Dipl.-Kfm. Hans-Joachim Rux
Rz. 187
Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG gilt der Grundsatz, dass dann, wenn ein Kommanditist seine Einlage in die Gesellschaft durch eine Entnahme mindert und dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht bzw. sich erhöht, dem Kommanditisten der Betrag der Einlagenminderung als Gewinn zuzurechnen ist. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG soll Missbräuchen entgegentreten, indem diese Vorschrift verhindert, dass in Verlustjahren nur zum Zwecke des Verlustausgleiches kurzfristige Einlageerhöhungen vorgenommen werden, die im Folgejahr oder nach Vornahme des Verlustausgleiches rückgängig gemacht werden.
Ein Beispiel in Anlehnung an Knobbe-Keuk soll diesen Grundgedanken des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG verdeutlichen.
Herabsetzung der Kommanditeinlage
Hafteinlage (im Handelsregister eingetragen) |
500 |
Kapitalkonto (tatsächlich geleistete Einlage) |
1.000 |
Verlustanteil im Jahr I |
1.000 |
Entnahme im Jahr II |
500 |
Gewinn durch Einlagenminderung im Jahr II |
500 |
Ohne § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG hätte der Kommanditist im Jahr I einen ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustanteil von 1 000. Hätte er die Entnahme nicht im Jahr II, sondern im Jahr I getätigt, so wären im Jahr I 500 ausgleichs- und abzugsfähig und 500 verrechenbar mit späteren Gewinnen aus der Beteiligung gewesen. Ohne § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG wäre der Verlust steuerlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob der Verlust zuerst eingetreten ist und es dann zur Entnahme kam oder umgekehrt; § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG führt zur Gleichbehandlung vorstehender beider Möglichkeiten, sodass es ohne Anreiz ist, durch kurzfristige Eintragung hoher Haftsummen ein nicht gerechtfertigtes Verlustausgleichsvolumen zu schaffen. Die Regelung des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG führt im Beispielsfall dazu, dass die Hälfte des Verlustes – 500 –, der dem Kommanditisten im Jahr I als ausgleichs- bzw. abzugsfähiger Verlustanteil zugerechnet worden ist, mit Wirkung des Jahres II, also des Zeitraums, in dem das negative Kapitalkonto durch die Entnahme entsteht, in einen nur verrechenbaren Verlustanteil umgewandelt wird.
Rz. 188
Ein ergänzendes Beispiel von Herrmann-Heuer zeigt, dass die Haftungsminderung nicht zur Zurechnung positiver Einkünfte führt, wenn aufgrund der Haftung tatsächlich Beträge geleistet wurden.
Keine Zurechnung positiver Einkünfte
Vereinbarte Einlage |
1.000 |
Tatsächlich geleistete Einlage (im Jahr I) |
500 |
Verlustanteile des Kommanditisten in den Jahren I-III |
800 |
Weitere Einzahlungen in Jahren I–III |
200 |
Verminderung der vereinbarten Einlage im Jahr IV um 400 auf 600
Aufgrund der Verringerung der vertraglichen Einlage im Jahr IV wären dem Kommanditisten positive Einkünfte in Höhe von 200 zuzurechnen, um die die in den Jahren I-III zugerechneten Verluste den Betrag der verminderten Einlage übersteigen. Durch die weitere Einzahlung des Kommanditisten von 200 verringern sich die zuzurechnenden positiven Einkünfte auf 100.
Rz. 189
Wie sich die Einlage- oder Haftungsminderung in den Folgejahren auswirkt, ergibt sich aus § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG: Die dem Kommanditisten aufgrund der Haftungs- oder Einlagenminderung "zuzurechnenden Beträge mindern die Gewinne, die dem Kommanditisten im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind". Ein Beispiel von Herrmann-Heuer verdeutlicht diese Gesetzesvorschrift.
Haftungsminderung in Folgejahren
Geleistete Einlage des Kommanditisten |
1.000 |
Verlustanteile der Jahre I–III |
600 |
Auszahlung im Jahr IV (ohne dass eine zu berücksichtigende Haftung entsteht) |
500 |
Zuzurechnender positiver Betrag im Jahr IV aufgrund der Rückzahlung |
100 |
Gewinnanteil des Kommanditisten im Jahr V |
200 |
./. Zuzurechnender positiver Betrag des Jahres IV |
100 |
Steuerpflichtiger Gewinnanteil im Jahr V |
100 |
Rz. 190
Vorstehend dargestellte Zurechnung von Einkünften entfällt jedoch, wenn die Entnahme oder die Einlagenrückzahlung zu einem Wiederaufleben der Haftung führt, d. h. der Kapitalanteil des Kommanditisten durch die Entnahme oder Einlagenrückzahlung unter den Betrag der Hafteinlage gemindert wird. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass ein Kommanditist, dessen Haftung durch Entnahme bzw. Einlagenminderung wieder auflebt, genauso gestellt wird wie ein Kommanditist, dem aufgrund erweiterter Außenhaftung ein über die geleistete Einlage hinausgehender Verlust zugerechnet wird.