Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Nicht zu lösender Widerspruch zwischen Eintragungsvermerk im Grundbuch und in Bezug genommener Eintragungsbewilligung führt zu inhaltlich unzulässiger Grundbucheintragung
Inhaltlich unzulässige Eintragungen stehen nicht unter dem Schutz des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs (hier: Schließung des Grundbuchs über eine Einheit wegen unzulässiger und damit unwirksamer Eintragung)
Sondereigentum war hier im Bestandsverzeichnis des Grundbuches als Wohnung bezeichnet, in der Eintragungsbewilligung jedoch als Teileigentum (Hobbyraum)
Normenkette
§ 53 GBO
Kommentar
1. Vorliegend war das Grundbuchamt anzuweisen, das Grundbuch zu bestimmter Blattnummer zu schließen, da Eintragungen, die nicht unter dem öffentlichen Glauben stehen, unbeschränkt anfechtbar sind; auch mit Beschwerde kann ihre Löschung verlangt werden. Unter eine solche Eintragung fallen auch inhaltlich unzulässige Eintragungen wie hier, die nicht unter dem öffentlichen Glauben stehen (vgl. Demharter, GBO, 22. Aufl., §§ 71 Rn. 38 und 53 Rn. 52). Eintragungen, die in einem wesentlichen Punkt so unklar oder widersprüchlich sind, dass die Bedeutung des Eingetragenen auch bei zulässiger Auslegung nicht erkennbar ist, sind inhaltlich unzulässig. Der Eintragungsvermerk bildet mit der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung eine Einheit, die nur einheitlich gelesen und gewürdigt werden kann. Stehen Eintragungsvermerk und eine in zulässiger Weise in Bezug genommene Urkunde (also insbesondere die Eintragungsbewilligung) in einem durch Auslegung nicht aufzulösenden Widerspruch zueinander, liegt eine inhaltlich unzulässige Grundbucheintragung vor (vgl. auch Demharter, § 44 Rn. 15 m.w.N.).
2. War also im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs ein Sondereigentum als "Wohnung" gebucht und handelt es sich nach der in Bezug genommenen Teilungserklärung bei diesem Raum um einen "Hobbyraum" (und damit um Teileigentum), bestand ein durch Auslegung nicht aufzulösender Widerspruch; auch ein geltungsfähiger Sinn lasse sich hieraus nicht ermitteln. Eine Zweckbestimmung zu einem Sondereigentum wird mit ihrer Eintragung im Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums. Der Inhalt der Zweckbestimmung ergibt sich aus der Eintragung als solcher und den in Bezug genommenen Eintragungsbewilligungen (hier widersprüchlich und inhaltlich damit unzulässig). Solche inhaltlich unzulässigen Eintragungen stehen auch nicht unter dem öffentlichen Glauben.
Damit musste das betreffende Grundbuchblatt geschlossen werden; der ursprüngliche Antrag auf Eintragung sei damit unerledigt und müsse nach der Amtslöschung neu verbeschieden werden.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 13.02.1998, 2Z BR 158/97= BayObLGZ 98 Nr. 11)
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