OFD Koblenz, Verfügung v. 28.5.2014, S 0462 A - St 35 2 (§ 235 AO Karte 1)
Der AEAO zu § 235 enthält umfangreiche Erläuterungen zur Verzinsung von hinterzogenen Steuern. Darüber hinaus wird um Beachtung folgender Hinweise gebeten.
1. Allgemein
1.1 Zu Nr. 1.3 AEAO – Verhältnis Strafverfahren zum Besteuerungsverfahren
Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen setzt keine strafrechtliche Verurteilung wegen Steuerhinterziehung voraus. Der AEAO zählt dazu Beispielsfälle auf.
Dabei kann insbesondere in Fällen des § 153a StPO die Festsetzung der Hinterziehungszinsen nicht ohne Weiteres auf das Ergebnis im Strafverfahren gestützt werden, da der strafrechtlich relevante Sachverhalt in diesen Fällen nicht zwingend in dem für eine Verurteilung erforderlichen Maß ermittelt worden ist. Im Zusammenwirken mit der BuStra ist daher zu klären, inwieweit eine Steuerhinterziehung nachgewiesen werden konnte. Erforderlichenfalls hat die festsetzende Stelle ergänzende Ermittlungen vorzunehmen und spätestens in der Einspruchsentscheidung die Umstände anzuführen, aus denen sich der objektive und subjektive Tatbestand des § 370 AO ergibt.
Über die strafrechtlich verjährten Zeiträume hinaus ist zudem zu prüfen, ob für weitere noch nicht festsetzungsverjährte Zeiträume Hinterziehungszinsen festzusetzen sind. Der knapp bemessenen Verjährungsfrist von einem Jahr (vgl. AEAO Nr. 7) ist in diesen Fällen besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
1.2 Zu Nr. 2.1 AEAO – Keine Verzinsung von Kirchensteuer
Hinterziehungszinsen sind zu erheben für verkürzte Steuern, jedoch nicht für hinterzogene Kirchensteuern, da insoweit der Tatbestand des § 370 AO nicht einschlägig ist (§ 11 Abs. 2 KiStG).
1.3 Zu Nr. 3 AEAO – Zinsschuldner
Der Zinsschuldner muss nicht an der Steuerhinterziehung beteiligt gewesen sein.
Beispiel:
Der Gesellschafter einer OHG tätigt Schwarzgeschäfte für die OHG und bewirkt dadurch eine Einkommensteuerhinterziehung zum Vorteil der übrigen Gesellschafter. Auch wenn die Mitgesellschafter an der Hinterziehung der Einkommensteuer nicht beteiligt waren, sind sie Schuldner der zu ihrem Vorteil hinterzogenen Einkommensteuer sowie der entsprechenden Hinterziehungszinsen.
Beispiel:
Der Geschäftsführer einer KG, der Lohnsteuer vorsätzlich nicht einbehält, anmeldet und abführt, ist nicht Schuldner der Hinterziehungszinsen. Zinsschuldner ist die von ihm vertretene KG. Der Geschäftsführer kann nur als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden (BFH-Urteil vom 27.9.1991, VI R 159/89, BStBl 1992 II S. 163; BFH-Urteil vom 7.5.1993, VI R 93/92). Dies gilt auch dann, wenn der Geschäftsführer der KG Umsatzsteuer vorsätzlich weder anmeldet noch abführt.
1.4 Zu Nr. 4 AEAO – Zinslauf
Beispiel:
Der Steuerpflichtige hat die Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Januar 01 vorsätzlich nicht abgegeben. Durch Bescheid vom 28. Februar 01 hat das Finanzamt die Vorauszahlung auf 5.000 EUR festgesetzt und den Betrag zum 10. März 01 angefordert. Der Steuerpflichtige zahlt den angeforderten Betrag am 11. März 01.
Durch eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung wird festgestellt, dass tatsächlich eine Umsatzsteuer-Vorauszahlungsschuld von 8.000 EUR entstanden war. Der Vorauszahlungsbescheid vom 28. Februar 01 wird am 29. Juli 01 entsprechend geändert und der Mehrbetrag von 3.000 EUR zum 10. August 01 angefordert. Der Steuerpflichtige zahlt den angeforderten Betrag am 11. August 01.
Die Zinszeiträume stellen sich wie folgt dar:
Beginn des Zinslaufs |
Ende des Zinslaufs |
Zu verzinsender Betrag |
11.02.01 |
11.03.01 |
5.000 EUR |
11.02.01 |
11.08.01 |
3.000 EUR |
Zahlt der Steuerpflichtige den zum 10. August 01 angeforderten Betrag in Höhe von 3.000 EUR bereits am 8. August 01, endet diesbezüglich der Zinslauf bereits am 8. August 01.
1.5 Zu Nr. 5.2 AEAO – Anrechnung von § 233a-Zinsen; Sonderstellung des Solidaritätszuschlags
Zinsen nach § 233a AO, die für denselben Zeitraum festgesetzt werden, sind anzurechnen (§ 235 Abs. 4 AO). § 233a-Zinsen gibt es jedoch nur bei der Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer (AEAO zu § 233a, Nr. 2).
Auf Hinterziehungszinsen zum Solidaritätszuschlag kann es daher keine Anrechnung von § 233a-Zinsen geben. Deshalb können auch schon bei hinterzogenen Kleinbeträge zum Solidaritätszuschlag Hinterziehungszinsen zu erheben sein, während diese bei der hinterzogenen Hauptsteuerart durch Anrechnung der § 233a-Zinsen ggf. vollständig kompensiert werden.
Die Prüfung der Festsetzung von Hinterziehungszinsen auf den Solidaritätszuschlag hat daher immer losgelöst von der Hauptsteuerart zu erfolgen.
2. Verwendung von Vorlagen für den Zinsbescheid
Hinterziehungszinsen sind von dem Finanzamt festzusetzen, das für die Festsetzung der hinterzogenen Steuern zuständig ist. Innerhalb dieses Finanzamts setzt das für die Veranlagung zuständige Arbeitsgebiet die Hinterziehungszinsen fest. Dies ist auch in den Fällen der Hinterziehung von Umsatzsteuer stets der zuständige Veranlagungsbezirk.
Der Zinsbescheid ist personell anhand der Vorlage „Hinterziehungszinsen” (Ordner Zentral/Allgemein) zu erste...