Leitsatz

Streitfrage jetzt vom Bundesgerichtshof geklärt: Der ermächtigte WE-Verwalter darf auch Inkassoprozesse führen und ggf. eine Sondervergütung nach BRAGO abrechnen

 

Normenkette

§ 21 Abs. 3 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 134 BGB, RBerG, BRAGO

 

Kommentar

Der Leitsatz der BGH-Entscheidung (auf Vorlage des KG Berlin) lautet:

Macht der von den Wohnungseigentümern hierzu ermächtigte Verwalter Ansprüche der Wohnungseigentümer gerichtlich geltend, handelt es sich nicht um eine unerlaubte Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten. Dem Verwalter kann hierfür von den Wohnungseigentümern eine Sondervergütung bewilligt werden, die er nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) abrechnen darf.

1. Es ging in diesem Streitfall um die Gültigkeitsfrage folgenden Eigentümermehrheitsbeschlusses:

"Der Verwalter wird ermächtigt, Wohngeldrückstände gerichtlich für die WEG geltend zu machen. Dafür erhält er eine Sondervergütung in der Höhe, die ein Rechtsanwalt für die Vertretung einer Mehrheit von Wohnungseigentümern erhalten würde (Berechnungsgrundlage: Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung)."

2. Dieser angefochtene Beschluss verstößt nach Auffassung des BGH nicht gegen ein gesetzliches Verbot ( § 134 BGB) und ist deshalb auch nicht nichtig. Sicher handelt es sich insoweit um eine Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten im Sinne des Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG), da dieses Gesetz in erster Linie als Berufsordnungsgesetz der Rechtsbeistände aufzufassen ist. Aus diesem Grund darf die geschäftsmäßige Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten, einschl. der Einziehung fremder oder zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen nur von Personen betrieben werden, denen dazu von der zuständigen Behörde die Erlaubnis erteilt ist. Davon ausgenommen sind zunächst nur solche Tätigkeiten wirtschaftlicher Art, bei denen sich die damit notwendig verbundene rechtliche Beratung in jedermann geläufigen Formen abspielt und daher ihrer Art nach nicht mehr als Betätigung auf rechtlichem Gebiet empfunden wird (BGH, NJW 87, 3005).

Allerdings ist die hier beschlossene Ermächtigung des Verwalters durch die Ausnahmeregelung des Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG gedeckt. Für den WE-Verwalter kommt diese Ausnahmeregelung zum Tragen; zu der in dieser Bestimmung ausdrücklich genannten Tätigkeit als Zwangsverwalter, Konkursverwalter oder Nachlasspfleger gehört nach dieser Regelung auch die Tätigkeit sonstiger für ähnliche Aufgaben behördlich eingesetzter Personen; dazu zählen auch Personen, die zwar im Regelfall nicht vom Gericht bestellt werden, deren Tätigkeit hinsichtlich der ihnen zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse jedoch mit derjenigen der ausdrücklich genannten Personen vergleichbar ist. Dies gilt auch für den nach § 27 WEG ermächtigten WE-Verwalter, der nach § 20 Abs. 2 WEG zwingend bestellt werden muss, i. Ü. gemäß § 26 Abs. 3 WEG vom Gericht eingesetzt werden kann. Wenn das WEG ausdrücklich zulässt, den Verwalter durch Eigentümerbeschluss zur Geltendmachung von Ansprüchen der Wohnungseigentümer zu ermächtigen, steht seine rechtsbesorgende Tätigkeit im Rahmen dieses gesetzlich vorgesehenen Aufgabenbereiches nicht in Widerspruch zu Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes.

Eigentümer können den WE-Verwalter auch zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen durch Mehrheitsbeschluss ermächtigen ( § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG); insoweit ist der Verwalter nach einhelliger Ansicht Verfahrensbevollmächtigter der Wohnungseigentümer. Er darf auch einen Rechtsanwalt mit der Vertretung im gerichtlichen Verfahren beauftragen; hierzu ist er allerdings nicht verpflichtet. Auch die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen für die Eigentümer durch ihn selbst ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist jedenfalls durch Art. 1 § 3 Nr. 6 RBerG gedeckt. Wie § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG zeigt, gehört auch die Verfahrensführung zu seinem Aufgabenbereich; dabei ist es unerheblich, ob die Tätigkeit durch den Verwalter geschäftsmäßig ausgeübt wird oder nicht. Auch eine unerlaubte Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten würde nicht dadurch zu einer erlaubten, dass der Verwalter sich dabei der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedient. Es ist auch nicht ersichtlich, dass für einen Verwalter in jedem Fall ein zwingendes Bedürfnis zur Verfahrensführung nur unter Einschaltung eines Rechtsanwaltes besteht, weil er seine Verwaltertätigkeit im Rahmen des ermächtigenden Eigentümerbeschlusses anders nicht sachgerecht erledigen könne.

3. Auch die Zusage einer Sondervergütung an den Verwalter in Höhe der Honorarsätze der BRAGO verstößt nicht gegen das Verbot unerlaubter Rechtsbesorgung und ist auch nach anderen Gesetzesvorschriften nicht verboten (vgl. Mußgnug, NJW 89, 2037 und Rau, NJW 91, 1278, Fußnote 2). Auch wenn die Tätigkeiten des Verwalters im Rahmen der ihm vom Gesetz zugewiesenen Aufgaben und Befugnisse mit der Verwaltervergütung grundsätzlich abgegolten sind, ist die Gewährung einer zusätzlichen Vergütung für besondere, darüber hinausgehende Leistungen, wie die auf einem besonderen Eigentümerbeschl...

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