sowie des Bescheides der Beklagten vom 20. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2016 festgestellt, dass die Beigeladenen zu 1 und 2 in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Dezember 2014 als Geschäftsführer der Klägerin nicht abhängig beschäftigt waren und insoweit nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitslosenversicherung unterlagen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Klägerin hat 3/4 und die Beklagte hat 1/4 der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf 169.380,60 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beigeladenen zu 1 bis 3 bei der Klägerin abhängig beschäftigt waren und die Beklagte rechtmäßig Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur Arbeitslosenversicherung sowie Umlagen nach U1 und U2 für die Beigeladenen zu 1 bis 3 nachgefordert hat.
Die Klägerin ist eine am 17. März 1998 zwischen den Beigeladenen zu 1 und 3 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gegründete Firma, die zunächst als „AX. Transporte GmbH" firmierte und deren Geschäftszweck die Durchführung von Transporten ist. Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von (zunächst) 100.000 DM hielten der Beigeladenen zu 1 mit 51.000,00 DM und der Beigeladenen zu 3 mit 49.000,00 DM. Für den Fall, dass nur ein Geschäftsführer bestellt ist, sollte dieser die Firma allein vertreten, während bei der Bestellung mehrerer Geschäftsführer die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten werden sollte (§ 5 Ziffer 1 und 2 Gesellschaftsvertrag). Darüber hinaus konnte durch Beschluss der Gesellschafter einem Geschäftsführer auch die Befugnis zur alleinigen Vertretung erteilt werden und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit werden (§ 5 Ziffer 3 und 4 Gesellschaftsvertrag). Dabei sind die Geschäftsführer verpflichtet, die Weisungen der Gesellschafter zu befolgen, insbesondere eine von den Gesellschaftern aufgestellte Geschäftsordnung zu beachten und von den Gesellschaftern als zustimmungspflichtig bezeichnete Geschäfte nur mit deren Zustimmung vorzunehmen (§ 5 Ziffer 5 Gesellschaftsvertrag). Jeder Gesellschafter kann unbeschadet der Kündigung aus wichtigem Grund die Gesellschaft mit einer Frist von sechs Monaten zum Schluss des Geschäftsjahres, erstmals jedoch zum Schluss des Geschäftsjahres 2002 kündigen (§ 8 Ziffer 1 Gesellschaftsvertrag). Ursprünglich waren die Beigeladenen zu 1 und 3 gemeinsam zu Geschäftsführern bestellt, die die Klägerin auch gemeinschaftlich vertreten sollten (Gesellschafterversammlung vom 17. März 1998). Im Jahr 2006 wurden sie alleinvertretungsberechtigt und von den Beschränkungen gemäß § 181 BGB befreit.
Nachdem das Stammkapital durch Eintritt des Beigeladenen zu 2 als weiteren Gesellschafter zunächst auf 150.000 DM erhöht worden war (außerordentliche Gesellschafterversammlung vom 31. März 2001), wurde das Stammkapital anlässlich einer weiteren Satzungsänderung am 20. November 2007 mit 76.800 Euro festgeschrieben, wobei die drei Gesellschafter nunmehr gleich große Anteile an dem Stammkapital zeichneten (zuletzt also je 25.600,00 €).
Unter dem Datum des 19. Juli 2001 schlossen die Beigeladenen zu 1 bis 3 folgende „Stimmrechtsbindungsvereinbarung":
„Die vorgenannten Herren vereinbaren hiermit, dass sie in Zukunft bei allen Gesellschafterbeschlüssen übereinstimmend abstimmen werden. Vor jedem Gesellschafterbeschluss werden sie ihr Stimmverhalten durch einen zwischen ihnen zu treffenden Beschluss festlegen. Der Beschluss wird mit einer qualifizierten Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Je 100 DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme.
Der Vertrag wird für die Dauer geschlossen, in welchen mindestens zwei der Herren C., E. und D. Gesellschafter der AX. Transporte GmbH sind. Sollte lediglich nur noch einer der genannten Personen Gesellschafter sein, verliert der Vertrag seine Wirkung."
Darüber hinaus hatte die Klägerin mit den Beigeladenen zu 1 bis 3 jeweils Gesellschafter-Geschäftsführer-Anstellungsverträge geschlossen. Diese bis auf die Zuständigkeitsregelung (Beig...