Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Die gesetzliche Regelung zum Stimmrechtsausschluss ist abdingbar; Fehler führen nur zur Anfechtbarkeit, nicht jedoch zur Nichtigkeit eines Beschlusses.
Sanierungskosten-Zuordnungsentscheidungen (zum Gemeinschaftseigentum oder Sondereigentum) führen nicht zu einem Stimmrechtsausschluss.
Normenkette
§ 25 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Ein Verstoß gegen § 25 Abs. 5 WEG bei Abstimmungen führt nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zur Anfechtbarkeit eines Beschlusses (h.R.M.). Verstöße gegen Regelungen des WEG führen nämlich nur dann zur Nichtigkeit eines Beschlusses, wenn es sich um eine zwingende Norm handelt, die nicht zur Disposition der Eigentümer steht und deshalb nicht von diesen abbedungen werden kann. § 25 Abs. 5 WEG ist jedoch abdingbar, weil die Mitglieder einer Gemeinschaft die durch eine mögliche Interessenkollision gegebenen Gefahren einvernehmlich anders als der Gesetzgeber einschätzen können und eine über das Gesetz hinausgehende Mitwirkung aller Eigentümer dem Gedanken der gemeinschaftlichen Verwaltung nicht nur widerspricht, sondern ihn in größerem Maße als bei einem Stimmrechtsausschluss verwirklicht. Die Regelungen über den Stimmrechtsausschluss sind eine Schutzvorschrift für das Innenverhältnis der Wohnungseigentümer. Diese können auch auf diesen Schutz zumindest teilweise in den Grenzen der guten Sitten verzichten, wenn sie der Auffassung sind, dieses Schutzes nicht zu bedürfen. Eine abdingbare Regelung ist aber nicht von so grundlegender Bedeutung, dass die Rechtsordnung einem Beschluss, der unter Verstoß gegen diese Regelung (bestandskräftig) zustande gekommen ist, die Anerkennung versagen muss. Im Gegenteil zeigt gerade § 23 Abs. 4 WEG, dass das Gesetz von der grundsätzlichen Gültigkeit der Beschlüsse einer Eigentümerversammlung ausgeht und Verstöße gegen Verfahrens- oder Ordnungsvorschriften nur auf Antrag eines Miteigentümers im Wege der Beschlussanfechtung geltend gemacht werden sollen. Damit soll die Funktionsfähigkeit der gemeinschaftlichen Verwaltung gestärkt werden (Bestandskraft, Planungssicherheit).
2. Im vorliegenden Fall konnte sogar ganz offensichtlich nicht einmal von einem Stimmrechtsausschluss ausgegangen werden, da keiner der drei Tatbestände des § 25 Abs. 5 WEG gegeben war und auch eine analoge Anwendung auf andere Sachverhalte möglicher Interessenkollision nur in engen Grenzen möglich ist (vgl. z.B. Bärmann/Seuß, Praxis des Wohnungseigentums, 4. Aufl. 1997, Teil B, Rn. 193-196). Ein Stimmrechtsausschluss kommt nur dann in Betracht, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, bei dem eine Interessenkollision in gleicher Weise offensichtlich vorliegt, wie beim Beschluss über ein Rechtsgeschäft mit einem Miteigentümer selbst.
3. Vorliegend ging es nur um die häufig vorkommende Abgrenzung von Sanierungsmaßnahmen am Gemeinschafts- und am Sondereigentum (Kostenbeteiligung im Rahmen durchgeführter Terrassensanierungsmaßnahmen). Da beide sachenrechtlichen Elemente notwendigerweise miteinander in Berührung stehen, werden sich immer wieder Schwierigkeiten auch der Zuordnung von Sanierungskosten ergeben. Dies kann aber nicht zum Stimmrechtsausschluss der betroffenen Sondereigentümer führen. Die übrigen Miteigentümer bedürfen eines solchen Schutzes auch nicht, da sie einerseits mehrheitlich die Abgrenzung vornehmen können und andererseits die entsprechenden Beschlüsse im Hinblick auf eine ordnungsgemäße Verwaltung gerichtlich überprüfen lassen können.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung bei Beschwerdewert von DM 6.701.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.12.1997, 3 Wx 443/97)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer