Leitsatz
Verursacht der Fahrer eines Gespanns aus einer Zugmaschine und eines Anhängers einen Unfall, ist der Schaden von den jeweiligen Versicherungen im Innenverhältnis zur Hälfte zu tragen. Das Gespann bilde einen Haftungsverbund.
Sachverhalt
Der Fahrer eines Gespanns aus landwirtschaftlicher Zugmaschine und Anhänger verursachte infolge überhöhter Geschwindigkeit einen Unfall, wobei er gegen einen parkenden Pkw prallte. Dabei beschädigte er nicht nur das Auto, sondern auch einen Zaun. Des Weiteren wurde eine Frau verletzt, welche gerade aus dem Fahrzeug aussteigen wollte.
Die Zugmaschine war bei der Klägerin haftpflichtversichert, der Anhänger bei der Beklagten. Die Klägerin hatte den Geschädigten rund 13000 EUR Schadensersatz und Schmerzensgeld gezahlt. Die Klägerin forderte nun die Beklagte, bei der der Anhänger versichert war, auf, die Hälfte des Betrags zu ersetzen. Diese lehnte eine Zahlung mit der Begründung ab, dass die Verantwortung des Unfalls allein der Fahrer der Zugmaschine trage.
Der BGH war anderer Ansicht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung des hälftigen Betrags. Infolge der mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften aus 2002 geänderten §§ 7, 17, 18 StVG hätten auch Halter und Fahrer eines Anhängers, neben den früher alleine haftenden Halter und Fahrer des Zugfahrzeugs, für den Verursachungsbeitrag einzustehen (= Einführung einer selbstständigen Gefährdungshaftung). Im Außenverhältnis bilden daher das Gespann aus Zugmaschine und Anhänger eine Betriebseinheit. Es liege bei dem Gespann aus Zugfahrzeug und Anhänger somit eine Doppelversicherung vor.
Der Versicherungsschutz in der Anhängerversicherung beschränke sich nicht nur auf die Halterhaftung, vielmehr sei auch der Fahrer des Anhängers mitversichert, der zugleich Fahrer des gesamten verbunden Gespanns sei. Dem Fahrer sei durch sein Verhalten ein unfallursächliches, schuldhaftes Fehlverhalten anzulasten, was die Betriebsgefahr des gesamten Gespanns maßgeblich erhöht habe. Seim Fehlverhalten müsse daher auch der Anhängerhaftung zugeordnet werden.
Hinweis
Doppelversicherung liegt vor, wenn in der Schadenversicherung für ein und dasselbe Objekt oder Interesse mehrere Versicherungsverträge gegen die gleiche Gefahr und bei verschiedenen Versicherungsgesellschaften bestehen. Dann haften die Versicherer im Versicherungsfall gesamtschuldnerisch. Übersteigen die Versicherungssummen zusammen den Versicherungswert bzw. die Entschädigungssumme, erhält der Geschädigte nur den entstandenen Gesamtschaden.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 27.10.2010, IV ZR 279/08.