Leitsatz

In der Teilungserklärung gestatteter Ausbau eines Dachbodens berechtigt nicht zur Errichtung einer Dachloggia

 

Normenkette

(§ 22 Abs. 1 WEG; § 1004 Abs. 1 BGB)

 

Kommentar

  1. Ist nach Teilungserklärung der Eigentümer eines Dachboden-Sondereigentums berechtigt, diesen als Wohnung, Büro oder Praxis auszubauen und die Räumlichkeiten an die Ver- und Entsorgungsleitungen anzuschließen (mit Duldungspflicht der notwendigen Baumaßnahmen seitens der übrigen Eigentümer), schließt dies in objektiv-normativer Auslegung das Recht ein, in die Dachfläche auch Dachfenster oder Dachgauben zur notwendigen Lichtzufuhr für eine Wohnung einzubauen. Als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt sich aber nicht die Befugnis, dort eine Dachloggia (im Sinne eines Negativ-Balkons) zu errichten. Der Einbau einer solchen Loggia stellt einen so erheblichen Eingriff in die Dachkonstruktion und die Fassade des Hauses dar, dass insoweit keine Duldungspflicht der restlichen Eigentümer gem. § 14 Nr. 1 WEG besteht. Auf der offenen, nicht durch das Schrägdach abgedeckten Fläche entstanden hier bereits unstreitig in der Vergangenheit Durchfeuchtungsschäden aufgrund eines nicht ordnungsgemäß ablaufenden Oberflächenwassers. Schon das Risiko, dass sich solche Schäden wiederholen, reicht als Beeinträchtigung aus, welche antragstellerseits hier nicht hingenommen werden müsste.
  2. Damit wurde der Antragsgegner gem. § 1004 Abs. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG verpflichtet, die Loggia zu beseitigen und die Dachfläche insoweit wieder zu schließen.
  3. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert für alle Rechtszüge von 10.000 EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 29.01.2004, 2Z BR 217/03)

Anmerkung

Wenn bereits in einer Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung von Anfang an ein evtl. späterer Ausbau/Umbau von Dachräumen vorgesehen und antizipiert Zustimmungspflichten der Eigentümer bestimmt werden, sollte hier m.E. eindeutig mitvereinbart werden, in welcher Art und in welchem Umfang konkret ein späterer Ausbau durchzuführen sei, zumal stets in solchen Fällen auch notwendige Eingriffe in das bestehende Gemeinschaftseigentum erfolgen dürften. M.E. sind in auslegungsbedürftigen Zweifelsfällen zumindest, aber auch nur diejenigen Veränderungsmaßnahmen von den restlichen Eigentümern zu dulden, die öffentlich-rechtlich zu Recht als Auflagen gefordert werden (Stichworte: Lichteinfall, Brandschutz und Fluchtwegsmöglichkeit, Wärmedämmung usw.). Trotz allgemeiner Gestattung müssen m.E. allerdings von den restlichen Eigentümern in diesem Zusammenhang nicht Baumaßnahmen geduldet werden, die für die berechtigten neuen Nutzungszwecke unnötig erscheinen, optische Nachteilswirkungen in gewissem Erheblichkeitsgrad erzeugen oder auch zu weitergehenden Risiken für das Gemeinschaftseigentum oder für anderes Sondereigentum (wie hier im entschiedenen Fall zu erhöhten Durchfeuchtungsschäden) führen könnten. Im Zuge solcher auch schon von Anfang an kraft Vereinbarung gestatteter Ausbauveränderungsmaßnahmen sollte auch an die Kostenabgrenzung bzw. Kostenverteilung (§ 16 Abs. 2 WEG) und auch an Folgekostenregelungen (§ 16 Abs. 3 WEG) gedacht werden, da solche Ausbaumaßnahmen weitgehend auch das Gemeinschaftseigentum betreffen. Aufgrund Werterhöhung eines ausgebauten Speicher-Sondereigentums sollten damit gerade auch Wohngeldfragen und ggf. Kostenverteilungsänderungen mitberücksichtigt werden, um hier spätere Auseinandersetzungen auszuschließen.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?